Die Großmeister des Mordes: Alfred Bekker präsentiert 12 Strand Krimis. A. F. Morland

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Die Großmeister des Mordes: Alfred Bekker präsentiert 12 Strand Krimis - A. F. Morland


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wollte aufstehen. Der zierliche Chinese, der sich hinter ihm postiert hatte, drückte ihn wieder auf den Stuhl.

      "Bitte verursachen Sie hier kein Aufsehen", forderte Lee Kuan. "Einige Leute dahinten an der Bar schauen schon herüber..."

      "Das ist mir egal!"

      O'Flaherty sagte das so laut, dass es sogar die Musik übertönte, die im Hintergrund spielte.

      Lee Kuan lehnte sich zurück, holte eine Zigarre aus einem silberfarbenen Etui und steckte sie sich in den Mund.

      Der Bodyguard mit den blondgefärbten Haaren zündete sie ihm an.

      Nach ein paar Zügen meinte Lee Kuan schließlich: "Vielleicht werden wir uns doch noch handelseinig. Sie wissen, dass ich nichts so sehr hasse als meine Zeit zu verschwenden."

      "Was Sie nicht sagen!", zischte O'Flaherty hervor. Er hatte das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein.

      Der zierlich gebaute Chinese legte jetzt eine Hand flach in seinen Nacken. Er spürte etwas kaltes, metallisches...

      Ein Ring! dachte er.

      "Bewegen Sie sich nicht!", forderte Lee Kuan. "Und beherrschen Sie sich etwas mehr... Sie sind auf Grund Ihrer Kleidung schon auffällig genug. Mein Mitarbeiter Jhao trägt einen ganz besonderen Ring an seiner Hand. Wenn ein bestimmter Druck ausgeübt wird, schießt ein vergifteter Dorn hervor. Ein Stich, den Sie kaum spüren. Die Wirkung ist absolut tödlich, aber sie setzt erst nach mehreren Stunden ein. Vorher sind sie allerdings nicht mehr Herr Ihrer Sinne und Ihrer geistigen Fähigkeiten. Sie werden keinen vernünftigen Satz sagen können und es ist vollkommen sinnlos, irgendwen anzurufen. Sei es die Polizei oder sonst jemand."

      Jhao verstärkte den Druck seiner beringten Hand auf O'Flahertys Nacken.

      Der Ex-Hacker zitterte leicht. Angstschweiß bildete sich auf seiner Stirn.

      "Sie bringen es fertig und lassen mich vor aller Augen ermorden!", zischte O'Flaherty.

      "Natürlich", nickte Lee Kuan.

      "Sie sagten, es gäbe doch noch eine Möglichkeit, dass wir uns einigen?", flüsterte O'Flaherty.

      "Wussten Sie, dass 'The Virus' mit mir Kontakt aufgenommen hat?"

      O'Flahertys Kinnladen fiel herunter. "Nein", flüsterte er.

      "Er hat mich um einen kleinen Gefallen gebeten. Ich soll Sie für ihn ausschalten, O'Flaherty. Ironie des Schicksals, was? Sie kommen zu mir, damit ich Ihnen helfe, vor 'The Virus' unterzutauchen und ich werde sie einfach ausknipsen. Es gibt nur eine Sache, die mich davon abhalten könnte..."

      O'Flaherty schluckte.

      "Wollen Sie Geld?"

      "Ich will die Identität von 'The Virus'."

      "Ich kenne sie nicht!"

      "Aber ich bin überzeugt davon, dass ein begabter Hacker wie Sie ihn aufspüren könnte!"

      O'Flaherty biss sich auf die Lippe. "Sie besorgen mir Papiere?"

      "Ja."

      "Okay..."

      Lee Kuan lachte kurz auf. "Ich wusste doch, dass Sie kein Dummkopf sind, O'Flaherty!"

      16

      Die Fahndung nach Max O'Flaherty blieb auch in den folgenden Tagen ergebnislos. Der Mann, der sich selbst SmartMax nannte war wie vom Erdboden verschluckt. Wir konnten nur hoffen, dass er noch am Leben war.

      Bei den Tätern, die seine Wohnung verwüstet hatten, hatte es sich offenbar um Profis gehandelt. Jedenfalls hatte keiner von ihnen Fingerabdrücke oder andere verwertbare Spuren hinterlassen. Und bei den Computern in O'Flahertys Wohnung waren sämtlich die Festplatten entfernt worden. Außerdem hatten die Unbekannten nicht eine einzige Diskette oder CD-Rom in der Wohnung zurückgelassen.

      Die Vermutung lag nahe, dass O'Flaherty tiefer in die sogenannte 'große Sache' verwickelt war, als er uns hatte Glauben machen wollen.

