Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


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So tief aber griff das alles in die Verhältnisse der deutschen Fürsten und zugleich der europäischen Machte ein, daß man nur mit der größten Vorsicht, Schritt für Schritt, damit vorwärts kommen konnte. Welch ein Vorhaben, die Macht der Kurfürsten mit der kaiserlichen zu vereinigen und doch ihre Unabhängigkeit zu sichern, das Reich von den Schweden zu befreien und sie doch auch nicht vor der Zeit zu offener Feindseligkeit zu reizen, Protestanten und Katholiken zugleich zu befriedigen! Wallenstein konnte keine allgemeine Sympathie für sich aufrufen, denn die Gedanken, die er verfolgte, waren mit nichten populär; sie waren zugleich mit egoistischen Absichten durchdrungen; überdies aber herrschte allenthalben ein Glaubenseifer vor, von dem er absah. Nur in einsamer Erwägung aller Umstände, wie sie im Augenblick lagen, oder vielmehr im zusammenfassenden Gefühl derselben reiften seine Entschlüsse.

       Wallenstein vor Stralsund, S. 85-90. Schlacht bei Lützen, S. 184 f. Wallensteins Absetzung, S. 276 ff. Wallensteins Ermordung, S. 302 ff.

      25. Der westfälische Friede

       Inhaltsverzeichnis

      Päpste II, Werke Bd. 38 S. 371-377.

      So große Pläne, wie Gustav Adolf im Höhepunkte seiner Macht sie hegte, konnten nach dem frühen Tode dieses Fürsten freilich nicht ausgeführt werden, schon darum nicht, weil ja auch die Erfolge des Protestantismus sich keineswegs allein von eigner Macht herschrieben. Aber auch der Katholizismus vermochte, selbst als er sich besser zusammennahm, als Bayern sich wieder an den Kaiser schloß und auch Papst Urban VIII. aufs neue Subsidien zahlte, den Protestantismus nicht mehr zu überwältigen. Gar bald gelangte man wenigstens in Deutschland zu dieser Überzeugung; schon der Friede von Prag beruhte darauf. Der Kaiser ließ sein Restitutionsedikt fallen, der Kurfürst von Sachsen und die Staaten, welche ihm beitraten, gaben die Herstellung des Protestantismus in den Erblanden auf. Zwar widersetzte sich Papst Urban allem, was dem Restitutionsedikt zuwider beschlossen werden könnte, und in dem geistlichen Rate des Kaisers hatte er die Jesuiten, besonders den Pater Lamormain, der denn auch oft genug darüber belobt wurde »als ein würdiger Beichtvater, als ein Mann, der keine weltliche Rücksicht nehme«, auf seiner Seite; allein die Mehrheit war gegen ihn, die Kapuziner Quiroga und Valerian, die Kardinale Dittrichstein und Pazmany; sie behaupteten, wenn man die katholische Religion in den Erblanden rein erhalte, so könne man wohl Gewissensfreiheit im Reiche geben. Der Prager Friede ward in Wien von allen Kanzeln verkündigt; die Kapuziner rühmten sich ihres Anteils an diesem »ehrenvollen und heiligen« Werke und stellten besondere Feierlichkeiten dafür an; kaum konnte der Nuntius verhindern, daß man nicht ein Tedeum sang.

