Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo


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es nicht wahr, dass es das Mental ist, welches dem Mental befiehlt und sich selbst ungehorsam ist. Es gibt viele Ebenen des Mentals, und jede ist eine Kraft für sich mit ihren Formen, Wirkungsweisen und Interessen, und sie brauchen durchaus nicht übereinzustimmen. Ein Teil des Mentals mag spirituell beeinflusst sein und gern an das Göttliche denken und dem spirituellen Impuls folgen, ein anderer Teil mag rational ausgerichtet sein, wissenschaftlich oder literarisch, und es vorziehen, jenen Formen, Ansichten oder Zweifeln, jenen mentalen Vorlieben und Interessen zu folgen, die mit seiner Erziehung und Natur übereinstimmen. Doch ganz abgesehen davon mag das, was in St. Augustin befahl, sehr wohl das denkende Mental, der Verstand gewesen sein, während der Befehlsempfänger das Vital war – und Mental und Vital, was immer man sagen mag, sind nicht das gleiche. Das denkende Mental oder die buddhi lebt im Menschen – wenn auch unvollständig – durch den Verstand und die Vernunft. Andererseits besteht das Vital aus Begierden, Impulsen, Triebkräften, Gefühlen, Sinneswahrnehmungen, dem Suchen nach Lebenserfüllung, nach Besitz und Vergnügen; dies sind seine Funktionen und seine Natur; es ist jener Teil in uns, der das Leben und seine Bewegungen um ihrer selbst willen sucht und seinen Griff nicht lockern will, selbst wenn ihm dies ebenso viel oder sogar noch mehr Leiden als Freuden bringt; es ist sogar fähig, in Tränen und Leid als einem Bestandteil des Lebensdramas zu schwelgen. Was also hat der denkende Verstand mit dem Vital gemein, und warum sollte letzteres dem Mental gehorchen und nicht der eigenen Natur folgen? Der Ungehorsam ist vollkommen normal und nicht, wie Augustin meint, unerklärlich. Natürlich kann ein Mensch eine mentale Kontrolle über sein Vital errichten, und in dem Maße, wie er es tut, ist er ein Mensch – denn das denkende Mental ist ein edleres und erleuchteteres Wesen und Bewusstsein als das Vital und sollte aus diesem Grund das Übergewicht haben und hat es auch, vorausgesetzt, dass der mentale Wille stark ist. Doch diese Regel ist unsicher und unvollständig und besitzt nur Gültigkeit, wenn viel Selbstdisziplin vorhanden ist. Denn wenn auch das Mental erleuchtet ist, so steht das Vital doch der Erde umso näher und kann desto intensiver, kraftvoller und unmittelbarer den Körper beeinflussen. Es gibt auch ein vitales Mental, das von Phantasien lebt, von Wunschgedanken, von dem Willen, aus eigenem Impuls zu handeln und zu genießen; dieses ist fähig, vom Verstand als solchem Besitz zu ergreifen und ihn zu seinem Verbündeten zu machen, zu seinem rechtfertigenden Berater und Lieferanten von Vorwänden und Entschuldigungen. Es gibt auch die reine Kraft des Begehrens im Menschen, die Hauptstütze des Vitals, die stark genug ist, den Verstand fortzureißen – die Gita sagt: „wie ein Boot auf sturmbewegten Wassern“, navamivambhasi.

      Und schließlich gehorcht zwar der Körper dem Mental automatisch in jenen Dingen, in denen zu gehorchen er geformt oder erzogen wurde, doch ist die Beziehung des Körpers zum Mental nicht immer die eines automatischen und vollkommenen Instrumentes. Der Körper hat ebenfalls ein eigenes Bewusstsein, und obwohl dies ein untermentales Instrument oder ein „dienendes“ Bewusstsein ist, kann es ungehorsam sein oder in seinem Gehorsam versagen. In vielen Dingen, in Fragen der Gesundheit und Krankheit zum Beispiel, in allen automatischen Funktionen handelt der Körper selbständig und ist kein Diener des Mentals. Sobald er ermüdet, vermag er dem Willen des Mentals einen passiven Widerstand entgegenzusetzen. Er kann ihn mit tamas umwölken, mit Trägheit, Dumpfheit, mit den Schwaden des Unterbewussten, so dass das Mental nicht zu handeln vermag.... Wenn du der Hand befiehlst, eine gerade Linie zu ziehen oder Musik zu spielen, kann und wird sie es anfangs nicht tun. Sie muss geschult, geübt, belehrt werden, und dann tut sie automatisch, was man von ihr erwartet. All dies beweist, dass es ein Körper-Bewusstsein gibt, welches die Dinge auf Befehl des Mentals tun kann, jedoch zuerst geweckt und geschult und zu einem guten und bewussten Instrument gemacht werden muss. Es kann so sehr geschult werden, dass ein mentaler Wille oder Einfluss eine Krankheit des Körpers heilen kann. Doch all diese Dinge, diese Beziehungen zwischen Mental und Körper stehen im wesentlichen auf der gleichen Grundlage wie die Beziehungen zwischen Mental und Vital und sind keine so einfache und primäre Angelegenheit, wie Augustin es wahrhaben will.

