Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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      Herzog Skule. Aber Ihr seid König! Es darf kein König über mir sein! Ich bin nicht dazu geschaffen, Euch zu dienen; ich muß selbst herrschen und befehlen!

      Håkon schaut ihn einen Augenblick an und sagt kalt: Der Himmel schütze Euren Verstand, Herr! Gute Nacht! Will gehen.

      Herzog Skule vertritt ihm den Weg. So entkommt Ihr mir nicht! Hütet Euch, oder ich sage mich von Euch los. Ihr könnt nicht länger mein Obherr sein; wir zwei müssen teilen!

      Håkon. Das wagt Ihr mir zu sagen!

      Herzog Skule. Ich bin an Mannen stärker nach Oslo gekommen als Ihr, Håkon Håkonsson.

      Håkon. Ist's vielleicht Eure Absicht – ?

      Herzog Skule. Hört mich! Denkt an des Bischofs Worte! Laßt uns teilen! Gebt mir noch die zehn Ankerplätze; laßt mich meinen Anteil als freies Königtum besitzen, ohne daß ich Euch Zins und Gefälle zu entrichten hätte. Norwegen ist früher schon in zwei Reiche geteilt gewesen – wir wollen unverbrüchlich zusammenhalten –

      Håkon. Herzog, Ihr müßt krank an der Seele sein, daß Ihr solches fordern könnt!

      Herzog Skule. Ja, meine Seele ist krank, und auf anderem Wege gibt es keine Heilung für mich. Wir beide müssen einander gleichgestellt sein; es darf keiner über mir stehen!

      Håkon. Jede baumlose Insel ist ein Stein in dem Bau, den Harald Hårfager und der heilige König Olaf errichtet haben; und Ihr wollt, ich soll auseinanderreißen, was sie zusammengefügt haben? Niemals!

      Herzog Skule. Nun, so wollen wir uns ablösen in der Herrschaft. Laßt jeden von uns drei Jahre regieren! Ihr habt lange regiert – jetzt ist meine Zeit gekommen. Geht drei Jahre außer Landes; – ich will indessen König sein; ich will Euch den Weg ebnen, bis Ihr heimkehrt, will alles aufs beste verwalten und lenken; – es zehrt und stumpft ab, beständig auf der Wacht zu stehen. Håkon, hört Ihr, – drei Jahre jeder! Laßt uns abwechselnd die Krone tragen!

      Håkon. Glaubt Ihr, daß meine Krone Euch um die Schläfen passen wird?

      Herzog Skule. Keine Krone ist zu weit für mich!

      Håkon. Es gehört göttliches Recht und göttlicher Beruf dazu, die Krone zu tragen.

      Herzog Skule. Und seid Ihr dessen so sicher, daß Ihr ein göttliches Recht habt?

      Håkon. Dafür hab' ich das Urteil Gottes.

      Herzog Skule. Bauet nicht so fest darauf. Hätte der Bischof reden können, – doch, nun wär' es vergebens; Ihr würdet mir nicht glauben. Ja, gewiß habt Ihr mächtige Bundesgenossen dort oben; aber ich trotze dennoch! – Ihr wollt nicht mit mir abwechseln in der Königsgewalt? Ja, ja, – dann bleibt uns nur ein Ausweg noch offen: – Håkon laßt uns beide miteinander kämpfen, Mann gegen Mann, mit schweren Waffen, auf Leben und Tod!

      Håkon. Sprecht Ihr im Ernst, Herr?

      Herzog Skule. Ich spreche für mein Lebenswerk und für mein Seelenheil.

      Håkon. Dann ist wenig Hoffnung für Euer Seelenheil.

      Herzog Skule. Ihr wollt nicht mit mir kämpfen ? Ihr sollt, Ihr sollt!

      Håkon. Verblendeter Mann! Ich kann Euch nur bedauern. Ihr wähnt, es sei die Stimme des Herrn, die Euch zum Königssitze emportreibt, – Ihr seht nicht, daß es eitel Hoffart ist. Was lockt Euch denn! Der Königsreif, der purpurverbrämte Mantel, das Recht, drei Stufen über dem Boden erhöht zu sitzen. – O jämmerlich, jämmerlich! – Bestände darin das Königtum, ich würf` es Euch hin, wie man einem Bettler ein Almosen hinwirft.

      Herzog Skule. Ihr habt mich gekannt von Eurer Kindheit an und beurteilt mich so!

      Håkon. Ihr habt alle trefflichen Geistesgaben, Klugheit und Mut, Ihr seid dazu geschaffen, nächst dem König zu stehen, aber nicht, selber König zu sein.

      Herzog Skule. Das wollen wir jetzt erproben!

