Das Lebenselixier. Эдвард Бульвер-Литтон

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Das Lebenselixier - Эдвард Бульвер-Литтон


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in welchem Geschicklichkeit eine höhere Bedeutung hat als der Zufall und Fortuna sich als so wenig blind erweist, dass wir bei jeder Umdrehung des Rades beobachten können, wie Reichtum und Ehre den schlaffen Fingern der Unwissenheit und Trägheit entrissen werden, um von der entschlossenen Faust der Arbeit und des Wissens ergriffen zu werden.

      Inzwischen übernahm ein auf dem Lande lebender Verwandter die Vormundschaft über die Waisen; sie verschwanden vom Schauplatz, und die Fluten des Lebens in einer kommerziell ausgerichteten Gemeinschaft brandeten bald wieder über den Platz, welchen der Verstorbene in den Gedanken seiner viel beschäftigen Mitbürger eingenommen hatte.

      Eine Person in L...., und nur sie allein, schien den Hass zu teilen und geerbt zu haben, den der arme Arzt auf seinem Sterbebett über mich ausgegossen hatte. Es handelte sich um einen Gentleman namens Vigors, einen entfernten Verwandten des Verstorbenen, welcher sich während der Auseinandersetzung mit mir als einer der herausragenden Parteigänger Dr. Lloyd´s erwiesen hatte – ein Mann von geringer wissenschaftlicher Bildung aber respektablen Fähigkeiten. Er besaß den Einfluss, den die Welt tüchtigen Männern einräumt, wenn seine Fähigkeiten mit einem ernsten Charakter und einer strengen Moral verbunden sind. Seine Lieblingsbeschäftigung war es, über andere zu Gericht zu sitzen und er war einer der eifrigsten und strengsten Friedensrichter, die L... je gesehen hatte.

      Vigors sprach anfangs mit großer Bitterkeit von mir, indem er mich beschuldigte, seinen Freund durch meine unbarmherzige und unfaire Härte, mit der ich, wie er sagte, die vorurteilsfreie Prüfung einer einfachen Tatsache behandelt hatte, ruiniert und sogar getötet zu haben. Nachdem er jedoch keine Sympathisanten für diese Beschuldigungen fand, besaß er die Besonnenheit, von diesem Tun Abstand zu nehmen und beschränkte sich fortan darauf, ernst den Kopf zu schütteln, sobald er ein mit meinem Namen verbundenes Lob hörte und orakelhaft Sätze wie „das wird die Zeit zeigen“, „Ende gut, alles gut“ usw. von sich zu geben. Wie auch immer, Mr. Vigors spielte im geselligen Leben der Stadtbevölkerung eine untergeordnete Rolle. Er nannte sich selbst einen zurückgezogen lebenden Mann, war aber in Wirklichkeit ein unfreundlicher, mit Selbstachtung gestärkter steifer Mann. Er war der Ansicht, dass die Würde seiner Stellung bei den Kaufleuten der Low Town und seine geistige Überlegenheit in der Exklusivität des Hills nicht die gebührende Anerkennung fand. Seine Besuche beschränkten sich daher hauptsächlich auf die Häuser der benachbarten Squire, für die er durch seine Stellung als Friedensrichter und sein ernstes Äußeres eine Art Orakel darstellte, von dem man sich gerne beeindrucken lässt, solange dieser Respekt nicht allzu oft beansprucht wird. Und obwohl er dreimal wöchentlich sein Haus der Allgemeinheit öffnete, war es doch nur wenigen Auserwählten vorbehalten, sich erst durchfüttern und dann mit Vorträgen über die Lehre des Biomagnetismus traktieren zu lassen. Die Elektrobiologie war ein ganz natürliches Gesprächsthema für einen Mann, der an keinem Gespräch Gefallen finden konnte, in dem er nicht anderen seinen Willen aufdrängen konnte. Er lud daher solche Personen ein, die allein sein Blick zur völligen Verleugnung ihrer Sinne bringen konnte, so dass sie ihm bereitwillig zustimmten, wenn sie Rindfleisch für Lammfleisch, und Brandy für Kaffee erklären sollten. Zweifellos hätten diese Leute alles bestätigt, was er wollte, solange in Substanz wie auch in der Vorstellung irgend etwas ähnliches wie Kaffee, Lammfleisch, Brandy oder Rindfleisch vorhanden war. Das war auch der Grund, weshalb ich Mr. Vigors selten in den Häusern antraf, in welchen ich gelegentlich meine Abende verbrachte. Ich hörte von seinen Anwürfen wie ein Mann, der aus der Geborgenheit seines Heims den Wind um sein Haus pfeifen hört. Wenn wir uns zufällig auf der Straße begegneten, blickte er mit einem finsteren Gesicht voller Abneigung zu mir auf (er war ein kleiner Mann, der auf Zehenspitzen lief), während ich von der Höhe meiner Statur ein leutseliges Lächeln erhabener Gleichgültigkeit auf das unwirsche Männchen fallen ließ.

