Stolz und Vorurteil. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil - Jane Austen


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schrieb, und Miss Bingley an seiner Seite beobachtete, wie der Brief länger wurde, und lenkte ihn wiederholt dadurch ab, dass sie ihm etwas für seine Schwester auftrug. Mr. Hurst und Mr. Bingley spielten Piquet, und Mrs. Hurst sah ihnen dabei zu.

      Elizabeth beschäftigte sich mit einer Handarbeit und brauchte keine weitere Unterhaltung, als zu beobachten, was zwischen Mr. Darcy und seiner Partnerin vorging. Wie die Dame entweder seine Handschrift oder die Gleichmäßigkeit seiner Zeilen oder die Länge seines Briefes in den Himmel hob und er ihr Lob völlig ungerührt entgegennahm, bildete einen eigenartigen Dialog, der ihre Meinung von beiden bestätigte.

      »Miss Darcy wird sich freuen, einen so langen Brief zu bekommen.«

      Er gab keine Antwort.

      »Wie ungewöhnlich schnell Sie schreiben können!«

      »Sie irren, ich schreibe eher langsam.«

      »Wie viel Anlass Sie im Laufe des Jahres zum Briefeschreiben haben müssen. Und dann noch die Geschäftsbriefe. Ich fände sie öde.«

      »Ein Glück, dass sie meine Aufgabe sind und nicht Ihre.«

      »Schreiben Sie bitte Ihrer Schwester, wie gern ich sie wiedersehen würde.«

      »Ich habe es ihr schon einmal geschrieben – auf Ihren ausdrücklichen Wunsch.«

      »Ihre Feder schreibt nicht mehr gut. Soll ich sie Ihnen spitzen? Ich kann gut Federn spitzen.«

      »Danke, aber ich spitze sie immer selbst.«

      »Wie machen Sie es nur, dass Sie so gleichmäßig schreiben.«

      Er schwieg.

      »Schreiben Sie Ihrer Schwester, wie ich mich über ihre Fortschritte auf der Harfe freue. Und schreiben Sie ihr bitte auch, dass ich entzückt von ihrem hübschen kleinen Entwurf für den Tisch bin und dass ich ihn unendlich viel gelungener finde als Miss Grantleys.«

      »Erlauben Sie, dass ich Ihr Entzücken bis zum nächsten Brief aufschiebe? Ich habe nicht mehr Platz genug, ihm gerecht zu werden.«

      »Oh, das macht nichts. Ich sehe sie im Januar sowieso. Schreiben Sie immer so charmante lange Briefe an Ihre Schwester, Mr. Darcy?«

      »Lang sind sie meist, ob auch charmant, steht zu beurteilen nicht mir zu.«

      »Ich habe die Erfahrung gemacht, wer mühelos so viel schreibt, der schreibt meist auch nicht schlecht.«

      »Das Kompliment trifft Darcy leider nicht, Caroline«, rief ihr Bruder, »weil er gar nicht mühelos schreibt. Er bemüht sich viel zu sehr um viersilbige Wörter. Stimmt doch, Darcy?«

      »Ich drücke mich in Briefen anders aus als du.«

      »Ach«, rief Miss Bingley, »Charles schreibt furchtbar flüchtige Briefe. Die eine Hälfte der Wörter lässt er aus, und die andere verschmiert er.«

      »Meine Gedanken fließen so schnell, dass ich nicht Zeit genug habe, sie auszudrücken – und deshalb können die Empfänger manchmal aus meinen Briefen überhaupt nicht klug werden.«

      »Ihre Bescheidenheit, Mr. Bingley«, sagte Elizabeth, »entwaffnet jeden Vorwurf.«

      »Nichts ist verlogener«, bemerkte Mr. Darcy, »als der Anschein von Bescheidenheit. Oft ist er nur Gedankenlosigkeit und manchmal sogar versteckte Angeberei.«

      »Und welches von beiden trifft deiner Meinung nach auf meine bescheidene Äußerung von eben zu?«

      »Versteckte Angeberei. Denn in Wirklichkeit bist du auf deine fehlerhaften Briefe auch noch stolz, weil du dir einbildest, sie beweisen schnelles Denken und Nonchalance, was du, wenn auch nicht lobenswert, so doch zumindest hochinteressant findest. Schnelligkeit wird als Wert an sich geschätzt, und zwar unabhängig von der mangelnden Sorgfalt der Ausführung. Als du Mrs. Bennet heute Morgen erzählt hast, du wärest in fünf Minuten verschwunden, wenn du dich je entschließen solltest, Netherfield aufzugeben, da hieltest du das für Eigenlob, für eine Lobeshymne auf dich selbst. Aber was ist an Überstürzung so lobenswert, wenn dadurch Wichtiges ungetan bleibt? Vorteile hat es weder für dich noch für andere.«