      Håkon. Nennt mir ein einziges Königswerk, das Ihr vollbracht habt in all den Jahren, da Ihr das Reich für mich lenktet! Waren die Bagler oder Ribbunger je mächtiger als damals? Ihr wart der reife Mann, aber das Land wurde von aufrührerischen Horden verheert; – habt Ihr eine einzige niedergeworfen? Ich war jung und unerfahren, als ich das Steuer des Reichs ergriff, –seht her – alles fiel mir zu Füßen, als ich König wurde – es gibt keine Bagler, keine Ribbunger mehr!

      Herzog Skule. Damit solltet Ihr am wenigsten prahlen; denn darin liegt die größte Gefahr: Gefolgschaft muß gegen Gefolgschaft stehen, Anspruch gegen Anspruch, Landesteil gegen Landesteil, wenn der König der Mächtige sein soll. Jedes Dorf, jedes Geschlecht muß entweder seiner bedürfen oder ihn fürchten. Rottet Ihr allen Unfrieden aus, so habt Ihr damit zugleich Euch selbst der Macht beraubt.

      Håkon. Und Ihr wollt König sein, – Ihr, der so gesonnen ist? Ihr wäret ein tauglicher Häuptling geworden zu Erling Skakkes Zeiten; aber die Zeit ist Euch über den Kopf gewachsen, und Ihr versteht sie nicht. Seht Ihr denn nicht, daß das Reich Norwegen, so wie Harald und Olaf es errichtet haben, nur mit einer Kirche zu vergleichen ist, der noch die Weihe fehlt? Die Mauern erheben sich mit starken Pfeilern, die Dachkuppel wölbt sich weit darüber, der Turm weist himmelan, wie Tannen im Walde; aber das Leben, das pochende Herz, der frische Blutstrom geht nicht durch das Werk; Gottes lebendiger Odem ist ihm nicht eingehaucht: es hat nicht die Weihe empfangen – Ich will ihm die Weihe bringen! Norwegen war ein Reich, es soll ein Volk werden. Der Trondhjemer stand in Waffen wider den Vikväringer, der Agdeväringer wider den Hördaländer, der Hålogaländer wider den Sogndöller – sie alle sollen hinfort Eins sein, und alle sollen's wissen bei sich selber und fühlen, daß sie Eins sind! Das ist die Aufgabe, die Gott auf meine Schultern gelegt hat; das ist das Werk, das Norwegens König jetzt vollbringen muß. Das Werk, Herzog, das lasset Ihr, denk' ich, einem andern – denn wahrlich, dazu habt Ihr nicht die Eignung!

      Herzog Skule vernichtet. Sammeln –? Zu einem Volke sammeln den Trondhjemer und den Vikväringer, – ganz Norwegen –? Ungläubig. Das ist unausführbar! Nie zuvor hat Norwegens Saga dergleichen gemeldet!

      Håkon. Für Euch ist's unausführbar – denn Ihr könnt einzig die alte Saga wiederholen – aber für mich ist's leicht, wie es leicht für den Falken ist, die Wolken zu zerteilen.

      Herzog Skule in unruhiger Aufregung. Alles Volk sammeln, – es erwecken, so daß es sich als Eins begreift! Woher habt Ihr solch seltsamen Gedanken? Er macht mir kalt und heiß. Leidenschaftlich. Ihr habt ihn vom Teufel, Håkon; nie soll er ins Werk gesetzt werden, solange ich noch die Kraft habe, mir den Stahlhelm aufs Haupt zu schnallen.

      Håkon. Ich hab' den Gedanken von Gott, und ich geb' ihn nicht auf, solange ich des heiligen Olaf Kronreif um die Stirn trage!

      Herzog Skule. So soll des heiligen Olaf Kronreif fallen!

      Håkon. Wer will das vollbringen?

      Herzog Skule. Ich, wenn kein anderer.

      Håkon. Ihr, Skule, Ihr werdet morgen auf dem Thing unschädlich gemacht.

      Herzog Skule. Håkon! Versuchet nicht Gott! Treibt mich nicht an den äußersten Rand des Abgrunds!

      Håkon auf die Tür weisend. Geht, Herr, – und laßt es vergessen sein, daß wir diesen Abend mit scharfen Zungen geredet haben.

      Herzog Skule sieht ihn einen Augenblick fest an und sagt: Wir werden das nächste Mal mit schärferen Zungen reden. Ab durch die Mitte.

      Håkon nach kurzer Pause. Er droht! – Nein, nein; so weit wird es nicht kommen. Er muß, er soll sich beugen und mir zu Füßen fallen; ich bedarf dieses starken Armes, dieses klugen Kopfes. – Wenn sich Mut und Witz und Kraft in diesem Lande finden, so sind das Gaben, die Gott den Männern zu meinem Frommen verliehen hat – um mir zu dienen, empfing Herzog Skule alle guten Gaben; mir trotzen, heißt dem Himmel trotzen; es ist meine Pflicht, jedweden zu strafen, der sich dem Willen des Himmels widersetzt, – denn der Himmel hat so viel für mich getan.

      Dagfinn tritt durch die Mitte


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