Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare

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Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare


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Bei Rosalindens hellem Auge, Bei ihrer Purpurlipp und hohen Stirn, Bei ihrem zarten Fuß, dem schlanken Bein, Den üppgen Hüften und der Region, Die ihnen nahe liegt, beschwör ich dich, Daß du in eigner Bildung uns erscheinest.

      BENVOLIO

       Wenn er dich hört, so wird er zornig werden.

      MERCUTIO

       Hierüber kann ers nicht; er hätte Grund,

       Bannt ich hinauf in seiner Dame Kreis

       Ihm einen Geist von seltsam eigner Art

       Und ließe den da stehn, bis sie den Trotz

       Gezähmt und nieder ihn beschworen hätte.

       Das wär Beschimpfung! Meine Anrufung

       Ist gut und ehrlich; mit der Liebsten Namen

       Beschwör ich ihn, bloß um ihn aufzurichten.

      BENVOLIO

       Komm! Er verbarg sich unter jenen Bäumen

       Und pflegt des Umgangs mit der feuchten Nacht.

       Die Lieb ist blind, das Dunkel ist ihr recht.

      MERCUTIO

       Ist Liebe blind, so zielt sie freilich schlecht.

       Nun sitzt er wohl an einen Baum gelehnt

       Und wünscht, sein Liebchen wär die reife Frucht

       Und fiel ihm in den Schoß. Doch, gute Nacht,

       Freund Romeo! Ich will ins Federbett;

       Das Feldbett ist zum Schlafen mir zu kalt.

       Komm, gehn wir?

      BENVOLIO

       Ja, es ist vergeblich, ihn

       Zu suchen, der nicht will gefunden sein.

       Beide ab.

      ZWEITE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Capulets Garten

       Romeo kommt.

      ROMEO

       Der Narben lacht, wer Wunden nie gefühlt.

       Julia erscheint oben an einem Fenster. Doch still, was schimmert durch das Fenster dort? Es ist der Ost, und Julia die Sonne! - Geh auf, du holde Sonn! Ertöte Lunen, Die neidisch ist und schon vor Grame bleich, Daß du viel schöner bist, obwohl ihr dienend. O da sie neidisch ist, so dien ihr nicht! Nur Toren gehn in ihrer blassen, kranken Vestalentracht einher; wirf du sie ab! Sie ist es, meine Göttin, meine Liebe! O wüßte sie, daß sie es ist! - Sie spricht, doch sagt sie nichts: was schadet das? Ihr Auge redt, ich will ihm Antwort geben. - Ich bin zu kühn, es redet nicht zu mir. Ein Paar der schönsten Stern am ganzen Himmel Wird ausgesandt und bittet Juliens Augen, In ihren Kreisen unterdes zu funkeln. Doch wären ihre Augen dort, die Sterne In ihrem Antlitz? Würde nicht der Glanz Von ihren Wangen jene so beschämen Wie Sonnenlicht die Lampe? Würd ihr Aug Aus luftgen Höhn sich nicht so hell ergießen, Daß Vögel sängen, froh den Tag zu grüßen? O wie sie auf die Hand die Wange lehnt! Wär ich der Handschuh doch auf dieser Hand Und küßte diese Wange!

      JULIA

       Weh mir!

      ROMEO

       Horch!

       Sie spricht. O sprich noch einmal, holder Engel!

       Denn über meinem Haupt erscheinest du

       Der Nacht so glorreich, wie ein Flügelbote

       Des Himmels dem erstaunten, über sich

       Gekehrten Aug der Menschensöhne, die

       Sich rücklings werfen, um ihm nachzuschaun,

       Wenn er dahin fährt auf den trägen Wolken

       Und auf der Luft gewölbtem Busen schwebt.

      JULIA

       O Romeo! Warum denn Romeo?

       Verleugne deinen Vater, deinen Namen!

       Willst du das nicht, schwör dich zu meinem Liebsten,

       Und ich bin länger keine Capulet!

      ROMEO

       für sich. Hör ich noch länger, oder soll ich reden?

      JULIA

       Dein Nam ist nur mein Feind. Du bliebst du selbst,

       Und wärst du auch kein Montague. Was ist

       Denn Montague? Es ist nicht Hand, nicht Fuß,

       Nicht Arm noch Antlitz, noch ein andrer Teil

       Von einem Menschen. Sei ein andrer Name!

       Was ist ein Name? Was uns Rose heißt,

       Wie es auch hieße, würde lieblich duften;

       So Romeo, wenn er auch anders hieße,

       Er würde doch den köstlichen Gehalt

       Bewahren, welcher sein ist ohne Titel.

       O Romeo, leg deinen Namen ab,

       Und für den Namen, der dein Selbst nicht ist,

       Nimm meines ganz!

      ROMEO

       [indem er näher hinzutritt.] Ich nehme dich beim Wort. Nenn Liebster mich, so bin ich neu getauft Und will hinfort nicht Romeo mehr sein.

      JULIA

       Wer bist du, der du, von der Nacht beschirmt,

       Dich drängst in meines Herzens Rat?

      ROMEO

       Mit Namen

       Weiß ich dir nicht zu sagen, wer ich bin.

       Mein eigner Name, teure Heilge, wird,

       Weil er dein Feind ist, von mir selbst gehaßt;

       Hätt ich ihn schriftlich, so zerriss' ich ihn.

      JULIA

       Mein Ohr trank keine hundert Worte noch

       Von diesen Lippen, doch es kennt den Ton.

       Bist du nicht Romeo, ein Montague?

      ROMEO

       Nein, Holde; keines, wenn dir eins mißfällt.

      JULIA

       Wie kamst du her? O sag mir, und warum?

       Die Gartenmaur ist hoch, schwer zu erklimmen;

       Die Stätt ist Tod - bedenk nur, wer du bist -,

       Wenn einer meiner Vettern dich hier findet.

      ROMEO

       Der Liebe leichte Schwingen trugen mich,

       Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren;

       Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann,

       Drum hielten deine Vettern mich nicht auf.

      JULIA

       Wenn sie dich sehn, sie werden dich ermorden.

      ROMEO

       Ach, deine Augen drohn mir mehr Gefahr

       Als zwanzig ihrer Schwerter; blick du freundlich,

       So bin ich gegen ihren Haß gestählt.

      JULIA

       Ich wollt um alles nicht, daß sie dich sähn.

      ROMEO

       Vor ihnen hüllt mich Nacht in ihren Mantel.

      


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