Dichtung und Wahrheit. Johann Wolfgang von Goethe

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Dichtung und Wahrheit - Johann Wolfgang von Goethe


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die­ser Hei­ter­keit. Die größ­te Ord­nung sei­ner Pa­pie­re, Bü­cher, Land­kar­ten mach­te einen an­ge­neh­men Ein­druck. Sein Sohn, Hein­rich Se­bas­ti­an, der sich durch ver­schie­de­ne Schrif­ten im Kunst­fach be­kannt ge­macht, ver­sprach in sei­ner Ju­gend we­nig. Gut­mü­tig, aber täp­pisch, nicht roh, aber doch ge­ra­de­zu und ohne be­sond­re Nei­gung, sich zu un­ter­rich­ten, such­te er lie­ber die Ge­gen­wart des Va­ters zu ver­mei­den, in­dem er von der Mut­ter al­les, was er wünsch­te, er­hal­ten konn­te. Ich hin­ge­gen nä­her­te mich dem Al­ten im­mer mehr, je mehr ich ihn ken­nen lern­te. Da er sich nur be­deu­ten­der Rechts­fäl­le an­nahm, so hat­te er Zeit ge­nug, sich auf an­de­re Wei­se zu be­schäf­ti­gen und zu un­ter­hal­ten. Ich hat­te nicht lan­ge um ihn ge­lebt und sei­ne Leh­ren ver­nom­men, als ich wohl mer­ken konn­te, dass er mit Gott und der Welt in Op­po­si­ti­on ste­he. Eins sei­ner Lieb­lings­bü­cher war A­grip­pa de va­ni­ta­te scien­tia­rum, das er mir be­son­ders emp­fahl und mein jun­ges Ge­hirn da­durch eine Zeit lang in ziem­li­che Ver­wir­rung setz­te. Ich war im Be­ha­gen der Ju­gend zu ei­ner Art von Op­ti­mis­mus ge­neigt und hat­te mich mit Gott oder den Göt­tern ziem­lich wie­der aus­ge­söhnt: denn durch eine Rei­he von Jah­ren war ich zu der Er­fah­rung ge­kom­men, dass es ge­gen das Böse man­ches Gleich­ge­wicht gebe, dass man sich von den Übeln wohl wie­der her­stel­le und dass man sich aus Ge­fah­ren ret­te und nicht im­mer den Hals bre­che. Auch was die Men­schen ta­ten und trie­ben, sah ich läss­lich an und fand man­ches Lo­bens­wür­di­ge, wo­mit mein al­ter Herr kei­nes­wegs zu­frie­den sein woll­te. Ja, als er ein­mal mir die Welt ziem­lich von ih­rer frat­zen­haf­ten Sei­te ge­schil­dert hat­te, merk­te ich ihm an, dass er noch mit ei­nem be­deu­ten­den Trump­fe zu schlie­ßen ge­den­ke. Er drück­te, wie in sol­chen Fäl­len sei­ne Art war, das blin­de lin­ke Auge stark zu, blick­te mit dem an­de­ren scharf her­vor und sag­te mit ei­ner nä­seln­den Stim­me: »Auch in Gott ent­deck’ ich Feh­ler.«

      Mein Ti­mo­ni­scher Men­tor war auch Ma­the­ma­ti­ker; aber sei­ne prak­ti­sche Na­tur trieb ihn zur Mecha­nik, ob er gleich nicht selbst ar­bei­te­te. Eine für da­ma­li­ge Zei­ten we­nigs­tens wun­der­sa­me Uhr, wel­che ne­ben den Stun­den und Ta­gen auch die Be­we­gun­gen von Son­ne und Mond an­zeig­te, ließ er nach sei­ner An­ga­be ver­fer­ti­gen. Sonn­tags früh um Zehn zog er sie je­des Mal selbst auf, wel­ches er umso ge­wis­ser tun konn­te, als er nie­mals in die Kir­che ging. Ge­sell­schaft oder Gäs­te habe ich nie bei ihm ge­se­hen. An­ge­zo­gen und aus dem Hau­se ge­hend er­in­ne­re ich mir ihn in zehn Jah­ren kaum zwei­mal.

