Der Akron Tarot. Akron Frey
Читать онлайн книгу.wirklich unser geistiges Fortkommen unterstützen oder nicht. Die Liebenden in ihrer Umkehrung können ebenfalls auf Streit mit dem Partner hinweisen, der sich in unsere Glaubensfragen einmischt oder unsere spirituelle Entwicklung auf andere Weise blockiert.
VII Der Wagen
Aufbruch, Wille, Tatendrang
Während die Liebenden für Anziehung und Verbindung stehen, bezeichnet der Wagen den Entschluss des Helden, fortan die Herausforderung des Lebens innerhalb der Polaritäten des Daseins zu meistern. Diese Karte steht deshalb wie keine andere sonst für schöpferische Ausdruckskraft, Aktivität, Mut und den starken Willen, die widersprüchlichen Gedanken, Überzeugungen und Gefühle im eigenen Inneren zu meistern. Vom Wunsch nach Selbstverwirklichung beseelt, ist er bestrebt, alle Autoritäten zu beseitigen, die sein Handeln beeinträchtigen, und ohne dass er sich dessen bewusst ist, versetzt er den karmischen Kreislauf von Ursache und Wirkung durch seine Aktionen in noch schnellere Bewegung. Das könnte eine Erklärung dafür liefern, warum sein Lenker Kriege anzettelt, die Erde verwüstet und sich dabei auch noch von Priestern segnen lässt. Aber wenn er in Wirklichkeit den Zwist, das Scheitern, die Straft Sucht, um sich am Herrscher rächen zu können - wie kann er da gehorchen, wenn er für seine Tat nicht das erhält, was ihm in seiner Entwicklung weiterhilft? Der Sohn will, ja muss vom Vater bestraft werden, damit er sich in einem Akt der Rache für die Bestrafung durch den Vater über diesen erheben und sich dadurch von ihm ablösen kann. Er muss den Vater ins Unrecht setzen, damit er ihn dann gerechtfertigt umbringen kann.
Baphomet — Tarot der Unterwelt
Karte
Der Wagen ist die zweite Karte, die sich auf den Willen bezieht. Der Magier benutzt den Willen zur Flucht aus dem Paradies. Der Wagen hingegen steht für den jungen Mann, der in die Welt hinauszieht, um seine Tapferkeit zu beweisen. Er repräsentiert die heranwachsende, männlich-aktive Kraft, die den Kampf sucht und bereit ist, den Drachen zu töten. Als kriegerischer Draufgänger liebt der Streitwagen jede Art von Aufruhr. Sturm und Drang, denn er versinnbildlicht die erwachende Kraft, die aufgrund ihrer kämpferischen Natur jeden angreift, der sich ihr in den Weg stellt. Er verkörpert auch die Rebellion gegen patriarchalische Gewalt, den aktiven Animus, der den alten Herrscher stürzt und mit der Mutter schläft, die pubertäre Phase der Suche und der Selbstfindung oder die Vater-Sohn-Beziehung als Konfliktpotenzial der männlich-aggressiven Triebnatur. Bewusstseinsmäßig verhält er sich dabei wie ein Kind im Sandkasten, das die Burg seines Nebenbuhlers zerstören will, ohne zu bemerken, dass er seine Vorstellungen nach außen projiziert und damit seine eigene Realität erbaut. Wird er an der Entäußerung seiner Aggression gehindert, führt dies zu unterdrücktem Zorn - andererseits ist es gerade die Behinderung seiner Entfaltungsmöglichkeiten, die ihn seinen Willen auf Biegen und Brechen durchsetzen lässt. Er schafft seine Feindbilder ständig neu, doch da er nicht ahnt, dass er sie aus seiner eigenen Energie produziert, und er sie deshalb auch nicht im Kampf besiegen kann, ist der Wagen auch weniger ein Symbol des Siegers, sondern mehr ein Charakteristikum der vor sich selbst versteckten Veränderung (denn um das zu verändern, was er selbst projiziert, müsste er seine Sichtweise erweitern!). Vom Wunsch nach Freiheit und Erlösung motiviert, reitet er auf einem chamäleonartigen Fabeltier, das anstelle der traditionellen Sphingen den Wagen zieht und versucht, alles Einschränkende zu überwinden. Damit wird er aber in seinem Freiheitswahn gerade zu einem Teil jener Schöpfungsenergie, die den Ursache-und-Wirkungs-Kreislauf dirigiert und damit den Weg für Neuentwicklung frei macht. Wir sehen das am biomechanoiden Hinterteil des Reittieres, der wie ein alienhafter Organismus an die vordere Hälfte angeklebt oder aus dem verlängerten Rücken hervorzuwachsen scheint. Die Speere in der Hand des Helden sind zu einem wirren Geflecht verstrickt, das ihn umschlingt und an seine Triebnatur fesselt, ein Zeichen dafür, dass jede persönliche Handlung wie ein Faden in ein größeres, unsichtbares Netzwerk eingeflochten ist. Jede einzelne Tat, so individuell sie sich auch zeigt, kann immer nur das auslösen, was sowieso ausgelöst werden will, und Krieg und Streit sind nicht zuletzt auch die Grundlage der Zerstörung und damit Teil der Veränderung der Form. Die beiden zusammengebundenen Gesichter am Bauch des höllischen Geschöpfes zeigen an, warum der Mensch auf diese Weise lernen muss. Der Reiter projiziert seine Sicht auf den Weg vor sich, damit er in seinem Verhalten einen Sinn finden kann. Dieser Trick erlaubt es ihm, für seine persönlichen Vorstellungen zu streiten, indem ihm der Wagen die aufbrechenden männlichen Instinkte in die passenden äußeren Szenerien einbaut. Er lernt also (leider ohne es zu merken), indem er kämpft und sich von seinen eigenen Projektionen in der Umwelt bekämpfen lässt. Das Einzige aber, was seine Aggressionen zügeln könnte, wäre die Erkenntnis, dass der Kampf auf der Bühne nur eine von ihm selbst montierte Kulisse ist, die er angreift, damit er nicht merken muss, wer der Urheber der Selbstherrlichkeit, des Größenwahns und des letztendlichen Scheiterns an Hindernissen ist: er selbst!
