Evolution Bundle. Thomas Thiemeyer

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Evolution Bundle - Thomas Thiemeyer


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geben. Als hätte es die Frauenbewegung und Emanzipation nie gegeben. Für Typen wie Marek sind Frauen nur ein Besitz. Hübsch müssen sie aussehen, fleißig sollen sie sein und ansonsten sollen sie möglichst die Klappe halten. Und das Schlimmste: Es gibt Frauen, die darauf abfahren.« Sie schüttelte mürrisch den Kopf. »Steinzeit.«

      Lucie wusste nicht, was sie sagen sollte. Olivia hatte sich richtig in Rage geredet, dieses Thema schien sie sehr zu beschäftigen. Es klang fast so, als hätte sie selbst schon mal schlechte Erfahrungen mit so jemandem gemacht.

      Lucie hingegen konnte keinerlei Erfahrungen mit Jungs vorweisen. Dass sie mit ihren fünfzehn Jahren noch nie einen Freund gehabt hatte, fand ihre beste Freundin Anna einen Skandal, aber Lucie störte das nicht. Klar war sie schon mal verliebt gewesen, allerdings hatten die Betreffenden das niemals erfahren.

      Gedankenverloren spähte sie geradeaus. Die aufgehende Sonne überzog die Flanken des Gebäudekomplexes mit warmem Licht. Die zunehmende Helligkeit förderte immer neue Details zutage.

      Die Fassade wirkte ziemlich heruntergekommen. Ein Haufen Chrom, Glas und Stahl, der früher bestimmt mal sehr beeindruckend ausgesehen hatte, aber mittlerweile eher ein Fall für die Abrissbirne war. Hinter einer Gruppe von Bäumen rankten sich Efeu und wilder Wein an den Fassaden empor. Auf den kegeligen Dächern wuchs dichtes Buschwerk.

      Doch gab es auch einige Stellen, die sehr gepflegt aussahen. Zum Beispiel der Eingangsbereich. Dort, wo die großen Schiebetüren waren, hatte jemand die Pflanzen gestutzt und die Glasflächen gereinigt. Das obere Drittel des Gebäudes war mit Solarpaneelen gepflastert, die ebenfalls sauber und funktionstüchtig aussahen. Und was das bedeutete, war klar: Es musste irgendjemanden geben, der sich um all das kümmerte. Und dieser Jemand konnte ihnen bestimmt sagen, wo sie hier gelandet waren. Und Hilfe holen. Lucie spürte, wie sich ihre Anspannung zumindest ein kleines bisschen löste, immerhin war dies der erste Hoffnungsschimmer seit ihrer Bruchlandung.

      Die großen Drehtüren funktionierten zwar nicht, aber es gab seitlich ein paar kleinere Schiebetüren, die unverschlossen waren. Bennett gab die Anweisung zu warten, bis er, Marek und ein paar der anderen Erwachsenen die Lage sondiert hatten.

      Lucie hatte dagegen nichts einzuwenden. Die Sonne schien gerade so schön und die Wärme und das Licht halfen dabei, die Erinnerungen an den gestrigen Abend zu vertreiben. Sie setzte sich auf den warmen Asphalt, beobachtete die exotisch aussehenden Schmetterlinge und wartete.

      Jem hasste es, tatenlos rumzustehen. Zehn Minuten waren vergangen und noch immer kein Zeichen von innen. Er stand auf.

      »Also mir ist das jetzt echt zu blöd. Ich gehe jetzt rein. Wer kommt mit?«

      Olivia war sofort dabei.

      Arthur zögerte. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Bennett hat doch gesagt, wir sollen draußen warten.«

      »Bennett hat gesagt«, spottete Olivia. »Was soll er denn machen? Uns den Kopf abreißen oder was?«

      Beleidigt stand Arthur auf, stopfte die Hände in die Hosentaschen und trabte hinter Olivia her.

      Jem konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Die beiden waren echt ein Traumpaar. Er wollte gerade die Tür aufdrücken, als Marek ihm von innen entgegenkam. Durch den Spalt sah er ihn herausfordernd an. »Na, Compadre, schlechte Ohren?«

      »Nö, wieso?«

      »Es hieß doch ausdrücklich, ihr sollt warten.«

      Jem reckte sein Kinn vor. »Befehle sind nicht so mein Ding. Schon gar nicht von Typen wie dir. Und jetzt geh zur Seite.«

      »Oder was?« Marek hob amüsiert seine Brauen. Er blockierte die Tür mit seinem Fuß. »Glaubst du, eine halbe Portion wie du könnte mir Angst einjagen?«

      Lucie war aufgestanden und stellte sich jetzt neben Jem vor die Tür. »Hört auf, ihr beiden. Erzähl uns lieber, was es Neues gibt. Habt ihr jemanden getroffen?«

      Marek nahm seinen Fuß weg. »Das nicht«, sagte er und öffnete für sie. »Es gibt aber trotzdem einiges zu sehen. Bennett meinte, ich soll euch holen kommen. Das ist echt alles ziemlich krass.«

      Ohne Marek eines Blickes zu würdigen, ging Jem an ihm vorbei und betrat die Eingangshalle.

