Stolz und Vorurteil. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil - Jane Austen


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Wunder«, entgegnete er, »sie ist das Werk von Generationen.«

      »Und Sie haben ja auch das Ihre dazu getan; Sie kaufen doch ständig Bücher.«

      »In Zeiten wie heute halte ich die Vernachlässigung einer Familienbibliothek für unverantwortlich.«

      »Vernachlässigung! Ich bin sicher, Sie vernachlässigen nichts, was einen so stattlichen Besitz noch schöner macht. Charles, wenn du dein Haus baust, hoffentlich wird es dann wenigstens halb so prächtig wie Pemberley.«

      »Ja, hoffentlich.«

      »Ich rate dir ernsthaft, Land in der Umgebung zu kaufen, und Pemberley als eine Art Modell für dein Haus zu nehmen. Es gibt keine vornehmere Gegend in England als Derbyshire.«

      »Von Herzen gern, ich werde Pemberley kaufen, wenn Darcy es mir überlässt.«

      »Charles, ich meine es ernst!«

      »Aber liebe Caroline, es scheint mir einfacher, Pemberley zu kaufen als nachzuahmen.«

      Elizabeth war durch das, was um sie herum vorging, so gefesselt, dass sie ihrem Buch nicht viel Aufmerksamkeit zuwenden konnte, und so legte sie es bald beiseite, ging zum Kartentisch hinüber und setzte sich zwischen Mr. Bingley und seine ältere Schwester, um beim Spiel zuzusehen.

      »Ist Miss Darcy seit letztem Frühjahr sehr gewachsen?«, fragte Miss Bingley. »Wird sie so groß wie ich?«

      »Ich glaube ja, sie ist jetzt ungefähr so groß wie Miss Elizabeth Bennet, eher etwas größer.«

      »Wie ich mich danach sehne, sie wiederzusehen. Noch nie hat es mir jemand so angetan. Ihr ausdrucksvolles Gesicht, ihr Auftreten und diese Bildung für ihr Alter! Ihr Klavierspiel ist bezaubernd.«

      »Es überrascht mich immer«, sagte Bingley, »woher die jungen Damen die Geduld nehmen, so gebildet zu werden.«

      »Alle jungen Damen gebildet! Mein lieber Charles! Was soll das heißen?«

      »Ja, alle, finde ich. Alle bemalen sie Tischchen, sticken Bildchen und knüpfen Täschchen. Ich kenne keine Frau, die das nicht alles kann. Jedenfalls hat mir gegenüber noch nie jemand eine Dame erwähnt, ohne zu berichten, wie gebildet sie ist.«

      »Deine Liste mit den üblichen Fähigkeiten«, sagte Darcy, »stimmt genau. Sie trifft auf viele Frauen zu, die Bildung durch nichts anderes als Knüpfen und Malen erwerben. Aber deiner Hochachtung für die Damen im Allgemeinen kann ich auf keinen Fall zustimmen. Ich kann mich nicht rühmen, unter all meinen Bekannten mehr als ein halbes Dutzend Damen zu haben, die wirklich gebildet sind.«

      »Ich auch nicht«, sagte Miss Bingley.

      »Dann stellen Sie an eine gebildete Dame aber sehr hohe Ansprüche«, bemerkte Elizabeth.

      »Ja, sehr hohe Ansprüche.«

      »Natürlich«, rief seine treue Gehilfin, »niemand kann als wirklich gebildet gelten, der nicht den alltäglichen Durchschnitt weit überragt. Eine Frau muss eine umfassende Kenntnis von Musik, Gesang, Zeichnen, Tanzen und den modernen Sprachen haben, um die Bezeichnung zu verdienen; darüber hinaus muss sie das gewisse Etwas in ihrer Stimme und in ihrem Auftreten und Ausdruck haben, oder sie verdient die Bezeichnung nur zum Teil.«

      »All das muss sie auszeichnen«, fügte Darcy hinzu, »aber etwas Wesentliches muss noch hinzukommen: Sie muss ihren Horizont durch ausgedehnte Lektüre erweitern.«

      »Dann wundert es mich gar nicht, dass Sie nur sechs gebildete Frauen kennen; ich bin eher überrascht, dass Sie überhaupt welche kennen.«

      »Halten Sie so wenig von Ihrem eigenen Geschlecht, dass Sie die Möglichkeit dazu ausschließen?«

      »Mir ist jedenfalls eine solche Frau noch nie begegnet. Mir ist eine solche Verbindung von Auffassungsgabe und Geschmack und Strebsamkeit und Eleganz, wie Sie sie beschreiben, noch nie begegnet.«

      Mrs. Hurst und Miss Bingley protestierten lautstark gegen die Ungerechtigkeit der von Elizabeth vorgebrachten Zweifel und behaupteten beide, sie kennten viele Frauen, auf die Darcys Beschreibung zutreffe, bis Mr. Hurst sie mit bitteren Klagen über ihre Unaufmerksamkeit beim Spiel zur Ordnung rief. Ihr Gespräch endete deshalb hier, und Elizabeth verließ kurz darauf das Zimmer.

