Take me down under: Melbourne im Blut. Raik Thorstad

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Take me down under: Melbourne im Blut - Raik Thorstad


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auf seinem Hocker. In seinen Adern pulsierte immer noch das tiefe Gefühl der Zufriedenheit, das Duncan ihm verschafft hatte. Auch Wayne hatte seinen Anteil gehabt. Es hatte so gutgetan, nach all der Quälerei einen Körper an seinem zu spüren und einen Mund vor sich zu haben, den man küssen konnte.

      Phoenix legte die Hände auf die Oberschenkel. Dass er sich zuvor entspannt hatte, zeigte sich erst jetzt, da Unsicherheit und Verlegenheit in seine Körpersprache zurückkehrten. »Tja…«, murmelte er. »Wo wir gerade schon bei…« Er unterbrach sich und schüttelte kaum merklich den Kopf. Seine Finger trommelten auf den Stoff seiner Jeans. Dann suchte er mit vorgeschobenem Kinn Jordans Blick. »Wie funktioniert das hier?«, fragte er schließlich barsch. »Wenn ich mich von dir in die Szene einführen lassen will, meine ich. Vergibst du Termine oder komme ich einfach vorbei oder…? Und, na ja… Dann wäre da noch die Frage, was mich das kosten würde.«

      Jordan versteifte sich innerlich. Für einen Moment hatte er vergessen, dass Katy gewisse Erwartungen in Phoenix geweckt hatte. Erwartungen, von denen sein Instinkt ihm nach wie vor abriet, sie zu erfüllen. Ja, sie hatten sich unterhalten. Ja, Phoenix hatte ihn mit der einen oder anderen Äußerung positiv überrascht. Aber Jordan wusste, dass er sich diesem Mann nicht ausliefern durfte. Er strahlte keine Sicherheit aus.

      Und dann war da noch die andere Sache.

      »Ich bin kein Stricher«, sagte Jordan fest. »Wir bieten hier einen sicheren Rahmen, Getränke, ein paar Snacks und Räume an, in denen unsere Gäste sich ausleben können. Aber ich stehe nicht auf der Speisekarte.«

      Phoenix zuckte unübersehbar zurück. Es dauerte einen Augenblick, bis er seine Sprache wiedergefunden hatte. »Das wollte ich auch nicht unterstellen. Nur, dass… Na ja, wenn man zum Klavierunterricht geht, um etwas beigebracht zu bekommen, dann kann man ja auch nicht erwarten, dass einem die Zeit umsonst geopfert wird.« Er kniff die Augen zusammen und spähte dann blinzelnd aus dem rechten heraus. »Ich rede mich gerade um Kopf und Kragen, oder?«

      Jordan fiel keine passende Antwort ein. Er schwankte zwischen Belustigung und Gereiztheit. Sicher, Phoenix war nicht der Erste, der ihm verschämt Geld anbot oder auch offen versuchte, seine Dienste zu kaufen. Und irgendwie konnte er es sogar verstehen. So, wie Phoenix es ausdrückte, ergab es Sinn, sich nach einem Tarif zu erkundigen. Es bedeutete letztendlich, dass er es nicht für selbstverständlich hielt, dass man sich mit ihm befasste.

      Doch was Jordan im Club tat, war sein geliebtes Hobby, etwas, das ihn erfüllte und glücklich machte. Etwas, das er gern mit anderen teilte und freiwillig verschenkte, wenn er es für richtig hielt. Jede andere Regelung hätte die Gefahr mit sich gebracht, den Zauber zu zerstören.

      »Ich bin aber nun mal kein Klavierlehrer, eher ein Hobbymusiker«, sagte er versöhnlich. »Und das bedeutet in erster Linie, dass ich mir aussuchen kann, mit wem ich mich zum Jammen zusammentue. Ich sage es dir lieber gleich: Ich habe bisher nur einen groben Eindruck, wie du tickst, aber ehrlich gesagt glaube ich, dass wir keine gute Paarung abgeben würden.« Das war netter, als Phoenix wissen zu lassen, dass Jordan nicht überzeugt war, dass er zum Dom geeignet war. Egal, für wen. »Aber wenn du Fragen hast, ich dir eine Tour durch den Club geben soll oder du dir einfach mal ein paar Handwerksgeräte anschauen willst, die du bisher nie in echt gesehen hast… Dann bin ich dein Mann.«

      Die Enttäuschung war nicht zu übersehen – sie zeigte sich im Absenken von Schultern und Lidern – und es tat Jordan aufrichtig leid, sie verursacht zu haben. Aber Phoenix musste sowieso früher oder später lernen, mit Zurückweisungen durch einen Sub umzugehen. Er musste begreifen, wie fragil das Gespinst zwischen ihnen allen war. Nur von außen sah es nach Stahlträgern und daumendickem Leder aus. Warum dann nicht schon heute die erste Lektion verinnerlichen? Immerhin wollte er lernen.

