Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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er mit seinem Bruder Konstantin gesprochen, sich überzeugt erklärt, daß dem so sei. Konstantin selbst stand an der Spitze dieser Opposition, man könnte sagen eines russischen Partikularismus, der sich nach der Entscheidung von Friedland in doppelter Stärke erhob. Es ist damals mit Bestimmtheit erzählt worden, der Großfürst habe den Kaiser an seinen Vater erinnert, der durch seine politische Halsstarrigkeit eine gräßliche Katastrophe über sich hereingezogen habe. Wenn es sich auch nicht so verhielte, wurde doch der Kaiser durch die Stimmung, welche seine Armee kundgab, dahin gebracht, daß er den Krieg in der angefangnen Weise nicht mehr fortsetzen zu können glaubte. Es gab sich ein Widerwille gegen die Fortsetzung des Krieges kund, den man am preußischen Hofe bitter empfand, wie er denn auch in bezug auf die Waffengemeinschaft sehr ungerechtfertigt war. Die Russen begehrten eine Übereinkunft mit Napoleon, vor welcher die Ideen ihres Kaisers zugunsten einer allgemeinen Restauration zurücktreten mußten.

      Auf seine Weise hatte Napoleon eine Zusammenkunft mit dem Zaren, wie denn von einer solchen schon vor der Schlacht bei Austerlitz die Rede gewesen war, in Vorschlag bringen lassen. Alexander ging jetzt mit einer Art von hastiger Begier, den großen Gegner, der ihm in der Welt gegenüberstand, kennen zu lernen, auf diesen Vorschlag ein. Die Zusammenkunft fand am 25. Juni statt, und zwar, nach Sitte der ältesten Zeit, auf dem Fluß, der die Gebiete scheiden sollte. Auf dem Niemen war eine Flöße hergerichtet, auf der man einen anmutig verzierten Pavillon angebracht hatte, in welchem zuerst Napoleon und Alexander zusammentrafen, denen sich später Friedrich Wilhelm III. beigesellte. Daß dabei von den großen Geschäften gesprochen worden sei, ist doch nicht so gewiß, als man annimmt; bei seiner Rückkehr hat Alexander ausdrücklich versichert, es sei von nichts Wichtigem die Rede gewesen. Auf den König von Preußen hatte es fast den meisten Eindruck gemacht, daß Napoleon die preußische Militärverfassung kritisierte, besonders die Stellung der Hauptleute, welche ihnen Gelegenheit zur Bereicherung verschaffe. Der König bemerkte: das habe er immer gesagt; aber er zeigte doch einige Verstimmung darüber.

      Alles wurde dadurch bestimmt, daß Napoleon aus dem Machtbereich und Gebiet von Preußen zwei neue Staaten bildete, aus den polnischen Gebieten das Herzogtum Warschau, das dem Könige von Sachsen zu teil wurde, und im Westen der Elbe das Königreich Westfalen, dem er seinen jüngsten Bruder Hieronymus zum König gab. Das neue Königreich wurde aus den Gebieten der alten verbündeten Häuser Hessen und Braunschweig und den preußischen Landschaften jenseit der Elbe zusammengesetzt. Es waren die ältesten, unvermischtesten deutschen Volksstämme, die jetzt einem französischen Machthaber unterworfen wurden. Dadurch wurde nun der Rheinbund, den Preußen hatte bekämpfen wollen, mächtig verstärkt. Napoleon benachrichtigte seinen Bruder von der Erhebung auf den Thron am 7. Juli, unmittelbar nach dem Abschluß mit Rußland, ehe er mit Preußen abgeschlossen oder auch nur unterhandelt hatte. Über den Frieden von Tilsit, insofern er Preußen betraf, ist eigentlich mit dieser Macht


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