Kontroverse
Kronos als Hüter der Tradition
Was versprechen Sie sich davon, werter Kollege, wenn Sie dem Leser suggerieren, dass sich aus dem Geist dieser Karte nur ein pubertierender Held entwickelt, der seinen Vater töten und seine Mutter vergewaltigen will? Ist es doch der wahre Heldenmut im klassischen Sinn, dem wir hier begegnen und der den Protagonisten beflügelt, in die Welt hinauszuziehen und sich neue Länder zu erobern. Er zeigt, dass wir uns aus vertrautem Umfeld lösen, um eigene Wege zu gehen. Dabei sind Freiheitsdrang, Ehrgeiz oder schlicht unser Geltungsbedürfnis die treibenden Kräfte. Wo immer der Wille zum siegreichen Kampf gegen das Unbekannte herrscht, da kann man sicher sein, den Wagen in einer seiner Erscheinungsformen zu finden. Der Siegeswagen steht aber nicht nur für den Aufbruch der Kräfte und die Flucht nach vorn, sondern auch für die Geschicklichkeit des Wagenlenkers im Halten des inneren und äußeren Gleichgewichts. Er kämpft für das Erbe seiner Väter, Magier und Herrscher, für das Licht, das er zum Erbe seiner Mütter bringen will, in die Bereiche, in denen noch die Dunkelheit des Ungewissen herrscht und wo - auch wenn er nichts davon weiß - bereits das Licht einer ganz anderen Qualität auf ihn wartet. Er macht sich auf, um als Prinz der junge König zu werden, der an der Seite einer noch zu erlösenden Königin das alte Königspaar zu Fall bringen und damit erlösen wird. Durch seine Unschuld besitzt er die unerschütterliche Zuversicht und das Selbstvertrauen in die Richtigkeit der Annahme, er allein wäre der Auserwählte, dem es bestimmt sei, den Schleier dieses Geheimnisses zu lüften und Licht in dieses Dunkel zu bringen. Es gibt wohl keine bessere Darstellung als den Wagen, um die Unbeugsamkeit des Siegeswillens zu veranschaulichen, der sich mit absoluter Sammlung und Konzentration auf das angestrebte Ziel paart. Versuchen Sie diesem Auditorium also bitte nicht einzureden, dass der Held nur für den unreifen Willen eines jungen Menschen steht und sein Widersacher für eine Marionette auf der Bühne des Lebens, vom Schicksal installiert, damit die Szenenabläufe ineinander greifen und sich die verhängnisvolle Entwicklung erfüllen kann!
Ben Hur als Fürsprecher des Krieges
Entschuldigt, gerissener Winkeladvokat und Wortverdreher, wenn ich mich hier klar auf die Seite Eures Kontrahenten stelle, aber mir platzt gleich der Kragen, wenn ich höre, was Ihr da von Euch gebt. Obwohl Ihr männlich seid, scheint Ihr die ganze Zeit verstiegen in Eurem geistigen Dachkämmerlein zu hocken und noch nie einen wahren Krieger getroffen zu haben, denn sonst könntet Ihr nicht so schmählich ignorieren, was einen mutigen Mann wirklich ausmacht! Tapferkeit ist eine Einweihung. Wir leben unser größtes Potenzial - die von Euch angesprochene männlich-aggressive Kraft - und lernen, es zu lenken. Die Fähigkeit, die Pferde zu zügeln, wenn wir den Wagen fahren, macht uns zu mehr als nur zu jugendlichen Heißspornen - sie macht uns zu Herren und Dienern zugleich. So beherrschen wir nicht nur die Kunst, loszuschlagen, um für unsere Ziele zu kämpfen und Gerechtigkeit zu erwirken, sondern wir haben uns zugleich die Fähigkeit antrainiert, uns im Zaum zu halten und nicht ohne Grund wahllos vorzupreschen. Dabei sind wir uns unserer aggressiven Energie durchaus bewusst. Sie ist unsere Stärke, auch wenn sie nicht immer leicht zu kontrollieren ist, aber wir können genauso