Schule aus, Neuseeland ruft. Philip Raillon

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Schule aus, Neuseeland ruft - Philip Raillon


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Tier des australischen Outbacks bleibt uns übrigens lange Zeit verborgen: Anscheinend sind wir die einzigen, die unterwegs kein Känguru sehen. Als wir eines Abends mit Julius und Luisa sowie Robin und Johanna auf einem Campingplatz nächtigen, kommen ein paar Urlauber und berichten von den soeben gesichteten Springtieren. Und wir? Wir sehen einfach keine! Am letzten Abend fahren wir zum botanischen Garten in Alice Springs, wo man wildlebende, kleine Kängurus beobachten kann. Wir gehen den kleinen Pfad bis ganz nach oben und sehen – wieder keine. Wir wollen schon wieder zurückgehen, als plötzlich etwas über einen großen Stein hoppelt – ein Känguru! Oder vielleicht auch nur ein Wallaby, wie die kleinen Känguru-Arten genannt werden. Egal, es springt herum und hat sogar einen Beutel mit einem Jungen darin. Das zählt!

      Emu-Besuch zum Aufstehen

      Neben Dingos und zahlreichen Rindern sehen wir auch einen Großen Emu. Der große Vogel stolziert über den Campingplatz von Curtin Springs, wo es auch einen kleinen Laden und eine Tankstelle gibt. Schlangen und Spinnen bleiben uns zum Glück, oder leider, verwehrt. Dafür machen wir Bekanntschaft mit den Millionen von Schmeißfliegen und einigen beunruhigend großen Wespen, die an einer Wasserstelle bei den Kata Tjuta die durstigen Wanderer vom Wassertank abhalten. Wir sehen auch einige freilebende Wellensittiche, die mit ihrem grünen und gelben Federkleid im Schatten der Olgas toben.

      Die vielen verschiedenen Vögel des Landes fallen einem auch in Sydney sofort auf. Morgens wird man nicht von Amseln oder Spatzen geweckt, sondern von einem mir gänzlich unbekannten Vogelgezwitscher, das in meinen Ohren mehr wie ein Kreischen und Quietschen klingt. In den Straßen von Sydneys Vororten braucht man nur in die Bäume zu schauen, wo bunte Papageien, Kakadus und andere Federtiere sitzen. Insgesamt gibt es über 800 Vogelarten in Australien.

      Vom Kings Canyon könnten wir den Weg zurück zu den West MacDonnell Ranges über eine 140 Kilometer lange Strecke abkürzen. Allerdings führt diese nicht asphaltierte Straße durch Niemandsland, und wir dürfen noch immer keine ungeteerten Wege fahren. Wir entscheiden uns daher schweren Herzens gegen dieses einmalige Abenteuer und machen uns wieder den ganzen langen Weg, über Lasseter und Stuart Highway zurück. Die Geländewagen, die Vans und die Busse – alle grüßen auf dem Weg nach Alice Springs, wo wir letztlich in den Flieger nach Sydney einsteigen. Auch wir verewigen uns zum Abschluss im Innenraum des Wicked-Campers: Schon viele Mieter folgten dem Aufruf, mit Kuli oder Filzstift in den Teppich zu schreiben. Die Abnahme des Wagens verläuft problemlos – wohl auch, weil ich mein Fahren auf der rechten Straßenseite noch gerade rechtzeitig bemerkt habe, sonst hätte ich in der Innenstadt von Alice Springs einen Frontalzusammenstoß verursacht. Zwei Tage bleiben uns jetzt in Sydney, um Felix, ein weiterer Freund aus der Heimat (irgendwie tummelt sich ganz Witten hier unten) zu treffen, die Blue Mountains und die Strände zu genießen – dann reicht es aber auch mit der Stadt, die uns beiden ja gar nicht so sehr zusagt.

      Eukalyptus und blauer Dunst – die Blue Mountains

      Australien, es ist ein riesiges Land. Ein Land, das wohl wie kein zweites ist. Mit Sydney und vor allem mit dem Outback haben wir zwei Orte gesehen, die ganz oben auf der Touri-Liste stehen. Viele weitere Kilometer Einsamkeit und einige weitere Städte verbleiben für unsere nächste Reise. Doch nun geht es erst einmal zu unserem eigentlichen Ziel: Neuseeland.

      Der erste Tag in Neuseeland verabschiedet sich mit einem Strahlen auf unseren Gesichtern

      Erste Schritte im schönsten Land unseres Planeten

      Schon lange bevor wir die schneebedeckten Gipfel der Southern Alps aus dem Flugzeugfenster sehen, verfolgen wir den Flug nach Neuseeland auf dem Bildschirm. Wir haben Glück und sitzen in der Boeing 777 von Sydney nach Christchurch am Fenster. Kaum überfliegen wir die Küste, da sind wir schon über hohen Bergen. Oben Schnee, in den Tälern grün-braunes Gestrüpp. Noch wenige Minuten, dann sind wir endlich dort, wo wir die nächsten Monate verbringen werden. Es gibt kein Zurück mehr und das ist gut so.