      Halb rechnete Jordan damit, dass Phoenix sich verabschiedete. Sein Unbehagen schwebte zwischen ihnen wie ein unangenehmer Geruch – nicht greifbar, doch unzweifelhaft da. Doch wieder gelang es Phoenix, ihn zu überraschen. »Das ist nett von dir. Ich glaube, ich habe fürs Erste gar nicht so viele Fragen, aber ich würde mir den Club gern genauer anschauen und auch die… Ausrüstung.«

      »Dann machen wir das«, erwiderte Jordan. »Nicht unbedingt heute.« Er wies mit dem Daumen über die Schulter zu dem Flurdurchgang, der zu einigen der Separees führte. »Wir sind ausgebucht. Heißt, entweder sind die Räume belegt oder werden gerade sauber gemacht. Am besten treffen wir uns mal tagsüber.«

      »Danke.« Phoenix presste die Lippen aufeinander. »Und entschuldige. Ich wollte dir nicht auf die Zehen treten.«

      Mumm. Einsicht. Und die Fähigkeit, dich zu entschuldigen. Du machst Punkte, Feuervogel, du machst Punkte. Wenigstens als Mensch.

      »Ist schon gut. Ich verstehe, woher es kommt, und du bist auch nicht der Erste, der es missverstanden hat.« Jordan zwinkerte ihm zu.

      Phoenix stutzte kurz, dann breitete sich langsam ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Ich weiß nicht, ob mich das beruhigt oder eher nervös machen sollte.«

      Jordan grinste. »Im Zweifelsfall immer beides.«

      ***

      Der Brief war mit einem Streifen Klebeband an der Tür angebracht worden. Phoenix erkannte die Handschrift sofort. Sie ließ ihn auf der letzten Stufe erstarren. Sein Magen hob sich und revanchierte sich für all die Aufregung, die dieser Abend mit sich gebracht hatte. Seine Magenwände interessierten sich Phoenix' Erfahrung nach nicht dafür, ob er sexuell erregt, aufgeregt wie ein Kind zu Weihnachten oder gestresst war. Sie bestraften ihn jedes Mal, wenn sich sein Puls beschleunigte und Adrenalin durch seinen Körper jagte.

      Nach einem unbestimmten Zeitraum konnte er seine Füße dazu überreden, den letzten Schritt nach vorn zu wagen. Er wollte keine Post. Er wollte nicht, dass sich Brücken öffneten, die er zuvor mühsam niedergebrannt hatte. Aber genauso gut wusste er, dass es kein Entrinnen gab. Ein Umzug und eine neue Anstellung konnten nicht ungeschehen machen, was er angerichtet hatte.

      Phoenix entfuhr ein freudloses Auflachen, als er endlich nach dem Brief griff. Wahrscheinlich war er unten im Büro gelandet und Josephine hatte ihn nach Feierabend hier hinterlegt. Er wünschte, sie hätte ihm noch eine Nacht Gnadenfrist gewährt.

      Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzte er sich auf sein Bett. Er hatte es am Morgen nicht aufgeschüttelt und die Laken nicht gerade gezogen. Er war es nicht gewohnt, sich solcher Kleinigkeiten selbst anzunehmen. Nun ärgerte er sich über die Falten im Stoff und auch über den verbrauchten Geruch, der aus der Baumwolle aufstieg.

      Ich muss einen Waschsalon finden, fiel ihm ein. Ich kann meine Unterhosen nicht dauernd in der Dusche ausspülen. Es war ein abstruser und irgendwie elender Gedanke, aber immer noch besser als das, was der Brief mit ihm anrichtete. Hätte das Papier Augen besessen, hätten sie geglüht.

      Phoenix wollte den Umschlag verschwinden, ihn vielleicht hinter den Schrank rutschen lassen. Aber er hatte sich geschworen, dass er sich nie wieder eine solche Nachlässigkeit erlauben würde, dass er überhaupt nie wieder zulassen würde, dass sein Verhalten anderen schadete.

      Und es hätte Schaden angerichtet, den Brief seiner Mutter zu ignorieren.

      Der Umschlag riss ein, als Phoenix ihn öffnete, und mit ihm auch der eng beschriebene Briefbogen, der herausrutschte. Es kostete Phoenix Überwindung, ihn nicht fallen zu lassen, aber sobald er die schräge, gestochen scharfe Handschrift seiner Mutter sah, begann er automatisch zu lesen.

      Mein lieber Phoenix,

      begann sie.

      ich schreibe dir, weil ich nicht weiß, was geschieht, wenn wir miteinander telefonieren. Unser letztes Gespräch vor deiner Abreise war fürchterlich. Ich glaube, es ist gerade nicht gut, wenn wir direkt miteinander reden. Ich verliere zu schnell die Fassung und werde dann ungerecht und du bist auch kein Engel. Aber wer von uns ist das schon?

      Ursprünglich habe ich mir vorgenommen, dich fürs Erste in Ruhe zu lassen, damit du dich in Melbourne eingewöhnen kannst. Ich bin mir sicher, dass du bei Randy gut aufgehoben bist. Er war uns immer ein guter Freund und ist es auch jetzt. Bitte grüß ihn von mir.

      Aber


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