Gesicht des Todes. Блейк Пирс
Читать онлайн книгу.seufzte und öffnete die Mail trotzdem, um das Unvermeidliche hinter sich zu bringen. Dr. Applewhite war brillant, die Art Mathematikerin, die sie in ihren Träumen immer hatte sein wollen, bis sie begriff, dass sie ihre Talente im Polizeidienst nutzen konnte. Francesca war auch der einzige andere Mensch, der wusste, auf welche Art ihr Gehirn arbeitete – die Synästhesie, die Hinweise in ihrem Gehirn in sichtbare Zahlen und dann Informationen verwandelte. Der einzige Mensch, den sie genug mochte und dem sie genug vertraute, um darüber zu reden.
Dr. Applewhite war diejenige gewesen, die sie überhaupt erst auf das FBI gebracht hatte. Sie schuldete ihr viel. Aber das war nicht der Grund, aus dem sie zögerte, ihre Email zu lesen.
Hi Zoe, stand in der Mail. Ich wollte nur fragen, ob Du die Therapeutin kontaktiert hast, die ich vorgeschlagen hatte. Konntest Du schon einen Termin ausmachen? Lass mich wissen, wenn Du Hilfe brauchst.
Zoe seufzte. Sie hatte die Therapeutin nicht kontaktiert und wusste eigentlich nicht, ob sie es tun würde. Sie schloss die E-Mail, ohne zu antworten, stufte sie auf eines der morgen anzugehenden Probleme zurück.
Euler sprang auf ihren Schoß, war offensichtlich mit dem Abendessen fertig und begann, zu schnurren. Zoe streichelte ihn erneut, sah auf ihren Bildschirm, überlegte.
Pythagoras miaute empört über die Vernachlässigung und Zoe sah ihn mit einem liebevollen Lächeln an. Es war nicht unbedingt ein Zeichen, aber es reichte, um sie tätig werden zu lassen. Sie kehrte zu der vorherigen Mitteilung von der Datingseite zurück und tippte eine Antwort, bevor sie es sich überlegen konnte.
Ja, ich würde mich gerne treffen. Wann passt es Dir? – Z.
***
„Nach dir“, sagte er lächelnd und deutete auf den Brotkorb.
Zoe erwiderte das Lächeln und nahm ein Stück Brot, berechnete in Gedanken automatisch die Breite und Höhe jedes Stücks, um eines zu wählen, das irgendwo in der Mitte lag. Sie wollte nicht zu gierig aussehen.
„Also, was machst du, John?“ fragte Zoe. Es war einfach genug, die Unterhaltung auf diese Art zu beginnen – sie war schon auf genügend Verabredungen gewesen, um zu wissen, dass es die Standardeinleitung war. Außerdem war es immer eine gute Idee, sicherzustellen, dass er einen guten Verdienst hatte.
„Ich bin Anwalt“, sagte John und nahm auch ein Stück Brot. Das größte Stück. Um die 300 Kalorien. Er würde halb satt sein, bevor der Hauptgang serviert wurde. „Ich habe meistens mit Eigentumsstreitigkeiten zu tun, also gibt es zwischen deiner und meiner Arbeit nicht viele Überschneidungen.“
Zoe dachte an das durchschnittliche Einkommen eines Anwalts für Eigentumsrecht in der Gegend und nickte stumm, während Berechnungen durch ihr Gehirn rasten. Zusammen würden sie sich leicht die Hypothek für ein Haus mit drei Schlafzimmern leisten können, und das war nur für den Anfang. Platz für ein Kinderzimmer. Genug Karriereentwicklungsmöglichkeiten, um sich später noch zu verbessern.
Sein Gesicht war auch fast symmetrisch. Seltsam, wie oft das in letzter Zeit vorkam. Es wurde nur durch eine Sache gestört, die Art, wie er nur mit der rechten Wange lächelte, während die linke fast unbeweglich blieb. Ein schiefes Lächeln. Das war irgendwie charmant, vielleicht wegen der Asymmetrie. Sie zählte die korrekte Anzahl perfekt gerader weißer Zähne, die zwischen seinen Lippen aufblitzten.
„Wie sieht es mit deiner Familie aus? Geschwister?“ probierte John mit leicht stockender Stimme.
Zoe begriff, dass sie zumindest irgendeine Bemerkung zu seiner Arbeit hätte machen müssen und rappelte sich gedanklich auf. „Nur ich“, sagte sie. „Meine Mom hat mich aufgezogen. Wir sind uns nicht nah.“
John zog für den Bruchteil einer Sekunde eine Augenbraue hoch, bevor er nickte. „Oh, das ist Mist. Meine Familie steht sich sehr nah. Wir treffen uns mindestens einmal im Monat zu einem Familienessen.“
Zoes Blick flitzte über seine schlanke Gestalt und sie ging davon aus, dass er bei diesen Treffen sicher nicht wenig aß. Allerdings ging er offensichtlich ins Fitnessstudio. Was er wohl stemmen konnte? Wenn man von den sich unter einem blaugestreiften Hemd abzeichnenden Armmuskeln ausging, sicher 200 Pfund.
