Geniales Essen. Max Lugavere

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Geniales Essen - Max Lugavere


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DER ULTIMATIVE WACHSTUMSFAKTOR

      Omega-3-Fettsäuren und vor allem DHA unterstützen das Gehirn direkt, indem sie dessen Versorgung mit einem Protein vergrößern, das Wachstumsfaktor BDNF (von engl. brain-derived neurotrophic factor, deutsch etwa Vom Gehirn stammender neurotropher Faktor) genannt wird. BDNF wird manchmal als „Dünger für das Gehirn“ bezeichnet und ist bekannt dafür, nicht nur die Bildung neuer Neuronen im Gedächtniszentrum des Gehirns zu fördern, sondern auch als Leibwächter der existierenden Gehirnzellen zu fungieren und so deren Überleben zu sichern. Die erstaunliche Leistungsfähigkeit von BDNF wird deutlich, wenn das Protein in einer Petrischale auf Neuronen gestreut wird: Es bewirkt, dass die Neuronen die strukturellen Verästelungen entstehen lassen, die für das Lernen notwendig sind – wie Kresse auf einem Terrakotta-Igel. Das könnte erklären, warum der Verzehr von Fisch, der zu höheren Blutwerten von Omega-3-Fettsäuren (inkl. DHA) führt, mit einem größeren Gehirnvolumen insgesamt in Zusammenhang gebracht wird.16

      Höhere Werte von BDNF fördern kurzfristig das Gedächtnis, die Laune und die exekutiven Funktionen und sind langfristig ein wirkungsvoller Förderer der neuronalen Plastizität.17 Plastizität ist hier der Begriff, den Neurowissenschaftler verwenden, um die Fähigkeit des Gehirns zu beschreiben, sich zu verändern. Unter Bedingungen, in denen diese Fähigkeit nachlässt, z. B. Alzheimer und Parkinson, ist auch der Wachstumsfaktor BDNF geringer. Ein Alzheimer-Gehirn könnte verglichen mit einem gesunden Gehirn nur über den halben BDNF-Wert verfügen, d.h. die Vermehrung des Proteins könnte das Ausbreiten der Krankheit verlangsamen.18 Selbst Depressionen könnten das Ergebnis geringer BDNF-Werte sein und deren Steigerung könnte auch hier zu einer Linderung der Symptome führen.19

      Ausdauertraining ist eine der besten Möglichkeiten, dieses wirkungsvolle und schützende Wachstumshormon zu fördern, und im Bereich Ernährung ist der Verzehr von Omega-3-Fettsäuren, insbesondere DHA, besonders förderlich für den Wachstumsfaktor BDNF. DHA ist für ein gesundes Gehirn derart wichtig, dass Wissenschaftler der Meinung sind, dass es der Zugang zu diesem speziellen Fett war, der es möglich machte, dass die frühen hominiden Gehirne sich zur aktuellen Größe entwickeln konnten. Doch sollte man EPA, den üblichen Kumpan von DHA, nicht außer Acht lassen: Es ist wohlbekannt, dass Entzündungen dem Gehirn BDNF abziehen – und EPA ist ein wirkmächtiger Entzündungs-Dämpfer.

      Geistige Gesundheit aus der Membran

      Der Begriff „exekutive Funktionen” wird für eine breit gefächerte Kategorie wichtiger kognitiver Prozesse verwendet, die von einer gesunden Funktion der Neurotransmitter abhängen. Im Wesentlichen bedeutet das, dass die „exekutiven Funktionen” uns dabei helfen, „Dinge zu erledigen“ und für das Planen, Treffen von Entscheidungen und für die Selbstkontrolle benötigt werden. In unserem alltäglichen Leben spielen sie eine so große Rolle, dass Wissenschaftler davon ausgehen, dass sie für Erfolg von größerer Bedeutung sind als der IQ oder angeborene akademische Begabung.20

      Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wird häufig als eine Störung der „exekutiven Funktionen” beschrieben. Während das „Problem“ mit ADHS eher eine Konsequenz dessen ist, dass auf Neuheiten und Entdeckungen eingestellte Gehirne auf Jobroutinen und gleichgeschaltete Ausbildung stoßen, wird in der wissenschaftlichen Forschung die potenzielle Rolle, die Fette aus der Ernährung für die Optimierung der kognitiven Funktionen spielen, unterstrichen.