      »Nein«, rief Mr. Bingley, »es ist zu viel verlangt, sich abends noch an den Blödsinn erinnern zu müssen, den man morgens geredet hat. Aber, Ehrenwort, ich war von dem überzeugt, was ich gesagt habe, und bin es immer noch. Also wenigstens habe ich den Anschein unnötiger Überstürzung nicht erweckt, um mich vor den Damen herauszustreichen.«

      »Sicher warst du davon überzeugt, aber trotzdem glaube ich auf gar keinen Fall, dass du mit solcher Hast ausgezogen wärest. Dein Verhalten hängt ebenso sehr vom Zufall ab wie das aller mir bekannten Menschen, und wenn ein Freund beim Satteln des Pferdes zu dir sagte: ›Bingley, bleib doch noch bis nächste Woche!‹, dann würdest du es wahrscheinlich tun; du würdest wahrscheinlich nicht abreisen – und würdest bei ein bisschen Zureden auch einen ganzen Monat länger bleiben.«

      »Aber das beweist doch nur«, rief Elizabeth, »dass Mr. Bingley sich selbst nicht treu geblieben ist. Sie haben ihn mehr herausgestrichen als er sich selbst.«

      »Ich bin Ihnen außerordentlich verbunden«, sagte Bingley, »dass Sie die Worte meines Freundes in ein Kompliment für meine Nachgiebigkeit verwandelt haben. Aber ich fürchte, Sie geben ihnen damit eine Wendung, die der Herr auf keinen Fall beabsichtigt hat. Er würde mehr von mir halten, wenn ich unter den erwähnten Umständen schlicht abgelehnt hätte und so schnell wie möglich davongeritten wäre.«

      »Mr. Darcy würde also die Hartnäckigkeit, mit der Sie an Ihrem ursprünglichen Entschluss festhalten, als Entschuldigung für seine Überstürztheit gelten lassen?«

      »Ich weiß nicht. Der Fall ist mir zu kompliziert. Darcy muss für sich selber sprechen.«

      »Sie erwarten von mir, dass ich die Verantwortung für Meinungen übernehme, die ich gar nicht geäußert habe. Aber nehmen wir einmal an, Sie hätten recht, dann müssen Sie doch zugeben, Miss Bennet, dass der Freund, der ihn in diesem Falle an der Abreise hindern und zum Ändern seiner Pläne überreden wollte, gar keine Gründe dafür angegeben hat.«

      »Den Wünschen eines Freundes schnell – bereitwillig zu folgen, ist für Sie also kein Verdienst?«

      »Ohne Überzeugung nachzugeben, ist für die Einsicht beider kein Kompliment.«

      »Bei Ihnen kommt meiner Meinung nach Freundschaft und Gefühl zu kurz, Mr. Darcy. Wenn man den Bittenden gernhat, erfüllt man seine Wünsche, ohne dass er Argumente vorbringt, um einen zu überzeugen. Ich meine damit gar nicht die Situation, in die Sie hypothetisch Mr. Bingley versetzt haben. Vielleicht sollten wir lieber warten, bis der Fall eintritt, und dann fragen, ob sein Verhalten sinnvoll ist. Aber finden Sie ganz allgemein, dass unter Freunden einer dem anderen zuliebe nicht spontan und ohne lange Überredung eine Entscheidung von zweitrangiger Bedeutung umstoßen darf? Würde er in Ihrer Achtung verlieren?«

      »Wäre es nicht, bevor wir das Thema weiter diskutieren, ratsam, sowohl die der Bitte zukommende Bedeutung als auch den Grad von Vertraulichkeit zwischen beiden Parteien präziser festzulegen?«

      »Auf jeden Fall«, rief Bingley, »wir wollen alle Einzelheiten wissen, einschließlich Körpergröße und Gewicht der beiden Freunde. Das spielt nämlich in der Auseinandersetzung eine größere Rolle, Miss Bennet, als Sie ahnen. Wenn Darcy im Vergleich mit mir nicht ein so großer, schlanker Bursche wäre, hätte ich vor ihm nicht so viel Respekt. Ich kann Ihnen sagen, gelegentlich gibt es keinen schrecklicheren Gesprächspartner als Darcy, besonders in seinem eigenen Haus und am Sonntagabend, wenn er nichts zu tun hat.«

      Mr. Darcy lächelte nur, aber Elizabeth meinte wahrzunehmen, dass er sich getroffen fühlte, und hielt deshalb ihr Lachen zurück. Miss Bingley wies die ihm angetane Kränkung durch ernste Vorhaltungen an ihren Bruder für den Unsinn, den er geredet habe, voller Mitempfinden zurück.

      »Ich weiß, worauf du hinauswillst, Bingley«, sagte sein Freund, »du hast keine Lust zu diskutieren und willst das Gespräch beenden.«

      »Kann sein. Diskussionen arten leicht in


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