      »Eliza Bennet«, sagte Miss Bingley, als sich die Tür hinter ihr schloss, »ist eine von diesen jungen Damen, die sich dem anderen Geschlecht durch Untertreibung ihrer Fähigkeiten empfehlen wollen, und ich habe fast den Eindruck, dass viele Männer darauf hereinfallen. Aber ich finde, das ist ein sehr schäbiger Trick.«

      »Unbedingt«, sagte Darcy, an den diese Bemerkung vor allem gerichtet war, »alle Tricks, die gewisse Damen zum Männerfang anzuwenden geruhen, sind schäbig. Alles, was nach Hinterlist aussieht, ist verächtlich.«

      Miss Bingley war so wenig beglückt von seiner Antwort, dass sie nicht an einer Fortsetzung des Gesprächs interessiert war.

      Elizabeth kam für einen Augenblick wieder herein, um ihnen zu sagen, dass es ihrer Schwester schlechter gehe und sie sie nicht allein lassen könne. Bingley drang darauf, Mr. Jones sofort holen zu lassen, aber die Schwestern waren überzeugt, ein Landapotheker könne hier nicht helfen, und empfahlen, durch Eilboten einen der berühmtesten Ärzte aus London herzubemühen. Aber Elizabeth lehnte das ab. Sie stimmte eher dem Bruder zu, und so wurde beschlossen, Mr. Jones gleich am nächsten Morgen rufen zu lassen, wenn es Miss Bennet bis dahin nicht wesentlich besser ginge. Bingley war sehr beunruhigt, und seine Schwestern behaupteten, sie fühlten sich ganz elend. Allerdings trösteten sie sich nach dem Abendessen mit Duetten über ihren Jammer hinweg, während Bingley nicht ruhte, bis seine Haushälterin genaue Anweisungen bekommen hatte, dem kranken Gast und seiner Schwester jede Bequemlichkeit zu schaffen.

      Kapitel 9

      Elizabeth verbrachte den größeren Teil der Nacht im Zimmer ihrer Schwester und konnte zu ihrer Freude sowohl Mr. Bingley, der sich schon früh durch ein Dienstmädchen nach Janes Befinden erkundigte, als auch zwei eleganten Damen, den Zofen seiner Schwestern, eine einigermaßen zufriedenstellende Antwort geben. Aber trotz dieser Besserung bat sie, eine Nachricht nach Longbourn zu schicken, ihre Mutter möge Jane besuchen und sich ein eigenes Urteil von ihrem Zustand bilden. Die Nachricht wurde augenblicklich abgeschickt und ihr Inhalt befolgt. Begleitet von ihren beiden jüngsten Töchtern, traf Mrs. Bennet kurz nach dem Frühstück ein.

      Wäre Janes Zustand ihrer Meinung nach bedenklich gewesen, dann wäre ihr das sehr zu Herzen gegangen, aber da sie zu ihrer Zufriedenheit fand, dass ihre Krankheit zu Beunruhigung keinen Anlass gab, lag ihr an Janes zu schneller Besserung gar nichts, denn das hätte ihre Trennung von Netherfield bedeutet. Sie wollte deshalb auch von dem Vorschlag ihrer Tochter, nach Hause gebracht zu werden, nichts wissen; und auch der Apotheker, der zur gleichen Zeit eintraf, hielt es für keineswegs empfehlenswert. Nachdem die Mutter und ihre drei Töchter sich eine kurze Zeit an Janes Bett aufgehalten hatten, kam Miss Bingley herauf und bat sie ins Frühstückszimmer hinunter. Dort trafen sie Bingley, der Mrs. Bennet gegenüber seine Hoffnung ausdrückte, dass es ihrer ältesten Tochter nicht schlechter als erwartet gehe.

      »Doch, Mr. Bingley, leider«, war ihre Antwort, »sie ist viel zu krank, um transportiert zu werden. Mr. Jones meint auch, an einen Transport sei gar nicht zu denken. Wir müssen Ihre Güte noch etwas länger in Anspruch nehmen.«

      »Transport!«, rief Mr. Bingley, »kein Gedanke daran. Meine Schwester wird einen Transport auf keinen Fall zulassen.«

      »Sie können sich darauf verlassen«, sagte Miss Bingley höflich, aber kühl. »Solange Miss Bennet bei uns bleibt, wird sie jede erdenkliche Pflege erfahren.«

      Mrs. Bennet wusste sich vor Dankbarkeit nicht zu lassen.

      »Ich weiß nicht«, fügte sie hinzu, »was aus Jane werden sollte, wenn sie nicht so gute Freunde hätte, denn sie ist schwerkrank und leidet sehr, obwohl mit der größten Geduld der Welt, aber so ist sie immer, denn sie ist die Sanftmut in Person. Ich sage immer zu meinen anderen Mädchen, Jane könnt ihr nicht das Wasser reichen. Sie haben ein allerliebstes Zimmer hier, Mr. Bingley,


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