Es hatte nun eine Weile Schweigen zwischen ihnen geherrscht. Zoe riss ein Stück Brot ab und schob es sich in den Mund, kaute es dann so schnell wie sie konnte, um ihren Mund wieder freizubekommen. Die Leute sprachen nicht mit vollem Mund, zumindest nicht in guter Gesellschaft, also diente es ihr als eine Art Ausflucht.
„Bist du das einzige Kind?“ fragte Zoe, sobald der Bissen dick und stockend ihre Kehle heruntergerutscht war. Nein, dachte sie. Mindestens zwei Geschwister.
„Ich habe einen älteren Bruder und Schwester“, sagte John. „Es liegen nur vier Jahre zwischen uns, also verstehen wir uns ziemlich gut.“
Hinter ihm, über seine Schulter hinweg, sah Zoe ihre nicht mal 1,60 Meter große Kellnerin mit einem schweren Getränketablett kämpfen. Zwei Weinflaschen inmitten von sieben Gläsern, alle für einen lärmenden Tisch am Ende einer Reihe mit Sitznischen. Alle im gleichen Alter. Freunde aus dem College, die Wiedersehen feierten.
„Das ist sicher schön“, sagte Zoe vage. Sie dachte eigentlich nicht, dass es schön wäre, ältere Geschwister zu haben. Sie hatte keine Ahnung, wie es sein würde. Es war lediglich eine weitere Erfahrung, die sie nie gemacht hatte.
„Ja, das würde ich sagen.“
Johns Antworten wurden distanzierter. Er stellte ihr keine Fragen mehr. Sie hatten noch nicht mal den Hauptgang hinter sich gebracht.
Zoe war ziemlich erleichtert, als sie die Kellnerin mit zwei Tellern zu ihnen kommen sah, die perfekt auf ihrem Arm balanciert wurden, das Gewicht gleichmäßig zwischen Ellbogen und Handfläche verteilt.
„Oh, unser Essen ist da“, sagte sie, eher um ihn abzulenken, als aus irgendeinem anderen Grund.
John sah sich um, bewegte sich mit einer geschmeidigen Anmut, die seine regelmäßigen Fitnessstudiobesuche definitiv bestätigte. Er war kein übler Kerl, gut genug. Gutaussehend, charmant, mit einem guten Job. Zoe versuchte, sich auf ihn zu konzentrieren, sich einzubringen. Beim Essen sollte es einfacher sein. Sie starrte das Essen auf ihrem Teller an – siebenundzwanzig Erbsen, das Steak genau fünf Zentimeter dick – und versuchte, sich durch nichts von dem ablenken zu lassen, was er sagte.
Trotzdem bemerkte sie die unbehaglichen Gesprächspausen genauso wie er.
Als sie fertig waren, bot er an, alles zu bezahlen – 37,97 $ wäre ihr Anteil gewesen – und Zoe nahm dankbar an. Sie vergaß, dass sie zumindest einmal widersprechen sollte, um ihm die Möglichkeit zu geben, darauf zu bestehen, aber es fiel ihr ein, als sie bemerkte, dass seine Mundwinkel sich leicht nach unten zogen, als er der Kellnerin seine Kreditkarte gab.
„Nun, das war ein toller Abend“, sagte John, während er sich umsah und im Aufstehen seine Anzugjacke zuknöpfte. „Das ist ein nettes Restaurant.“
„Das Essen war wunderbar“, murmelte Zoe und stand ebenfalls auf, obwohl sie lieber noch etwas sitzen geblieben wäre.
„Ich habe mich gefreut, dich kennenzulernen, Zoe“, sagte er. Er streckte seine Hand aus. Als sie sie nahm, beugte er sich vor und küsste sie auf die Wange, so knapp wie möglich, bevor er sich wieder entfernte.
Kein Angebot, sie zu ihrem Auto zu begleiten, oder nach Hause zu fahren. Keine Umarmung, keine Bitte, sie wiederzusehen. John war freundlich genug – ganz schiefes Lächeln und behutsame Gesten – aber die Botschaft war deutlich.
„Ich mich auch, John“, sagte Zoe, ließ ihn vor ihr das Restaurant verlassen, während sie ihre Handtasche aufnahm, damit es auf dem Gang zum Parkplatz kein weiteres gezwungenes Geplauder geben würde.
In der Abgeschiedenheit ihres Autos ließ Zoe sich auf den Fahrersitz fallen und verbarg ihren Kopf in ihren Händen. Dumm, dumm, dumm. Das konnte man keinem erzählen, dass man mit der Schrittweite der verschiedenen Kellner so beschäftigt