      Indem Urban VIII., obwohl er tatsächlich so viel dazu beigetragen hatte, daß die Pläne des Katholizismus scheiterten, dennoch in der Theorie keinen Anspruch fallen lassen wollte, bewirkte er nur, daß das Papsttum eine Stellung außerhalb der lebendigen und wirksamen Interessen der Welt annahm. Wohl schickte der römische Stuhl auch ferner seine Gesandten zum Friedenskongresse; Chigi war geschickt und beliebt, er richtete doch nichts aus. Unter seinen Augen ward ein Friede geschlossen, wie ihn der römische Stuhl ausdrücklich verdammt hatte. Der Kurfürst von der Pfalz, alle verjagten Fürsten wurden hergestellt. Weit gefehlt, daß man an die Bestimmungen des Restitutionsediktes denken konnte, viele Stifter wurden geradezu säkularisiert und den Protestanten überlassen. Spanien entschloß sich, die Unabhängigkeit jener Rebellen gegen Papst und König, der Holländer, endlich anzuerkennen. Die Schweden behielten einen bedeutenden Teil des Reiches. Selbst den Frieden des Kaisers mit Frankreich konnte die Kurie nicht billigen, weil er Stipulationen über Metz, Toul und Verdun enthielt, durch die sie ihre Rechte gekränkt fand. Das Papsttum fand sich in der traurigen Notwendigkeit zu protestieren; die Grundsätze, die es nicht hatte geltendmachen können, wollte es wenigstens aussprechen. Aber schon hatte man dies vorausgesehen. Die geistlichen Bestimmungen des westfälischen Friedens wurden gleich mit der Erklärung eröffnet, daß man sich dabei an niemandes Widerspruch kehren wolle, er sei wer er wolle, von weltlichem oder geistlichem Stande. Durch den Frieden ward jener große Prozeß zwischen Protestanten und Katholiken, aber nun ganz anders als man in dem Restitutionsedikt versucht hatte, endlich zur Entscheidung gebracht. Der Katholizismus behauptete immer große Erwerbungen, indem das Jahr 1624 als Normaljahr, auf welches die Dinge zurückzuführen seien, angenommen wurde; dagegen bekam der protestantische Teil die ihm so unentbehrliche, so lange vorenthaltene Parität. Nach diesem Prinzip wurden alle Reichsverhältnisse geregelt.

      Wie durfte man da so gar nicht mehr an Unternehmungen denken, wie sie früher gewagt worden und gelungen waren. Vielmehr wirkten die Resultate der deutschen Kämpfe unmittelbar auf die benachbarten Länder zurück. Obwohl der Kaiser in seinen Erblanden den Katholizismus aufrechtzuerhalten vermocht hatte, mußte er doch in Ungarn den Protestanten Zugeständnisse machen; im Jahre 1645 sah er sich genötigt, ihnen eine nicht geringe Zahl von Kirchen zurückzugeben. Und hätte nun wohl nach jenem Aufschwunge der Schweden zu universaler Bedeutung Polen jemals daran denken können, die alten Ansprüche an dieses Land zu erneuern? Wladislaw IV. ließ sogar von dem Bekehrungseifer seines Vaters ab und war den Dissidenten ein gnädiger König. Selbst in Frankreich begünstigte Richelieu die Hugenotten, nachdem sie ihrer politischen Selbständigkeit beraubt waren. Noch bei weitem mehr aber unterstützte er das protestantische Prinzip dadurch, daß er jener vorwaltenden katholischen Macht, der spanischen Monarchie, einen Krieg auf Leben und Tod zu machen fortfuhr, welcher sie in ihren Grundfesten erschütterte. Diese Entzweiung war die einzige, die der Papst so ganz ohne Skrupel hätte beilegen können. Während aber alle andern wirklich beseitigt wurden, blieb diese unausgetragen und zerrüttete unaufhörlich das Innere der katholischen Welt.

      An dem Kriege gegen Spanien nahmen bis zum westfälischen Frieden die Holländer den glücklichsten Anteil; es war das goldene Zeitalter ihrer Macht, ihres Reichtums. Indem sie das Übergewicht im Orient erlangten, traten sie zugleich dem Fortgange der katholischen Mission daselbst gewaltig entgegen. Nur in England schien zuweilen der Katholizismus oder wenigstens eine Analogie seiner äußeren Formen Eingang finden zu wollen. Wir finden Abgeordnete des englischen Hofes in Rom, päpstliche Agenten in England; die Königin, der man zu Rom eine Art von amtlicher Anerkennung widmete, übte einen Einfluß auf ihren Gemahl, welcher sich auch auf die Religion erstrecken zu müssen schien; schon näherte man sich in mancherlei Zeremonien katholischen Gebräuchen. Jedoch


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