Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare

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Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare


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O heiliger Sankt Franz! Was für ein Unbestand!

       Ist Rosalinde schon aus deiner Brust verbannt,

       Die du so heiß geliebt? Liegt junger Männer Liebe

       Denn in den Augen nur, nicht in des Herzens Triebe?

       O heiliger Sankt Franz! Wie wusch ein salzig Naß

       Um Rosalinden dir so oft die Wangen blaß!

       Und löschen konnten doch so viele Tränenfluten

       Die Liebe nimmer dir; sie schürten ihre Gluten.

       Noch schwebt der Sonn ein Dunst von deinen Seufzern vor,

       Dein altes Stöhnen summt mir noch im alten Ohr,

       Sieh, auf der Wange hier ist noch die Spur zu sehen

       Von einer alten Trän, die noch nicht will vergehen.

       Und warst du je du selbst und diese Schmerzen dein,

       So war der Schmerz und du für Rosalind allein.

       Und so verwandelt nun? Dann leide, daß ich spreche:

       Ein Weib darf fallen, wohnt in Männern solche Schwäche.

      ROMEO

       Oft schmältest du mit mir um Rosalinden schon.

      LORENZO

       Weil sie dein Abgott war, nicht weil du liebtest, Sohn.

      ROMEO

       Und mahntest oft mich an, die Liebe zu besiegen.

      LORENZO

       Nicht um in deinem Sieg der zweiten zu erliegen.

      ROMEO

       Ich bitt dich, schmäl nicht! Sie, der jetzt mein Herz gehört,

       Hat Lieb um Liebe mir und Gunst um Gunst gewährt.

       Das tat die andre nie.

      LORENZO

       Sie wußte wohl, dein Lieben

       Sei zwar ein köstlich Wort, doch nur in Sand geschrieben.

       Komm, junger Flattergeist! Komm nur, wir wollen gehn;

       Ich bin aus einem Grund geneigt, dir beizustehn:

       Vielleicht, daß dieser Bund zu großem Glück sich wendet

       Und eurer Häuser Groll durch ihn in Freundschaft endet.

      ROMEO

       O laß uns fort von hier! Ich bin in großer Eil.

      LORENZO

       Wer hastig läuft, der fällt; drum eile nur mit Weil.

       Beide ab.

      VIERTE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Eine Straße

       Benvolio und Mercutio kommen.

      MERCUTIO

       Wo, Teufel, kann der Romeo stecken? Kam er heute nacht nicht nach Hause?

      BENVOLIO

       Nach seines Vaters Hause nicht; ich sprach seinen Diener.

      MERCUTIO

       Ja, dies hartherzge Frauenbild, die Rosalinde,

       Sie quält ihn so, er wird gewiß verrückt.

      BENVOLIO

       Tybalt, des alten Capulet Verwandter,

       Hat dort ins Haus ihm einen Brief geschickt.

      MERCUTIO

       Eine Ausforderung, so wahr ich lebe!

      BENVOLIO

       Romeo wird ihm die Antwort nicht schuldig bleiben.

      MERCUTIO

       Auf einen Brief kann ein jeder antworten, wenn er schreiben kann.

      BENVOLIO

       Nein, ich meine, er wird dem Briefsteller zeigen, daß er Mut hat, wenn man ihm so was zumutet.

      MERCUTIO

       Ach, der arme Romeo; er ist ja schon tot! Durchbohrt von einer weißen Dirne schwarzem Auge; durchs Ohr geschossen mit einem Liebesliedchen; seine Herzensscheibe durch den Pfeil des kleinen blinden Schützen mitten entzweigespalten. Ist er der Mann darnach, es mit dem Tybalt aufzunehmen?

      BENVOLIO

       Nun, was ist Tybalt denn Großes?

      MERCUTIO

       Kein papierner Held, das kann ich dir sagen! Oh, er ist ein beherzter Zeremonienmeister der Ehre. Er ficht, wie Ihr ein Liedlein singt, hält Takt und Maß und Ton. Er beobachtet seine Pausen; eins - zwei - drei; dann sitzt Euch der Stoß in der Brust! Er bringt Euch einen seidnen Knopf unfehlbar ums Leben. Ein Raufer, ein Raufer! Ein Ritter vom ersten Range, der Euch alle Gründe eines Ehrenstreits an den Fingern herzuzählen weiß. Ach die göttliche Passade! Die doppelte Finte! Der!

      BENVOLIO

       Der - was?

      MERCUTIO

       Der Henker hole diese phantastischen, gezierten, lispelnden Eisenfresser! Was sie für neue Töne anstimmen! - »Eine sehr gute Klinge« - »Ein sehr wohlgewachsener Mann!« - »Eine sehr gute Hure!« - Ist das nicht ein Elend, Urältervater! daß wir mit diesen ausländischen Schmetterlingen heimgesucht werden, mit diesen Modenarren, diesen Pardonnez-moi, die so stark auf neue Weise halten, ohne jemals weise zu werden?

       [Romeo tritt auf.]

      BENVOLIO

       Da kommt Romeo, da kommt er!

      MERCUTIO

       Ohne seinen Rogen, wie ein gedörrter Hering. O Fleisch, Fleisch, wie bist du verfischt worden! Nun liebt er die Melodien, in denen sich Petrarca ergoß; gegen sein Fräulein ist Laura nur eine Küchenmagd - Wetter, sie hatte doch einen bessern Liebhaber, um sie zu bereimen! -, Dido eine Trutschel, Kleopatra eine Zigeunerin, Helena und Hero Metzen und lose Dirnen, Thisbe ein artiges Blauauge oder sonst so was, will aber nichts vorstellen.

       Romeo tritt auf. Signor Romeo, bonjour! Da habt Ihr einen französischen Gruß für Eure französischen Pumphosen! Ihr spieltet uns diese Nacht einen schönen Streich.

      ROMEO

       Guten Morgen, meine Freunde! Was für einen Streich?

      MERCUTIO

       Einen Diebesstreich. Ihr stahlt Euch unversehens davon.

      ROMEO

       Verzeihung, guter Mercutio. Ich hatte etwas Wichtiges vor, und in einem solchen Falle tut man wohl einmal der Höflichkeit Gewalt an.

      MERCUTIO

       Das soll wohl heißen, daß in einem solchen Falle ein Mann dazu vergewaltigt wird, sich in den Schenkeln zu verbeugen.

      ROMEO

       Das bedeutet, einen höflichen Knicks zu machen.

      MERCUTIO

       Du hast es allergnädigst erfaßt.

      ROMEO

       Eine äußerst höfliche Auslegung.

      MERCUTIO

       Ich bringe die Höflichkeit zur höchsten Blüte.

      ROMEO

       Blüte steht für Blume.

      MERCUTIO

       Richtig.

      ROMEO

      


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