      In einer Studie der University of North Carolina aus dem Jahr 2013 wurden die kognitiven Fähigkeiten von Kindern mit einer Momentaufnahme ihrer jeweiligen Ernährung verglichen. Die Kinder, die weniger Omega-6-Fettsäuren konsumierten, schnitten bei Tests ihres Arbeitsgedächtnisses und ihrer exekutiven Fähigkeiten deutlich besser ab. Die Forscher schrieben, dass die Exekutiven Funktionen scheinbar besonders durch ein ungleiches Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren beeinflusst werden.21 Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, gibt sie keinen Beweis, dass es tatsächlich so ist, doch in Versuchen hat sich tatsächlich herausgestellt, dass sich die Aufmerksamkeit sowohl von Kindern mit ADHS als auch die von sich durchschnittlich entwickelnden Kindern verbesserte, wenn sie Nahrungsergänzungsmittel für Omega-3-Fettsäuren einnahmen.22

      Welche Bedeutung haben diese Erkenntnisse über die Kindheit hinaus? Eine Studie der Charité in Berlin könnte Licht auf die Sache werfen.23 Kognitiv normalen Erwachsenen wurden täglich Nahrungsergänzungsmittel für Omega-3-Fettsäuren verabreicht, die 1320 mg EPA und 880 mg DHA enthielten. Sechsundzwanzig Wochen später wurden die kognitiven Fähigkeiten der Studienteilnehmer getestet. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die „exekutiven Funktionen” der Studienteilnehmer, welche die Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel eingenommen hatten, verglichen mit den Teilnehmern aus einer Placebo-Gruppe um 26 % verbessert waren. Außerdem war ein Anstieg des Volumens ihrer grauen Masse zu beobachten, sowie eine verbesserte strukturelle Integrität ihrer weißen Masse. Die weiße Masse kann man sich als Autobahnnetz des Gehirns vorstellen, das es ermöglicht, Daten zwischen den verschiedenen Regionen auf der Schnellspur zu übermitteln. In besagter Studie schienen die Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel wie ein infrastrukturelles Verstärkungsteam zu wirken, das Schlaglöcher beseitigt und sogar für zusätzliche Fahrspuren sorgt, während in der Placebo-Gruppe ein subtiler Rückgang der Kognition zu beobachten war, passend zu typischen Alterungserscheinungen.

      Die positiven Auswirkungen auf das persönliche und berufliche Leben sind potenziell schon Grund genug, um für ein optimales Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren zu sorgen, aber könnte dies auch den 450 Millionen Menschen weltweit helfen, die unter einer geistigen Erkrankung leiden? Diese Frage stellten sich Wissenschaftler der University of Melbourne, als sie Menschen im Teenageralter und in den frühen Zwanzigern, die eine Vorgeschichte psychotischer Symptome hatten, täglich eine Dosis Fischöl verabreichten. (Fischöl als präventive oder therapeutische Maßnahme einzusetzen ist auch daher ansprechend, weil es nicht mit demselben Stigma behaftet ist wie antipsychotische Medikamente.)

      Ist Fischöl das Allheilmittel für psychische Erkrankungen? Leider nein. Die aufgeführten Forschungsergebnisse bieten jedoch weitere Beweise dafür, dass unsere Ernährung nicht mehr in Harmonie zu den Bedürfnissen unserer Ernährung steht – und es kann uns deutliche Vorteile bringen, dieses Ungleichgewicht auszugleichen.

      FURAN – DER SCHLÄFER DES GEHIRNS?

      Der verstorbene österreichische Chemiker Gerhard Spiteller – der Erste, der die Alarmglocken bezüglich der Gefahren von industriell verarbeitetem Öl mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren läutete – machte bei der Untersuchung von Fischölen eine interessante Entdeckung. Mit seinen besonderen biochemischen Fähigkeiten stellte er fest, dass konzentrierte Quellen für Omega-3-Fettsäuren immer von einer Art Fett begleitet wurden, das als Furanfettsäuren bzw. F-Säuren bekannt ist. Diese von Algen und Pflanzen produzierten F-Säuren werden in Fischöl eingebunden, wenn Fische Algen verzehren. (Eine weitere bekannte Quelle für F-Säuren ist Butter von Bio- Weidevieh).25 Sobald sie von uns konsumiert wurden, wandern sie neben Omega-3-, Omega-6- und anderen Fettsäuren in eine Zellmembran, in der sie in der Nähe befindliche freie Radikale neutralisieren, die von mehrfach ungesättigten Fettsäuren oder anderem oxidativen Stress stammen.

      Japanische Wissenschaftler hoben die Wirksamkeit der F-Säuren hervor, als sie die wirkungsvollen entzündungshemmenden Eigenschaften der neuseeländischen Grünschalenmuscheln untersuchten, gespannt


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