Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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nun die Ausführung seines großartigen Werkes betrifft, so beginnt er seine Geschichte mit der Sage von Roms Gründung und von der Geschichte der Stadt in ihrer ursprünglichen engen Beschränkung und erweitert sie im Verlaufe der Begebenheiten zur Geschichte des römischen Weltreiches. Die ersten sechzig Bücher behandelten sechs Jahrhunderte, die letzten achtzig etwa hundertachtzig Jahre. Besonders gelungene Partien sind die Samnitenkriege und der zweite Punische Krieg.

      Was die von ihm benutzten Quellen betrifft, so zog er alle vorhandenen Arbeiten zu Rate und verstand es, das Bessere aus ihnen auszuwählen. Seine Sprache ist meist leicht verständlich, fließend, oft blühend, gewandt und frei von dem Streben und Haschen nach altertümlichen Ausdrücken, was Livius an Sallust getadelt haben soll.

      Seine Zuverlässigkeit rühmt bereits Tacitus. Livius’ Geschichtswerk – sagt Weißenborn – ist von den geistreichsten Schriftstellern der Folgezeit anerkannt und bewundert worden, in Prosa und Versen (Avienus, im 4. Jahrhundert, qui totum Vergilium et Livium iambis scripsit) verarbeitet und in vielen Auszügen (Florus, Eutropius) bis zum Untergang der römischen Literatur (Cassiodorus, Orosius) erhalten worden und die Quelle gewesen, aus der die Kunde der Vorzeit geschöpft wurde. Bei seinen Zeitgenossen fand seine Auffassung und Darstellung der Geschichte so großen Beifall, dass noch bei seinen Lebzeiten sein Name bis an das Ende des Reiches gefeiert wurde, und von da an entnahmen die Römer aus ihm ihre Kenntnisse und Ansichten von der republikanischen Zeit, fassten die Taten und Charaktere derselben in der Gestalt und den Umrissen auf, in denen er sie dargestellt hatte, und wurden durch ihn mit Bewunderung und Begeisterung für dieselben erfüllt. Ebenso ist Livius im Mittelalter und den folgenden Jahrhunderten betrachtet und gefeiert worden, und wenn er den höheren Anforderungen an die Geschichtsschreibung, welche die neueste Zeit stellt, nicht genügt, so wird sein großartiges Werk, dem kaum ein anderes im Altertum und der neueren Zeit an die Seite gestellt werden kann, doch immer die reichste Quelle für die römische Geschichte der alten Zeit bleiben, und sein edler Sinn, seine musterhafte Darstellung ihm vielleicht die erste oder doch eine der ersten Stellen unter den Historikern der Römer auch in Zukunft sichern.

      Ew. erhalten hierbei endlich die mir mitgeteilten Hefte der neuen Übersetzung des Livius, die ich mit großem Vergnügen durchgesehen habe. Ich zweifle durchaus nicht, dass diese Arbeit alle bisherigen versuche in Vergessenheit bringen wird, da die Beweise von Genauigkeit und Einsicht überall unverkennbar sind, wozu noch kommt, dass durch so viele gelehrte Anmerkungen das Studium des Originals für Schulmänner und junge Leute, die für sich lesen, gefördert wird; aber allein schon ist der Name Heusinger in der philologischen Welt viel zu gut akkreditiert, als dass er durch die früheren Übersetzer, die keinen solchen Namen hatten, verdunkelt werden könnte.

      Wolf

      Ich habe das Manuskript als Probe der Übersetzung des Livius mit kritischen und erklärenden Anmerkungen mit Vergnügen durchgegangen und überall die Frucht eines langjährigen, mit Urteil und Kenntnis verbundenen Fleißes bewundert. Ich weiß als Bibliothekar aus Erfahrung, welch ein Treiben heutzutage nach den Übersetzungen der alten Historiker, besonders von den vielen Militärpersonen ist, welche die Originale nicht lesen können. Die schlechten Übersetzungen sind fortdauernd im Gange. Wird es bekannt, dass eine mit solcher Kenntnis der alten Sprache und Sachen unternommene vorhanden ist, die zugleich einen so ungezwungenen und fasslichen und dabei doch nicht ermüdenden Stil darbietet, so zweifle ich nicht, dass sie bald die einzige sein wird, die man liest.

