Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch

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Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch


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des Po­len­kö­nigs Si­gis­mund, er­hal­ten hat­te. Si­gis­mund sei ein gu­ter, from­mer Mann, sag­te sie, und ihr als Ei­dam wert, aber all­zu sanft­mü­tig und den bos­haf­ten Schwe­den nicht ge­wach­sen, wie er denn ein fei­er­li­ches Ver­spre­chen ge­ge­ben habe, die lu­the­ri­sche Re­li­gi­on in Schwe­den zu er­hal­ten und zu schüt­zen; denn sonst hät­ten ihm die un­bot­mä­ßi­gen Stän­de nicht hul­di­gen wol­len. Da­hin­ter ste­cke nie­mand an­ders als Karl, sein Oheim, der, als ein ech­ter Ab­kömm­ling der bö­sen, wöl­fi­schen Wa­sa­brut, selbst auf den Thron spe­ku­lie­re. Nach­dem nun Si­gis­mund das lei­di­ge Ver­spre­chen ein­mal ge­ge­ben habe, sol­le er sich we­nigs­tens nicht dar­an ge­bun­den hal­ten; denn den Un­ter­ta­nen ste­he kei­ner­lei Recht zu, den ih­nen von Gott ge­setz­ten Her­ren Eide und Bünd­nis­se ab­zu­neh­men, son­dern als gott­lo­se Räu­ber sol­le er sie ein­fach zu Paa­ren trei­ben. Auch sei Anna sehr trau­rig dar­über, dass es so ge­kom­men sei und dass sie sich von den lu­the­ri­schen Af­fen hät­te müs­sen krö­nen und sal­ben las­sen, wel­ches doch nicht mehr zu be­deu­ten habe, als wenn man von ei­nem Ba­der we­gen ei­nes Aus­sat­zes oder an­de­ren Scha­dens ge­schmiert wer­de. Könn­te sie nur al­len ih­ren Mut und ihre Über­zeu­gung ein­flö­ßen, so wür­den die Un­ru­hen und Em­pö­run­gen, das Ge­schrei der toll­köp­fi­gen Bau­ern um freie Re­li­gi­ons­übung und das Lär­men der Prä­di­kan­ten auf den Kan­zeln ein­mal auf­hö­ren. Die Bau­ern ge­hör­ten an den Pflug, die Bür­ger in ihre Werk­statt und die Prä­di­kan­ten an den Gal­gen; hiel­te man sich dar­an, so wür­de der lie­be Frie­de und die alte Ord­nung bald wie­der her­ge­stellt sein. Frei­lich müs­se zu­erst der über­mü­ti­ge Adel ge­beugt wer­den, da­mit das ket­ze­ri­sche Volk kei­nen Rück­halt mehr an ihm fin­den kön­ne.

      Er wol­le schon Ord­nung schaf­fen, sag­te Fer­di­nand, der sich be­müht hat­te, auf­merk­sam zu­zu­hö­ren; wenn er drei Jah­re re­giert hät­te, sol­le kei­ner mehr im Lan­de sein, der nicht das Knie beug­te, wenn die Pro­zes­si­on vor­über­ge­he. Er wol­le den großen Prahl­han­sen schon ein Ge­biss ins Maul klem­men, die stör­ri­schen Ket­ze­re­sel soll­ten ihm Sä­cke in sei­ne Müh­le tra­gen.

      Ma­ria zähl­te ei­ni­ge Her­ren vom Adel auf, die ihr am meis­ten zu schaf­fen mach­ten, die Rä­knitz, die Pra­un­falk und die Win­disch­grätz. Be­reits hät­ten sie sich beim Al­ten, näm­lich beim Kai­ser, be­klagt, dass sie sie Un­ter­ta­nen ge­hei­ßen hät­te; und doch müss­ten sie wohl Un­ter­ta­nen sein, wenn der Fürst der Herr sei. Sie steck­ten mit al­len Ket­zern und Auf­rüh­rern in Ös­ter­reich, Schle­si­en und Mäh­ren, ja auch in Böh­men und Un­garn zu­sam­men, wo es an der­glei­chen nie ge­fehlt habe, und möch­ten etwa gar freie Schwei­zer oder Hol­län­der sein. Ein hüb­scher Staat ohne gött­li­ches und ir­di­sches Haupt, eine schö­ne Ord­nung, wo die Un­ter­ta­nen mit ih­rem kur­z­en Ver­stan­de Gott und die hei­li­ge Kir­che läs­tern dürf­ten, ohne dass ei­ner sie beim Schop­fe neh­me. Sie wis­se auch im Reich drau­ßen manch einen, der da­bei sein möch­te.

      »Sie wer­den schon zu Kreu­ze krie­chen, wenn der Fer­di­nand die Zü­gel führt«, sag­te die­ser la­chend.

      Wenn sie nur er­rei­chen könn­te, mein­te Ma­ria, dass er ein paar Jah­re frü­her mün­dig er­klärt wer­de; die habs­bur­gi­sche Vor­mund­schaft sei doch nur eine Miss­wirt­schaft. Es kom­me dar­auf an, dass er sich sei­nem Oheim, dem Kai­ser Ru­dolf, per­sön­lich vor­stel­len kön­ne; der Rat Rumpf, der al­les beim Al­ten ver­mö­ge, sei ein gu­ter Freund von ihr und habe sich be­reit er­klärt, einen sol­chen Be­such zu ver­mit­teln. In­zwi­schen müs­se Fer­di­nand sich in kör­per­li­chen Übun­gen ver­voll­komm­nen, da­mit er eine an­stän­di­ge Hal­tung be­kom­me, nicht wie ein Ham­pel­mann ein­her­ge­he, müs­se sich ein erns­tes, auf­rich­ti­ges, be­schei­de­nes Be­tra­gen an­ge­wöh­nen, um auf Ru­dolf einen güns­ti­gen Ein­druck zu ma­chen, denn da­von hän­ge nun ein­mal al­les ab.

