Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Und suchte in des Feindes Schwert den Tod.

       Zur Rechten und zur Linken stürzten sie,

       Statilius, Gabinius, Manlius;

       Mein Curius fiel, da er die Brust mir deckte;

       Sie alle traf das blanke Römerschwert,

       Dasselbe Schwert, das mich allein verschmähte.

       Roms Waffen, ja, verschmähten Catilina!

       Die Wehr' zerbrochen, stand ich halb betäubt,

       Empfindungslos, indes des Kampfes Wogen

       Mich überströmten. Sammlung fand ich erst,

       Als alles still um mich; und ich sah auf:

       Die Schlacht lag wie ein Meer weit hinter mir!

       Wie lange stand ich so? Ich weiß nur das:

       Ich stand allein im Kreise meiner Toten.

       Doch Leben war in diesen starren Augen;

       Des Mundes Winkel schürzt' ein Lächeln auf,

       Und Aug' und Lächeln wandte sich auf mich,

       Der ich allein noch aufrecht stand, auf mich,

       Der ich gekämpft für sie und Rom, auf mich,

       Der wiederum verachtet stand, verschmäht

       Vom Schwerte Roms. Da starb auch Catilina.

      Furia.

       Falsch hast Du Deiner Toten Traum gedeutet;

       Falsch ausgelegt, was Dich getötet hat.

       Mit Blick und Lächeln luden sie Dich ein,

       Zu schlafen wie sie selbst –

      Catilina. Ja, wenn ich's könnte!

      Furia.

       Getrost, Gespenst von einem Helden Du;

       Dein Ruhestündlein naht. Komm; beug' Dein Haupt;

       Daß ich Dich schmücke mit dem Kranz des Siegers.

       (Sie reicht ihn ihm.)

      Catilina.

       Pfui! Was ist das? Ein Mohnkranz –!

      Furia (mit wilder Lustigkeit.) Nun, gewiß! Ist roter Mohn nicht prächtig? Leuchten wird er Um Deine Stirne wie ein Reif von Blut.

      Catilina.

       Hinweg damit! Ich hasse dieses Rot.

      Furia (lacht auf.) Du liebst wohl mehr die matten, bleichen Farben? Gut denn! So hol' ich Dir den grünen Schilfkranz, Den Silvia in nassen Locken trug, Da sie heraufkam – an der Tibermündung.

      Catilina.

       O, welche Bilder –!

      Furia. Oder bring' ich lieber

       Die Silberdisteln Dir vom Marktplatz Roms,

       Mit braunen Flecken von dem Bürgerblut,

       Das Deine Hand vergoß, mein Catilina?

      Catilina.

       Halt inne!

      Furia. Oder willst Du einen Laubkranz

       Von jenem Eichbaum an der Mutter Haus,

       Der welkte, da ein jung, geschändet Weib

       Mit gellen Schreien in die Fluten sprang?

      Catilina.

       Leer' Deiner Rache Schalen über mich

       Auf einmal aus –!

      Furia. Ich bin Dein eignes Auge,

       Dein eigenes Gedächtnis und Gericht.

      Catilina.

       Doch warum jetzt –?

      Furia. Es schaut ja wohl am Ziel

       Auf seinen Weg zurück der müde Wandrer.

      Catilina.

       So stände ich am Ziel? Ist dies das Ziel?

       Ich bin lebendig nicht und nicht begraben.

       Wo liegt das Ziel?

      Furia. Ganz nah, – sobald Du willst.

      Catilina.

       Ich habe keinen Willen mehr, seitdem

       Mir alles, was ich einst gewollt, zerbrach.

       (Wehrt mit den Händen ab.) Weicht von mir, weicht von mir, ihr fahlen Schatten! Was heischt Ihr von mir, Männer Ihr und Weiber? Ihr kommt umsonst –! O, mehr und immer mehr!

      Furia.

       Noch allzu erdgebunden ist Dein Schatten.

       Zerreiße dieser tausend Fäden Netz!

       Und laß den Kranz ins Haar Dir drücken, komm;

       Er wirkt mit heilsamer Vergessenskraft;

       Er macht Dich still; er tötet das Gedächtnis.

      Catilina (tonlos.) Er tötet das Gedächtnis? Sprächst Du wahr? So drück' den Giftkranz dicht um meine Stirne.

      Furia (setzt ihm den Kranz aufs Haupt.) Nun bist Du schön geschmückt. So, Catilina, Tritt vor den Fürsten nun der Finsternis!

      Catilina.

       Komm, laß uns gehn! Ich sehne mich hinab;

       Ich lechze heim nach aller Schatten Heimat.

       Laß uns zusammen gehn! Was bannt mich noch?

       Was stockt mein Fuß? – Ich fühle hinter mir

       Am Morgenhimmelszelt ein blaß Gestirn;

       Das hält mich noch zurück im Land des Lebens;

       Das zieht mich an so wie der Mond das Meer.

      Furia.

       Komm mit, komm mit!

      Catilina. Es winkt und blinkt mir zu.

       Ich kann Dich nicht begleiten, eh' dies Licht

       Nicht auslischt oder vom Gewölk verhüllt wird

       Nun seh' ich es! Es ist kein Stern, es ist

       Ein Menschenherz, das liebend glüht und pocht;

       Es bindet mich, es fesselt und es lockt,

       Als wie der Abendstern des Kindes Auge.

      Furia.

       Mach's stumm, dies Herz!

      Catilina. Wie meinst Du das?

      Furia. Du hast

       Den Dolch im Gürtel noch. Ein rascher Stoß, –

       Und es erlischt der Stern und bricht dies Herz,

       Das zwischen Deins und meins sich feindlich stellt.

      Catilina.

       Ich sollte –? Blank und spitzig ist der Dolch –

       (Mit einem Aufschrei.) Aurelia! Aurelia, wo bist Du? O, wärst Du nah! Nein, nein; nicht sehen Dich! Und doch bedünkt mich, alles würde gut Und Friede käme, könnte ich mein Haupt An Deinen Busen legen und – bereuen!

      Furia.

       Bereuen?

      Catilina. Alles, was ich frevelte!

       Bereuen, daß ich war und daß ich lebte.

      Furia.

       Zu spät! Es führt von da, wo jetzt Du stehst,

       Kein Weg zurück. Prob's immer aus, Du Tor!

       Ich kehre heim. Leg' Du Dein Haupt nur immer

       An ihre Brust und finde dort den Frieden,

       Den Du für Deine müde Seele suchst!

       (Mit wachsendem Ungestüm.) Bald steht sie auf, die Schar der tausend Toten; Verführte Weiber schließen sich ihr an; Und alle, alle werden


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