      Buttmann

      Vorrede des Titus Livius

      1 Ob ich etwas Verdienstliches tun werde, wenn ich die Geschichte des römischen Volkes vom Ursprunge Roms an schreibe,1 weiß ich teils nicht gewiss, teils möchte ich dies, wenn ich es wüsste, nicht behaupten. 2 Man hat das, wie ich sehe, schon längst, ja schon oft getan, weil immer die neu auftauchenden Geschichtsschreiber entweder in den Sachen selbst manches zu berichtigen oder in der Kunst des Vortrags das ungeübte Altertum übertreffen zu können glauben. 3 Wie dem auch sein mag, es bleibt mir doch die Freude, dass auch ich zur Erhaltung des Andenkens an die Taten des ersten Volkes der Erde nach meinen Kräften beigetragen habe: Und sollte bei der so großen Menge von Schriftstellern mein Name im Dunkeln bleiben, so will ich mit dem Range und der Größe derer mich trösten, die meinem Ruhme Eintrag tun. 4 Außerdem habe ich nicht nur einen Stoff von ungeheurem Umfange vor mir, denn er führt mich über 700 Jahre zurück, und wuchs, so klein sein erster Anfang war, so empor, dass er beinahe unter seiner Größe zu erliegen droht, sondern es wird auch gewiss für die meisten meiner Leser die Urgeschichte Roms mit ihren nächsten Zeiträumen so unterhaltend nicht sein, weil sie zu der Neuzeit hineilen, wo die Kräfte eines Staates, dem Übermacht so lange schon eigen war, sich selbst verzehren. 5 Ich hingegen will einen Lohn meiner Arbeit auch darin finden, dass ich mich von dem Anblick der Leiden, die unser Zeitalter seit so vielen Jahren sah, wenigstens so lange abwende, als ich mich mit ganzer Seele in jene Vorwelt versetze und noch von allen den Rücksichten frei bin, die den Geschichtsschreiber, falls sie ihn auch von der Wahrheit nicht ablenken, doch beunruhigen können.

      6 Die mehr im Schmuck der dichterischen Erzählung als durch unverfälschte Denkmale der Geschichte auf uns gekommenen Angaben von Umständen, die sich vor längerer Zeit oder zunächst vor Erbauung der Stadt ereignet haben sollen, will ich ebenso wenig bekräftigen als widerlegen. 7 Man hält es der alten Welt zugute, wenn sie durch die in die Begebenheiten der Menschen eingemischten Erzählungen von Göttern die Urgeschichte der Staaten ehrwürdiger zu machen sucht. Und soll irgendein Volk auf die Erlaubnis, Heiligkeit in seinen Ursprung zu tragen und diesen göttlicher Einwirkung zuzuschreiben, ein Recht haben, so hat das römische Volk des kriegerischen Ruhmes so viel, dass die Völker der Erde es ebenso willig sich gefallen lassen können, wenn es nun gerade den Mars für seinen und seines Stifters Vater erklärt, wie sie sich auch seine Herrschaft gefallen lassen. 8 Wie man diese und ähnliche Erzählungen beachten oder beurteilen werde, kann mir ziemlich gleichgültig sein. 9 Aber darauf, wünschte ich, möge jeder seine ganze Aufmerksamkeit richten, wie die Lebensart, wie die Sitten waren; durch was für Männer und was für Mittel im Kriege und Frieden Rom seine Oberherrschaft erwarb und erweiterte. Kommt dann die Zeit, wo die alte Zucht allmählich in Verfall geriet, so verfolge man mit Aufmerksamkeit die anfangs sich gleichsam aus ihren Fugen lösende Sittlichkeit,2 wie sie nachher immer tiefer sank, dann unaufhaltsam zusammenstürzte, bis wir endlich die Zeiten erleben mussten, in denen wir weder unsere Verderbnis noch die Mittel dagegen ertragen konnten. 10 Und gerade dies ist es, was uns die Geschichte zu einer so heilsamen und fruchtbringenden Kenntnis macht, dass wir nämlich die lehrreichen Beispiele aller Art wie auf einem glänzenden Bilde ausgeführt schauen, und jeder daraus für sich und seinen Staat das Nachahmungswürdige entnehme, und was im Beginn wie im Ausgang widerwärtig ist, vermeide.

      11 Übrigens täuscht mich entweder Vorliebe für meine übernommene Arbeit, oder es war wirklich nie ein Staat größer, ehrwürdiger, an edlen Beispielen reicher; es war nie eine Stadt, in welche sich Habsucht und Verschwendung so spät eingeschlichen hätten; nie eine, in welcher Armut und Sparsamkeit so hoch und so lange geachtet wurden. So unleugbar ist es, dass die Menschen um so viel weniger begehrten als sie weniger besaßen. 12 Es ist ja so lange noch nicht, dass der Reichtum den Geiz und das Übermaß an Vergnügungen die Sucht in Rom eingeführt hat, um durch Üppigkeit und Ausschweifung sich selbst und alles neben sich zugrunde zu richten.

      Doch Klagen, selbst dann nicht einmal angenehm, wenn sie vielleicht auch nötig sein dürften, sollen bei einem so wichtigen Vorhaben wenigstens nicht in den Anfang sich mischen. 13 Weit lieber würde ich, wenn es bei uns wie bei den Dichtern Brauch wäre, unter vorbedeutenden Segenssprüchen beginnen, Göttern und Göttinnen Opfer verheißen und sie anrufen, der Unternehmung eines so großen Werkes einen gesegneten Fortgang zu verleihen.

      Erstes Buch

      Inhalt

      Das erste Buch enthält die Ankunft des Aeneas in Italien und seine Taten; die Regierung des Ascanius zu Alba, des Aeneas Silvius und der folgenden Silvischen


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