      »Ich bin gut ge­nug für den al­ten Un­flat!« sag­te Fer­di­nand, in­dem er die lan­ge Un­ter­lip­pe hän­gen ließ, un­ter­brach sich aber so­gleich, von der Mut­ter derb am Arme ge­schüt­telt. Er hät­te eine Maul­schel­le ver­dient, rief sie zor­nig; wie er so frech von der kai­ser­li­chen Ma­je­stät re­den dür­fe! Wenn das sei­ne jün­ge­ren Ge­schwis­ter ge­hört hät­ten!

      Sie hät­ten es oft ge­nug von ihr ge­hört, brumm­te Fer­di­nand, wie er es auch nicht aus sich sel­ber habe. Sie habe ge­sagt, dass er sich Hu­ren hal­te und mit ge­mei­nen Leu­ten und Ket­zern sau­fe und schänd­li­che Küns­te trei­be.

      »Dir ziemt nicht, al­les zu sa­gen, was mir ziemt«, sag­te sie un­wirsch, »denn du kannst nicht un­ter­schei­den, wo und wann du den Mund auf­tun sollst.« Sie sei Ru­dolfs Freun­din nie ge­we­sen, aber er sei nun ein­mal der Kai­ser und habe ihr Schick­sal in sei­nen Hän­den, dar­um müs­se Fer­di­nand sich Mühe ge­ben, ihm zu ge­fal­len.

      Schließ­lich er­öff­ne­te Ma­ria ih­rem Soh­ne einen Aus­blick in die Zu­kunft: Bis jetzt hät­ten we­der der Kai­ser noch sei­ne le­ben­den Brü­der einen Er­ben; er so­wie Matt­hi­as, Ernst und Al­brecht wä­ren un­ver­mählt, Ma­xi­mi­li­an dür­fe als Deutschor­dens­meis­ter nicht hei­ra­ten, der Sohn Fer­di­n­ands von Ti­rol sei als Kind der Wel­se­rin un­eben­bür­tig, nur der jüngs­te Bru­der, Karl, sein ver­stor­be­ner Va­ter, habe Söh­ne in der Ehe er­zeugt. Er­sicht­lich ste­he das Haus un­ter der Ma­le­dik­ti­on Got­tes, die es sich durch Lau­heit im Glau­ben zu­ge­zo­gen habe, und so wäre es nicht un­mög­lich, dass noch ein­mal alle habs­bur­gi­schen Län­der auf ihn kämen. Wenn Gott es so füge, sei da­bei je­den­falls sei­ne Ab­sicht, einen from­men Glau­bens­hel­den an die Herr­schaft zu brin­gen, der die ka­tho­li­sche Kir­che wie­der­her­stel­len wer­de, und ob­schon er na­tür­li­cher­wei­se sei­nen Ohei­men nichts Übles wün­schen dür­fe, viel­mehr fort­fah­ren sol­le, für ihre Ge­sund­heit und Fort­pflan­zung zu be­ten, so müs­se er sich doch im Stil­len auf sein großes Amt vor­be­rei­ten, falls Gott im Schil­de füh­re, ihn da­hin zu er­hö­hen.

      Fer­di­nand war ein we­nig rot ge­wor­den; aber er sag­te leicht­hin, warum soll­te denn der Kai­ser nicht noch hei­ra­ten und Nach­kom­men­schaft er­zie­len, da er doch Hu­ren­kin­der habe. Auch Matt­hi­as, Ernst und Al­brecht wä­ren noch in den Jah­ren, sich zu ver­mäh­len; mit so wei­taus­se­hen­den Sa­chen wol­le er sich nicht ernst­lich ab­ge­ben.

      Dank den An­wei­sun­gen, die sein Be­schüt­zer, Mi­nis­ter Rumpf, dem Kna­ben gab, wie auch durch sei­ne na­tür­li­che Un­be­fan­gen­heit und Schlau­heit fiel Fer­di­n­ands Be­such am Kaiser­ho­fe gut aus; über­haupt hat­te der Kai­ser an jun­gen Leu­ten, die sich ihm mit be­schei­de­ner Be­wun­de­rung und Ehr­er­bie­tung nä­her­ten, Wohl­ge­fal­len und lieb­te es, Spä­ße mit ih­nen zu ma­chen, bei de­nen er eine an­mu­tig über­le­ge­ne Freund­lich­keit ent­fal­ten konn­te. Fer­di­nand kehr­te nicht we­nig ge­ho­ben nach Graz zu­rück und muss­te sich man­che Ne­cke­rei von Sei­ten der Ge­schwis­ter ge­fal­len las­sen, die das pomp­haf­te We­sen an dem Dä­mel, wie sie Fer­di­nand nann­ten, der beim Spiel der Al­b­erns­te war, nicht lei­den konn­ten.

      Es schi­en in der Tat, als wol­le Gott das Haus der Erz­her­zo­gin Ma­ria er­hö­hen; denn nach vie­len Wei­te­run­gen, die die Lau­nen­haf­tig­keit des grei­sen Kö­nigs von Spa­ni­en, Phil­ipps II., ver­ur­sach­te, kam end­lich die Ver­lo­bung zwi­schen sei­nem Soh­ne Phil­ipp, dem Thron­fol­ger, und ih­rer Toch­ter,


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