      Die ver­schie­de­nen Un­ter­hal­tun­gen mit die­sen Män­nern wa­ren nicht un­be­deu­tend, und je­der wirk­te auf mich nach sei­ner Wei­se. Für einen je­den hat­te ich so viel, oft noch mehr Auf­merk­sam­keit als die ei­ge­nen Kin­der, und je­der such­te an mir, als an ei­nem ge­lieb­ten Soh­ne, sein Wohl­ge­fal­len zu ver­meh­ren, in­dem er an mir sein mo­ra­li­sches Eben­bild her­zu­stel­len trach­te­te. Olen­schla­ger woll­te mich zum Hof­mann, Rei­neck zum di­plo­ma­ti­schen Ge­schäfts­mann bil­den; bei­de, be­son­ders letz­te­rer, such­ten mir Poe­sie und Schrift­stel­le­rei zu ver­lei­den. Hüs­gen woll­te mich zum Ti­mon sei­ner Art, da­bei aber zum tüch­ti­gen Rechts­ge­lehr­ten ha­ben: ein not­wen­di­ges Hand­werk, wie er mein­te, da­mit man sich und das Sei­ni­ge ge­gen das Lum­pen­pack von Men­schen re­gel­mä­ßig ver­tei­di­gen, ei­nem Un­ter­drück­ten bei­ste­hen und al­len­falls ei­nem Schel­men et­was am Zeu­ge fli­cken kön­ne; letz­te­res je­doch sei we­der be­son­ders tun­lich noch rat­sam.

      Hielt ich mich gern an der Sei­te je­ner Män­ner, um ih­ren Rat, ih­ren Fin­ger­zeig zu be­nut­zen, so for­der­ten jün­ge­re, an Al­ter mir nur we­nig vor­aus­ge­schrit­te­ne mich auf zum un­mit­tel­ba­ren Nach­ei­fern. Ich nen­ne hier vor al­len an­de­ren die Ge­brü­der Schlos­ser, und Gries­bach. Da ich je­doch mit die­sen in der Fol­ge in ge­naue­re Ver­bin­dung trat, wel­che vie­le Jah­re un­un­ter­bro­chen dau­er­te, so sage ich ge­gen­wär­tig nur so viel, dass sie uns da­mals als aus­ge­zeich­net in Spra­chen und an­de­ren, die aka­de­mi­sche Lauf­bahn er­öff­nen­den Stu­di­en ge­prie­sen und zum Mus­ter auf­ge­stellt wur­den und dass je­der­mann die ge­wis­se Er­war­tung heg­te, sie wür­den einst im Staat und in der Kir­che et­was Un­ge­mei­nes leis­ten.

      Was mich be­trifft, so hat­te ich auch wohl im Sin­ne, et­was Au­ßer­or­dent­li­ches her­vor­zu­brin­gen; worin es aber be­ste­hen kön­ne, woll­te mir nicht deut­lich wer­den. Wie man je­doch eher an den Lohn denkt, den man er­hal­ten möch­te, als an das Ver­dienst, das man sich er­wer­ben soll­te, so leug­ne ich nicht, dass, wenn ich an ein wün­schens­wer­tes Glück dach­te, die­ses mir am rei­zends­ten in der Ge­stalt des Lor­beer­kran­zes er­schi­en, der den Dich­ter zu zie­ren ge­floch­ten ist.

      1 fremd­län­disch, be­son­ders ro­ma­nisch, süd­län­disch <<<

      2 schlak­si­ger, hoch auf­ge­schos­se­ner (jun­ger) Mann <<<

      3 Der Ka­te­chis­mus, Hand­buch der Un­ter­wei­sung in den Grund­fra­gen des christ­li­chen Glau­bens. <<<

      4 Kon­tor, Nie­der­las­sung ei­nes Han­dels­un­ter­neh­mens <<<

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