Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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den lebendigen Anteil seines Vorgängers widmen. Nur etwa die französische Komödie gewann ihm Teilnahme ab; er liebte es, auch in dem ernstesten Geschäft ein witziges Wort daraus, eine entsprechende Situation in Erinnerung zu bringen. Übrigens aber scheint er die Literatur, um die er sich zu kümmern habe, mehr in der italienischen oder lateinischen gesehen zu haben, wie die Verbindungen schließen lassen, in denen er mit Vittorio Siri, mit Capriata stand; von Strada221 ließ er sich wohl eine lateinische Inschrift angeben. Ohne selbst gelehrt zu sein, hatte er doch für die allgemeine Gelehrsamkeit einen lebendig angeregten Sinn. Er sparte weder Geld noch Mühe, um die Bibliothek, die ihm während der Unruhen zerstört worden war, wieder herzustellen; sein Bibliothekar pflegte ihm die Erwerbungen, die er machte, auf einer Tafel aufzulegen, bei der er zu seinen Audienzen gehend oder von denselben kommend vorüberging, wo er einen Augenblick gewann um sie in Augenschein zu nehmen. Es freute ihn, wie einst Papst Leo in einem ähnlichen Fall, wenn ihm ein oder das andre damals verkaufte besonders wertvolle Werk als wiedererworben zu Gesichte kam. Überdies besaß er einige der schönsten Kunstwerke aller Zeiten, das Sposalizio der heiligen Katharina von Corregio, die Venus del Pardo von Tizian; das erste hatte ihm sein Gönner, dem er wieder die größten Dienste leistete, Antonio Barderini, abgetreten; manches andere stammte aus der Galerie Karls I. Bei ihm fand man die schönsten Tapisserien aus Brügge, unvergleichliche Silberarbeiten, orientalische Teppiche, oder worin sonst der Geist der Kunst sich mit dem Luxus vereinigt und ihn geadelt hat. Er selbst verstand sich am meisten auf Edelsteine und ihren Wert.

      28. Ludwig XIV., König von Frankreich

       Inhaltsverzeichnis

      Französische Geschichte III u. IV, Werke Bd. 10 S. 196 ff. u. Bd. 11 S. 6-8.

      Welche Gefühle konnte ein Fürst in sich tragen, dessen Jugend von Stürmen, wie er sie erfahren hatte, erfüllt gewesen war! Soweit sein Gedächtnis in seine früheste Kindheit zurückreichte, hatte er sich selbst als den von Gott bestimmten Vertreter aller weltlichen Autorität im Reiche betrachtet, von allem Widerstreben sich persönlich beleidigt gefühlt. Waren es nicht eben die in Person von ihm in feierlichen Sitzungen ausgesprochenen Unordnungen, gegen welche sich die Fronde erhob? Er hatte einst, um Ärgerem zuvorzukommen, seine Hauptstadt bei Nachtzeit verlassen müssen; ein andermal hatte man die Gardinen seines Bettes weggezogen, um die in das Palais Gekommenen, die ihn nicht noch einmal fliehen lassen wollten, von seiner Anwesenheit zu überzeugen. Seine Mutter hatte ihn unter Gebet für seine legitime Autorität in den Kampf mit den Prinzen geführt, er hatte der Schlacht zugesehen, welche für dieselbe vor den Toren von Paris geschlagen wurde; dann hatte er in dem spanischen Kriege, der zugleich zur Wiederherstellung der Macht im Innern geführt wurde, selber die Waffen getragen, Stenay dem Prinzen von Condé abgewonnen. Wie sollte ihm irgend etwas mehr am Herzen liegen, als diesen so persönlichen Kampf nun vollends durchzuführen, als die zu unterwerfen, welche sich seinem Gebot zu entziehen getrachtet hatten? Sein fürstliches Selbstgefühl dürstete nach dieser Genugtuung.

      Er besaß von Natur die zum Geschäft der Regierung erwünschtesten Eigenschaften, richtigen Verstand, gutes Gedächtnis, festen Willen. Er wollte nicht allein ein weiser oder ein gerechter oder ein tapferer Fürst sein, nicht allein vollkommen frei von fremdem Einfluß, unabhängig im Innern, gefürchtet von seinen Nachbarn, sondern alle diese Vorzüge wollte er zugleich besitzen. Er wollte nicht allein sein, noch viel weniger bloß scheinen, er wollte beides: sein und dafür gelten, was er war. Aus einigen handschriftlichen Aufzeichnungen, die von ihm übrig sind, erkennt man, wie sehr ihm dies am Herzen lag. Eine der Regeln, die er sich vorschreibt, ist: nie einen Beschluß in der Eile zu fassen, denn ein solcher würde der Reife entbehren; eine andre: niemals schmeichlerischen Hoffnungen zu vertrauen, denn unter dem Einfluß derselben handle man schlecht und rede nicht besser; eine dritte: alles, was er zu sagen habe, vorher zu erwägen, um Reputation zu gewinnen und zu behaupten.

      Wenn man ihn im Felde, hauptsächlich bei den Belagerungen, mitten unter mörderischem Kugelregen die vollste Ruhe behaupten sah, so zweifelte man wohl, ob das natürliche Furchtlosigkeit oder vielleicht der Erwägung zuzuschreiben sei, daß nur eine solche Haltung ihm bei dem tapfern Adel und in der kriegsliebenden Nation Ansehen verschaffen werde. Seine natürliche Gelassenheit ward durch das Gefühl des für ihn an seiner Stelle Geziemenden gestärkt. Die Damen des Hofes beklagten, daß er den erhabenen Gaben seines Geistes nicht den freiesten Lauf lasse, sie würden dann noch glänzender erscheinen; daß er sein Selbst allzusehr in die Schranken der Majestät einschließe. Aber er wollte nicht glänzen für den Augenblick, sondern Eindruck machen auf immer. Seine Worte sollten nur gereifte Überzeugungen würdig aussprechen. Im Gespräch mit ihm sollte man erkennen, daß er die Sachen, um die es sich handelte, vollkommen verstehe, die Menschen, die dabei gebraucht wurden, kenne, durchschaue; er sagte eben, was er sagen mußte, nicht mehr, nicht weniger. Was er sich anfangs als Gesetz aufgelegt haben mochte,


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