      Die Southern Alps von oben

      Landeanflug Christchurch

      „Was ist eigentlich, wenn bei der Landung ein Erdbeben ist?“, fragen wir uns, während wir uns im Landeanflug über grünen Wiesen mit weißen Wollknäueln auf vier Beinen befinden. Christchurch, mir bislang nur aus den Erdbeben-Berichten bekannt, ist für uns aber das Tor nach Neuseeland – und das mit festem Boden. Der Flughafen der 300.000-Einwohner-Stadt ähnelt einem Provinzflughafen Deutschlands, hat dafür aber sehr gründliches Zoll-Personal: Nachdem alle Fragen auf den Einreisezetteln beantwortet sind und die Einreisestempel in unseren Pässen glänzen, warten wir auf unsere Rucksäcke. Mit dem Gepäck geht es dann in die Schlange für die Einreisekontrolle – wir kennen diesen etwas nervigen, aber wohl nötigen Umstand bereits aus Sydney. Neu ist allerdings, dass schon während wir unsere Rucksäcke gerade wieder tragbar machen, Sicherheitspersonal mit Spürhunden entlang schlendert. Der schwarzweiß gefleckte Hund ist richtig süß. Er findet aber beunruhigend viel Gefallen an Marias Trageutensil. Jetzt finde ich ihn nur noch bedingt süß! Die Folge: Unsere Einreisekarten bekommen einen kleinen Vermerk mit großem Ausmaß: Am ersten Schalter müssen wir alle Lebensmittel ausräumen. Nutella, Gewürze und Tee sind kein Problem. Meine Wanderschuhe werden sicherheitshalber gereinigt – ein angenehmer Service. Weniger angenehm sind die Fragen der Beamtin. „Haben Sie wirklich keine frischen Lebensmittel dabei?“ Durch die Androhung von mehreren hundert Dollar Strafe kommen wir dann doch ins Grübeln, gehen mehrfach unseren Packvorgang durch und sind uns dann sicher: Wir haben nichts Frisches dabei. Trotzdem wird unser gesamtes Gepäck gefilzt und dann durch einen Scanner geschickt. Kein Fund. Alles gut, wir können nach fast anderthalb Stunden endlich aus dem Sicherheitsbereich raus. Von wegen. Wieder wird uns einer dieser „süßen“ Hunde zum Verhängnis: Kurz bevor wir durch die Schiebetür nach draußen wollen, schnuppert nochmals einer an Marias blau-lila Rucksack und bellt. Der diensthabende Chefbeamte räumt daraufhin höchst persönlich den kompletten Rucksack aus – findet letztlich aber, wie auch die Male zuvor, doch nichts. Immerhin sind die neuseeländischen „Grenzbehörden“ freundlich und geben uns schon gleich Tipps mit, was wir in Christchurch machen können. Mit zwei Stunden Verspätung betreten wir endlich den öffentlichen Bereich des Christchurcher Flughafens, wo wir bereits erwartet werden.

      Fiona kommt direkt auf uns zu. „Maria und Philip?“ Ja, das sind wir! Fiona Prest ihr Mann und die drei Söhne sind eine der Familien, die wir noch in Deutschland ausfindig gemacht haben. Marias Cousin lebte einst bei der Familie im Christchurcher Ortsteil Avonhead als Austauschschüler. Nun sind wir für einige Nächte eingeladen. Wie viele es aus den angedachten „zwei, drei Übernachtungen“ im Spielzimmer der Familie werden sollten, ist schon fast unangenehm. Doch die Familie ist offen, freundlich und hilfsbereit – wohl, auch weil sie wissen, wie es ist, in einem gänzlich unbekannten Land anzukommen: Sie immigrierten vor einigen Jahren aus Afrika nach Mittelerde.

      Für uns sind Fiona und Gary mit ihren drei Söhnen jedenfalls die kostenlose und deutlich herzlichere Alternative zu einer teuren Organisation. Gleich am Anfang helfen uns Fiona und Adam, der mittlere Sohn, dabei, die Zeitungen nach inserierten Backpacker-Autos zu durchschauen. Denn das steht als Erstes an: der Kauf eines Wagens. Außerdem werden wir im Verlauf der nächsten Tage viele informative und nette Abende zusammen mit der Familie verbringen. Die Freundlichkeit und Offenheit unserer neuen Bezugspersonen ist überwältigend. Mit dabei ist auch Paul, der damalige Austauschschüler der Familie. Der Kieler ist im selben Alter wie wir und bereits seit einigen Wochen in Neuseeland.

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