      Kapitel IV

      Ich hatte nun das Alter erreicht, in dem ein ambitionierter Mann befriedigt auf seine Erfolge in der Welt zurückblickend das heftige Verlangen einer unbefriedigten Zuneigung und die Leere eines einsamen Herzens zu spüren beginnt. Ich beschloss zu heiraten und sah mich nach einer Frau um. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich der Leidenschaft der Liebe keinen Platz in meinem Leben gegönnt. Tatsächlich hatte ich sogar in frühester Jugend mit einer Art stolzer Verachtung auf die Leidenschaft wie auf eine Krankheit herabgesehen, die aus weibischem Müßiggang entsprang und von einer überreizten Einbildungskraft genährt wurde.

      Ich hoffte in meiner zukünftigen Frau eine vernünftige Gefährtin, einen liebevollen und zuverlässigen Freund zu finden. Keine Heiratspläne konnten weniger romantisch und nüchterner sein, als meine Überlegungen. Genau so wenig stellte ich Ansprüche überheblicher oder gewinnsüchtiger Natur. Ich achtete nicht auf Vermögen oder Verbindungen. Mein ganzer Ehrgeiz galt meinem Beruf, dem weder eine adlige Verwandtschaft noch eine üppige Mitgift dienen konnten. Ich achtete nicht auf außergewöhnliche Schönheit und verlangte von einer Frau auch nicht das Bildungsniveau der Vorsteherin einer höheren Mädchenschule.

      Als ich die Entscheidung getroffen hatte, mir eine Gefährtin zu suchen, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es schwer sein würde eine Wahl zu treffen, die meine Vernunft billigen würde. Aber es verging Tag um Tag, Woche um Woche und obwohl es in den Familien, die ich besuchte, viele junge Damen gab, deren Eigenschaften meinen Vorstellungen mehr als entsprachen und die, wie ich mir schmeicheln darf, meine Werbung nicht zurückgewiesen hätten, fand ich doch keine darunter, deren lebenslanger Gesellschaft ich nicht die Einsamkeit, die ich inzwischen so lästig fand, vorgezogen hätte.

      Eines Abends kehrte ich von der Visite einer armen Patientin zurück, die ich unentgeltlich behandelte und deren Zustand mich mehr in Anspruch nahm, als irgendein anderer meiner Fälle – denn obwohl man ihren Zustand im Hospital als hoffnungslos eingestuft hatte und sie nach Hause zurückgekehrt war, um im Kreis ihrer Familien zu sterben, war ich mir sicher, dass ich sie retten könne und ihr Zustand schien sich tatsächlich unter meiner Pflege zu verbessern.

      An diesem Abend – einem fünfzehnten Mai – fand ich mich plötzlich vor den Toren des Hauses wieder, welches Dr. Lloyd bewohnt hatte. Das Haus war seit seinem Tod unbewohnt; die Miete, die der Eigentümer forderte, wurde als sehr hoch angesehen und seine Lage auf dem geheiligten Berg schreckte aus Scheu oder Stolz die reicheren Kaufleute ab. Das Gartentor stand weit offen, genau wie in der Winternacht, in der ich dem Sterbenden den letzten Besuch abstattete. Die Erinnerung an das Sterbebett kehrte lebhaft zurück und die phantastische Drohung des Sterbenden dröhnte erneut in meinen Ohren. Ein unwiderstehlicher Impuls, den ich mir nicht erklären konnte und auch heute noch nicht erklären kann – das genaue Gegenteil des Drangs, der uns veranlasst den Platz einer schmerzhaften Erinnerung schleunigst zu verlassen – veranlasste mich, durch das geöffnete Tor den vernachlässigten, mit Gras bewachsenen Weg zu betreten und das Haus, das ich bisher nur in der Finsternis einer Winternacht unter einem melancholischen Mond gesehen hatte, im Licht der untergehenden Frühlingssonne zu betrachten.

      Als das zum Teil mit Efeu bewachsene Haus mit seinen dunkelroten Backsteinen in Sicht kam, bemerkte ich, dass es nicht länger unbewohnt zu sein schien. Ich sah Gestalten sich hinter den geöffneten Fenstern hin und her bewegen; ein beladener Möbelwagen stand vor der Haustüre und ein Diener in Livré überwachte das Entladen des Inventars. Offensichtlich war gerade eine Familie dabei, hier einzuziehen. Ich fühlte mich durch mein Eindringen ein wenig beschämt und wollte mich gerade rasch wieder entfernen, als ich Vigors in Begleitung einer Dame mittleren Alters in der Nähe des Gartentors bemerkte. Gleichzeitig bemerkte ich einen Pfad, der seitlich durch das Gestrüpp zu einer kleinen Gartentüre aus dem Garten führte. Ich wollte der Dame, die ich für die neue Besitzerin hielt, nicht begegnen, um nicht eine unbeholfene Entschuldigung für das widerrechtliche Betreten ihres Grundstückes anbringen zu müssen und noch weniger wollte ich mich in der eigenartigen und unwürdigen Lage, in der ich mich befand, dem verächtlichen Blick von Mr. Vigors aussetzen. Unwillkürlich schlug ich deshalb den Seitenweg ein, auf dem ich unbemerkt zu entkommen hoffte. Auf halbem Weg zwischen Haus und Gartentüre hörte plötzlich das Gestrüpp auf und ermöglichte den Blick auf einen von den unregelmäßigen Trümmern eines alten Backsteinbaus umgebenen freien Platz, der zum Teil mit Farn, Schlingpflanzen, Unkraut und wilden Blumen überwachsen war. In der Mitte des Kreise befand sich ein Springbrunnen oder vielmehr ein Brunnen, über den sich


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