Der zweite Killer. Hansjörg Anderegg
Читать онлайн книгу.sprachen keine ihm bekannte Sprache. Dennoch fand er bald, wonach er suchte. Die Fälle, die ihn interessierten, lagen etwas abseits auf einem gesonderten Stapel. Fisher hatte genau gewusst, was mit seinen Patienten los war. Er nahm die Akten heraus und verschloss den Schrank wieder. Zeit für den geordneten Rückzug. Er streifte die Arbeitskleidung des Toten über und lauschte. Im Augenblick schien sich niemand für Dr. Fisher zu interessieren. Der Zeitpunkt war günstig. Schon fast an der Tür, kehrte er noch einmal zum Schreibtisch zurück. Ein Krankenblatt lag offen neben dem Telefon. Der Name der Patientin weckte alte Erinnerungen: Kati Jung-Gruber. Die Frau war erst am Vortag eingeliefert worden. Er verstand nicht viel vom medizinischen Kauderwelsch, aber genug, um die Parallelen zu Eddie zu sehen. Er packte die Akte zu den andern, wartete, bis die Schritte im Flur verhallten, und verließ das Zimmer.
Kati lag in ICU, der Intensive Care Unit, ein Umweg von wenigen Schritten. Er fand die Station verlassen vor. Nur die Patientin lag reglos im Bett. Er hätte sie nicht wiedererkannt ohne das Namensschild. Weiß wie das Laken, schien sie tief zu schlafen. Sie atmete flach aber selbstständig. Bei jedem Atemzug hörte er ein leises Rasseln. Es war sinnlos, sie aufzuwecken. In diesem Zustand würde sie keine Fragen beantworten.
Er spürte einen Luftzug im Rücken. Seine Nackenhaare sträubten sich. Jeden Muskel angespannt, drehte er sich langsam um. Ein Techniker stand unter der Tür.
»Wie geht es Kati, Doc?«, flüsterte er.
Alois Jung stand auf der ID an seiner Brusttasche, Katis Ehemann, vermutete er. Laute Rufe und das Geräusch schneller Schritte drangen vom Flur herein. Man hatte Fishers Leiche entdeckt, Grund genug, seine Rolle als Arzt noch etwas länger zu spielen.
»Schließen Sie bitte die Tür«, sagte er zum Techniker. »Ihre Frau braucht absolute Ruhe. Ihr Zustand ist unverändert aber stabil. Machen Sie sich keine Sorgen.«
»Sie haben gut reden, Doc.«
Der Deutsche sprach ein nahezu perfektes Englisch. Selbst der amerikanische Akzent fehlte nicht. Er trat ans Bett und begann, Katis Wangen zu streicheln.
»Zehn Jahre hast du hier gearbeitet«, murmelte er, »ohne auch nur einmal krank zu werden, und jetzt das … Wie ist so etwas möglich?«
Auf den günstigen Augenblick wartend, beobachtete der falsche Arzt die Vorgänge draußen unauffällig durch die getönte Scheibe.
»Doc – glauben Sie, Kati habe sich hier im Lazarett angesteckt?«
»Wir wissen es nicht. Die Untersuchungen laufen noch.«
Der Techniker ergriff Katis Hand.
»Das hängt sicher wieder mit dieser Schweinerei in München zusammen. Warum hast du mir nie erzählt, was damals passiert ist?«
»Was meinen Sie damit?«
»Die Münchner Klinik, wo sie vorher gearbeitet hat, da muss etwas Schlimmes geschehen sein. Sie wollte nie darüber sprechen, aber sie hat Albträume gehabt, immer wieder.«
»Die Münchner Klinik …«, wiederholte er nachdenklich.
Die Lage draußen hatte sich etwas beruhigt. Er verabschiedete sich eilends und verließ die Intensivstation. Wie erwartet, beachtete niemand den unbekannten Arzt, der mit dem Aktenbündel unter dem Arm in Riesenschritten dem Ausgang zustrebte. Auf der Höhe des Rollstuhls, der noch immer verlassen im Flur stand, änderte sich die Lage schlagartig. Ein Trupp der Security in Kampfanzügen, Karabiner im Anschlag, stürmte ins Haus. Geistesgegenwärtig ergriff er den Rollstuhl, stieß die Tür zum leeren Zimmer auf und gab vor, das Gefährt hineinzuschieben. Die Männer rannten hinter seinem Rücken vorbei. Kurz danach verließ er das Haus und das Lazarett, ohne behelligt zu werden. LRMC: check.
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