      Was die anderen Mitglieder aus Mark Sorellos ehemaliger Clique anging, so war ein halbes Dutzend unserer Agenten damit beschäftigt, sie der Reihe nach zu vernehmen. Aber weder diese Vernehmungen noch die Beschattung dieser Leute brachte irgendetwas an Erkenntnissen. Kontakt mit Mark Sorello hatte in den letzten Jahren nur zwei auf dieser Liste gehabt. Jason Fenton lebte im nördlich von Yonkers gelegenen St. David's Asylum, einer geschlossenen Rehabilitationseinrichtung für Drogensüchtige, um sich von den Folgen seines Kokainmissbrauchs zu erholen. Sorello hatte regelmäßig mit ihm telefoniert und ab und zu auch Emails ausgetauscht. Bei dem Zweiten handelte es sich um Eric McCourtney, den unser Kollege Leslie Morell in seiner Wohnung in der South Bronx auftrieb, wo er einen Handel mit gebrauchten Computern betrieb. Die Herkunft dieser Ware war mehr als zweifelhaft, aber es war so gut wie ausgeschlossen, dass einer der beiden hinter dem Namen 'The Virus' steckte.

      Fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass wir einer riesengroßen Ente aufgesessen waren.

      Aber da war immer noch die Tatsache, dass es an der Ecke Bedford/Seventh Avenue eine wüste Schießerei gegeben hatte und auf Mark Sorello ein Profi-Killer der Extra-Klasse angesetzt worden war.

      Und für beides musste es Gründe geben.

      Ebenso wie für das Verschwinden von O'Flaherty.

      Wir fingen wieder ganz von vorne an. Mit der Schießerei Ecke Bedford/Seventh Avenue. Inzwischen lag ein eingehender ballistischer Bericht vor, den unser Spezialist auf diesem Gebiet, Special Agent Dave Oaktree, erstellt hatte.

      Er stellte ihn uns in Mister McKees Besprechungszimmer vor.

      Auf eine Leinwand wurde eine schematische Skizze des Tatorts aus der Vogelperspektive projiziert. Dave Oaktree erläuterte sie. Danach stand fest, dass Desmond E. Cole, der Mitsubishi-Fahrer, aus dem roten Sportwagen heraus erschossen worden war, der später am Tatort einfach zurückgelassen wurde. Der Sportwagen war mit falschen Kennzeichen versehen gewesen. Einige der Zeugen hatten angegeben, dass der Wagen von einer Frau gefahren worden war, deren Beschreibung auf Vonda McDaniels passte.

      Es stand also ziemlich fest, dass Vonda McDaniels Coles Mörderin war. Ob sie mit den Bewaffneten zusammengearbeitet hatte, die aus dem Lieferwagen gestiegen waren, blieb offen.

      Auf jeden Fall aber war der Kawasaki-Fahrer ihr Komplize gewesen, der sie abgeholt hatte.

      Einer der Zeugen wollte einen Koffer gesehen haben.

      Ob das etwas zu bedeuten hatte, würde sich herausstellen.

      Jedenfalls musste der Kawasaki-Fahrer Vonda McDaniels zu jenem Parkplatz gebracht haben, auf dem sie ermordet worden war. Unsere Spezialisten hatten einen Reifenabdruck mit großer Wahrscheinlichkeit diesem Motorradtyp zuordnen können.

      Der Kawasaki-Fahrer war vermutlich Vonda McDaniels Mörder.

      Kawasakis waren selten. Sie galten zum Teil als wertvolle Sammlerstücke. Trotzdem gab es immer noch einige tausend aktuelle Halter derartiger Maschinen in den USA. Etwa zwei Dutzend davon waren als gestohlen gemeldet worden. Wir führten ein Abgleich mit den Telefonkontakten durch, die Vonda McDaniels in den letzten Monaten gehabt hatte.

      Es gab eine Überschneidung.

      Der Mann hieß Bruce Levonian. Als Adresse hatte er bei der Zulassung seiner Kawasaki ein heruntergekommenes Hotel in East Harlem angegeben.

      Es hieß AMBASSADOR, hatte jahrzehntelang in dem Ruf gestanden ein getarntes Bordell der untersten Kategorie zu sein und diente inzwischen überwiegend als Dauerwohnsitz für Leute, die sich nichts besseres leisten konnten, aber trotzdem darauf angewiesen waren, in der Nähe von Midtown Manhattan zu wohnen.

      Wir machten uns mit großem Aufgebot dorthin auf.

      Gut zwanzig Agenten waren an der Aktion beteiligt.

      Wenn dieser Bruce Levonian unser Mann war, hatten wir es mit einem skrupellosen Killer zu tun. Die Art und Weise,


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