      Dies stellt das Problem auf eine andere Ebene, die Ursachen werden klarer, und wenn wir bereit sind, weit genug zu gehen, bietet sich der Ausweg an, der Weg des Yoga.

      P. S. All dies hat nichts zu tun mit dem mitwirkenden und sehr wichtigen Faktor der vielfachen Personalität, dem die psychologische Forschung neuerdings auf noch ziemlich unbestimmte Weise Rechnung trägt. Dies ist eine noch verwickeltere Angelegenheit.

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      Wenn das Mental dem Göttlichen und der Wahrheit zugewandt ist und ausschließlich oder hauptsächlich diese fühlt oder auf sie reagiert, kann es ein seelisches Mental genannt werden – es wurde durch den Einfluss des seelischen Wesens auf der mentalen Ebene geformt.

      Das spirituelle Mental ist ein Mental, das sich in seiner Fülle des Selbstes bewusst ist und das Göttliche widerspiegelt, das die Natur des Selbstes und seine Beziehungen zur Manifestation erkennt und versteht, das darin lebt oder Kontakt dazu hat, das ruhig und weit und für das höhere Wissen offen ist und nicht durch das Spiel der Kräfte beunruhigt wird. Sobald es sein völlig befreites Stadium erreicht hat, wird sein zentraler Sitz meist über dem Kopf gefühlt, obwohl sein Einfluss sich nach unten durch das ganze Wesen und nach außen durch den Raum ausdehnen kann.

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      Spirituelle Befähigung bedeutet lediglich die natürliche Befähigung für wahre spirituelle Erfahrung und Entwicklung. Man kann sie auf jeder Ebene erlangen, und ihr normales Ergebnis ist, dass man mit dem Selbst und den höheren Ebenen leicht in Kontakt kommt.

      Das seelische Mental und die mentale Seele sind praktisch das gleiche – eine Regung des Mentals, in welcher der seelische Einfluss vorherrscht, wird die Seele im Mental oder das seelische Mental genannt.

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      Das höhere Mental ist eine der Ebenen des spirituellen Mentals, und zwar die erste und niedrigste von ihnen; sie liegt über der normalen mentalen Ebene. Das innere Mental ist jenes, das hinter dem Oberflächen-Mental liegt (unserer gewöhnlichen Mentalität), und seine unmittelbare Erfahrung kann man allein durch die Sadhana erlangen (von seinen vrttis im Oberflächen-Mental abgesehen, wie Philosophie, Poesie, Idealismus usw.). durch die man die Gewohnheit des Wesens, an der Oberfläche zu leben, durchbricht und sich tiefer nach innen wendet.

      Das größere Mental ist ein allgemeiner Ausdruck, um jene Bereiche des Mentals zu bezeichnen, in die wir eintreten, wenn wir uns nach innen wenden oder in das kosmische Bewusstsein weiten.

      Das wahre mentale Wesen ist nicht das gleiche wie das innere Mental – das wahre Mental, das wahre Vital, das wahre Physische ist gleichbedeutend mit dem Purusha der jeweiligen Ebene, der vom Irren und unwissenden Denken und Wollen der niederen Prakriti frei und unmittelbar dem Wissen und der Führung von oben zugänglich ist.

      Der Ausdruck „höheres Vital“ bezieht sich meist auf das vitale Mental und das Gefühls-Wesen, im Gegensatz zum mittleren Vital, das seinen Sitz im Nabel hat und dynamisch, sinnlich und leidenschaftlich ist und dem niedrigeren Vital, das aus den kleinen Regungen der menschlichen Lebensbegierden und Lebensreaktionen besteht.

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      Alles hier, das strenggenommen zur Erdebene gehört, wird aus dem Unbewussten entwickelt, aus der Materie – doch das essentielle mentale Wesen besteht bereits, nicht involviert, auf der mentalen Ebene. Hier auf der Erdebene wird lediglich das persönliche Mental durch etwas entwickelt, das sich aus dem Unbewussten erhebt und sich unter einem Druck von oben entfaltet.

      Die Neigung zu fragen und zu wissen ist an sich gut, doch muss sie unter Kontrolle gehalten werden. Was man für den Fortschritt in der Sadhana braucht, wird am ehesten durch ein Wachsen des Bewusstseins, der Erfahrung und des intuitiven Wissens gewonnen.

      Über dem Scheitelpunkt des Kopfes befinden sich das universale oder Göttliche Bewusstsein und die Göttliche Kraft. Die Kundalini ist die latente Macht, die in den cakras ruht.

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      Das eigentliche Mental gliedert sich in drei Teile – denkendes Mental, dynamisches Mental und sich ausdrückendes Mental – ersteres befasst sich mit Ideen und Wissen um ihrer selbst willen, das zweite mit dem Hervorbringen mentaler Kräfte zur Verwirklichung einer Idee, das dritte mit deren Ausdruck im Leben (nicht nur durch die Sprache, sondern in jeder


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