      Was er sah, verschlug ihm die Sprache. Er wusste nicht, womit er gerechnet hatte, aber ganz bestimmt nicht mit einem Gewächshaus. Zumindest kam es ihm auf den ersten Blick so vor.

      Die Halle wurde von einem Dach überspannt, das entfernt an die Kuppel einer Kathedrale erinnerte. Dünne Stahlstreben hielten Glasscheiben, durch die das goldene Morgenlicht hereinströmte. Pflanzen rankten sich über Schalter, Läden, Rolltreppen und Aufzüge, krochen hinauf ins Obergeschoss und von dort aus bis unters Dach. Kaum ein Quadratmeter, der nicht irgendwie überwuchert war.

      Schwerer Blütenduft durchströmte die Halle und das Zirpen und Zwitschern winziger Vögel war zu hören. Jem konnte ein paar von ihnen erkennen. Wie kleine blaue Blitze zischten sie hierhin und dorthin und tauchten in die weißen und rosafarbenen Blüten, um dort nach Nektar zu saugen.

      Bio gehörte nicht unbedingt zu seinen Lieblingsfächern, aber er wusste sicher, dass solche Tiere und Pflanzen nicht in diese Breitengrade gehörten. Zumal sie nicht den Eindruck machten, als wären sie künstlich angesiedelt worden. Es wirkte alles ziemlich natürlich. Aber dies war doch eine Flughafenhalle.

      Oder nicht?

      Er wedelte eine pinkfarbene Hummel beiseite und ging weiter. Moment mal! Pink? So etwas hatte er noch nie gesehen!

      Vor ihm erhob sich etwas, das früher mal ein Springbrunnen gewesen sein mochte. Er schien schon lange nicht mehr in Betrieb zu sein. Pflanzen wucherten wie Unkraut daraus hervor. In ihrer Mitte stand ein Gewächs, an dem unzählige türkisfarbene Früchte und rote Blüten hingen. Kolibris umschwirrten ihn wie aufgeregte Bienen.

      Jem klappte der Unterkiefer runter. »Alter, was ist denn hier los?«, entfuhr es ihm. »Ist das ein botanischer Garten oder was?«

      »Das, Herrschaften, ist der Denver International Airport.« Kapitän Bennett winkte sie zu sich herüber. Neben ihm standen zwei Männer, die beide ziemlich verwirrt aussahen.

      »Oder das, was davon übrig ist.« Er stand zu Füßen einer Bronzestatue, die einen Raumfahrer darstellte. Auch sie war ziemlich überwuchert. An dem Sockel prangte ein uraltes, fleckiges Messingschild. Jem trat näher, um lesen zu können, was dort stand.

      »John L. ›Jack‹ Swigert Jr. 1931–1982. Astronaut Apollo 13«, murmelte er und runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie, dass wir hier in Denver sind? Dieses überdimensionierte Gewächshaus könnte doch an jedem Ort der Welt stehen.«

      »Weil ich erst vor Kurzem hier war«, entgegnete Bennett. »Dies ist Halle B, eine der Haupthallen. Allerdings sah sie vor einem Monat noch ein bisschen anders aus.«

      »Aber ich verstehe das nicht«, sagte der eine seiner Begleiter. Der Mann mit dem karierten Hemd und dem Schnauzbart. »Es ist doch offensichtlich, dass dieses Gebäude seit Jahren nicht mehr in Betrieb ist. Wie kommen Sie dazu zu behaupten, dies wäre der Flughafen?«

      »Weil es so ist. Ich weiß, wie das klingt, aber Sie sollten diese Tatsache akzeptieren.«

      Inzwischen waren die restlichen Mitglieder der Gruppe eingetroffen, darunter auch Lucie. Sie warf Jem einen fragenden Blick zu und die Verwirrung stand ihr genauso ins Gesicht geschrieben wie den anderen. Jem zuckte nur mit den Schultern, er hoffte, dass sie bald herausfanden, was hier los war.

      »Der Kapitän hat recht«, sagte der kräftige Mann, der sich Jem vorhin als Martin Jaeger vorgestellt und ihm in einem Halfter unter seiner Schulter eine Automatikpistole präsentiert hatte. Jaeger meinte, es wäre immer sicherer, mit einer Waffe in unbekannte Gefilde vorzudringen. Damit hatte er wahrscheinlich recht, trotzdem war Jem bei dem Anblick etwas unwohl zumute gewesen.

      »Als Sky Marshall bin ich viel unterwegs und kenne


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