Stolz und Vorurteil & Emma. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil & Emma - Jane Austen


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erklärte er dann auch, dass er sich nur deswegen so schnell bereit gezeigt habe, ihrer freundlichen erneuten Einladung zu entsprechen, weil er sich der Gesellschaft seiner Charlotte erfreuen wolle; er hoffe, am Montag in vierzehn Tagen wieder bei ihnen zu sein. Lady Catherine, fügte er in einer Nachschrift hinzu, billige seine Heirat von Herzen und habe den Wunsch ausgesprochen, die Trauung doch so bald wie möglich folgen zu lassen, ein Wunsch, dem sich auch Charlotte nicht entziehen könne und der sie veranlassen dürfte, ihm nun den Tag zu nennen, der ihn zum glücklichsten Menschen machen sollte.

      Mr. Collins’ Besuch in Longbourn war jetzt kein übermäßig erfreulicher Gedanke mehr für Mrs. Bennet; im Gegenteil, sie war sogar geneigt, sich nicht minder heftig darüber zu beklagen als ihr Mann. Es sei doch merkwürdig, dass er nach Longbourn komme, anstatt nach Lucas Lodge zu gehen; für ihn sei das höchst unbequem und für alle anderen äußerst lästig. Außerdem liebe sie es nicht, Gäste zu haben, wenn es ihr nicht gut gehe, und verliebte Leute seien überdies noch besonders unangenehm.

      Weit größer war die Besorgnis, dass Bingley immer noch abwesend war. Weder Jane noch Elisabeth wussten, was sie davon denken sollten. Ein Tag nach dem anderen verging ohne Nachricht von ihm; in Meryton war bald darauf das Gerücht aufgetaucht, er beabsichtige, den ganzen Winter über in London zu bleiben, ein Gerücht, das Mrs. Bennet höchst aufgebracht als ganz unverschämte Lüge abtat, wo immer sie ihm begegnete. Sogar Elisabeth machte sich Sorgen. Nicht, dass etwa Bingley gleichgültig gegen Jane geworden sein könnte, aber dass seine Schwestern ihn mit Erfolg von Netherfield fernhalten würden. Sie fürchtete denn auch, die Bemühungen der beiden berechnenden Schwestern und der Einfluss seines Freundes im Verein mit den Reizen Miss Darcys und den Vergnügungen Londons könnten am Ende doch seiner Zuneigung auf die Dauer ernstlich Abbruch tun.

      Für Jane war naturgemäß dieser Zustand der Ungewissheit noch bedrückender als für ihre Schwester; aber sie versuchte, ihre Gedanken und Gefühle zu verbergen, und die beiden Schwestern rührten daher nie an dieses Thema. Da Mrs. Bennet jedoch kein solches Feingefühl besaß, brauchte sie sich auch nicht eine solche Zurückhaltung aufzuerlegen, und es verging kaum eine Stunde, in der sie nicht von Bingley sprach, ihre Ungeduld über seine lange Abwesenheit zum Ausdruck brachte und sogar von Jane dazu hören wollte, dass es sie sehr kränken würde, wenn er nicht zurückkäme.

      Mr. Collins dagegen kam pünktlich am angekündigten Montag an, aber sein Empfang war dieses Mal um vieles weniger herzlich als bei seinem ersten Besuch. Er fühlte sich indes zu glücklich, um auf das Verhalten seiner Verwandten sehr zu achten. Und zur Erleichterung für die ganze Familie nahm ihn seine neue Würde als Bräutigam so sehr in Anspruch, dass sie den größten Teil des Tages von seiner Gegenwart befreit waren.

      Mrs. Bennet befand sich in einem wahrlich beklagenswerten Zustand. Die geringste Bemerkung über irgend etwas, das mit der Heirat zusammenhing, schleuderte sie in eine Hölle von Missgunst und Ärger, und dabei konnte sie hingehen, wohin sie wollte, überall war eben dieses verhasste Thema Hauptgesprächsstoff. Der Anblick von Charlotte Lucas war nicht minder hassenswert; als ihre Nachfolgerin in ihrem Hause betrachtete sie das junge Mädchen mit eifersüchtigem Abscheu. So oft Charlotte zu Besuch kam und sich etwa mit Mr. Collins unterhielt, meinte sie, jetzt sprächen sie gewiss über Longbourn und überlegten, wie sie Mrs. Bennet und ihre Töchter vor die Tür setzen könnten. Mrs. Bennet klagte ihrem Mann bitterlich ihr Leid.

      »Es ist doch wirklich zu hart, mein lieber Bennet«, sagte sie, »zu denken, dass Charlotte hier einmal einziehen soll und dass ich gezwungen sein werde, ihr Platz zu machen!«

      »Lass den Kopf nicht hängen, meine Liebe. Vielleicht gibt es eine bessere Lösung; ich kann dich ja auch überleben.«

      Aber Mrs. Bennet fand an diesen Worten nicht viel Trost.

      Vierundzwanzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Endlich kam Carolines Brief und machte allen Hoffnungen und Zweifeln ein Ende. Schon der erste Satz enthielt die Bestätigung, dass die Bingleys alle sich für den ganzen Winter in London eingerichtet hatten, und der Brief schloss mit einem Ausdruck des Bedauerns, dass ihr Bruder keine Zeit gehabt habe, sich von seinen Freunden in Longbourn zu verabschieden, bevor er Netherfield verließ.

      Den Hauptinhalt bildete jedoch eine Lobeshymne auf Miss Darcy. Ihre vielen Vorzüge wurden erneut des längeren beschrieben, und Caroline prahlte überglücklich mit der ständig fester werdenden Freundschaft zwischen ihr und dem jungen Mädchen und glaubte sogar, die baldige Erfüllung der Wünsche und Hoffnungen voraussagen zu können, deren sie in ihrem letzten Brief Erwähnung getan hatte.

      Sie berichtete weiter mit offenbarem Vergnügen, dass ihr Bruder fast ständiger Gast in Darcys Haus sei, und flocht bei der Gelegenheit eine entzückte Beschreibung der neuen Wohnungseinrichtung ein, die dieser sich gerade anfertigen ließ.

      Elisabeth hörte es sich in schweigender Erbitterung an, als Jane ihr die wichtigsten Stellen des Briefes vorlas. Sie schwankte zwischen Mitleid für Jane und Hass gegen die Bingleys. Carolines Behauptung, ihr Bruder sei von Miss Darcy besonders eingenommen, schenkte sie keinen Glauben; dass er Jane wirklich von Herzen gern hatte, daran zweifelte sie auch jetzt nicht einen Augenblick; aber so sehr sie früher bereit gewesen war, nur das Beste von ihm zu halten, so wenig konnte sie jetzt ohne Zorn, ja sogar Verachtung an ihn denken, an ihn und seine Unbeständigkeit und seine Schwächlichkeit, die ihn jetzt zum Sklaven seiner hinterlistigen, falschen Freunde machten und ihn sein Glück ihren Einfällen und Wünschen opfern ließen. Wäre es nur die Frage seines eigenen Glückes gewesen, nun gut, damit sollte er spielen dürfen, soviel er wollte; aber das ihrer Schwester wurde ebenfalls davon betroffen, und das musste er so gut wissen wie sie. Aber sie konnte noch so viel hin und her überlegen, einen Ausweg aus den Schwierigkeiten fand sie nicht. Ob Bingleys Gefühle tatsächlich so kurzlebig waren oder dem Eingreifen seiner Freunde weichen mussten, ob er sich Janes Zuneigung bewusst geworden war, oder ob er sie nicht beachtet hatte; welche von diesen Möglichkeiten auch zutreffen mochte, es würde zwar ihre Meinung über ihn beeinflussen, aber für ihre Schwester würde sich in dem einen wie in dem anderen Fall nichts ändern: ihr Frieden war zerstört.

      Jane ließ nicht gern in ihr Inneres blicken; aber als Mrs. Bennet sie einmal nach einer ungewöhnlich ermüdenden Jeremiade über Netherfield mit Elisabeth allein ließ, konnte sie den Stoßseufzer nicht unterdrücken: »Wenn unsere liebe Mutter sich doch ein wenig mehr beherrschen könnte! Wenn sie nur wüsste, wie tief mich ihre ständigen Anspielungen schmerzen! Aber ich will nicht jammern. Es wird nicht lange dauern und er ist vergessen, und alles wird wieder sein wie zuvor!«

      Elisabeth sah mit bekümmerter und nicht sehr überzeugter Miene zu ihrer Schwester hinüber, sagte jedoch nichts.

      »Du glaubst mir nicht«, rief Jane errötend, »aber du kannst mir glauben, er wird in meiner Erinnerung als der liebste Mensch weiterleben, den ich je getroffen habe; das ist aber auch alles. Ich habe nichts mehr zu hoffen und nichts mehr zu fürchten und nichts ihm vorzuwerfen. Gott sei Dank bleibt mir dieser Schmerz erspart. Ein wenig Zeit nur — ich werde schon darüber hinwegkommen …«

      Mit festerer Stimme fügte sie dann hinzu: »Den Trost habe ich schon jetzt, dass es weiter nichts als ein Irrtum meiner Einbildung gewesen ist und dass niemand darunter zu leiden gehabt hat außer mir selbst.«

      »Meine liebe Jane«, rief Elisabeth, »du bist doch zu gut. Du bist wirklich ein Engel an Sanftmut; ich weiß gar nicht, was ich dir antworten soll. Du willst alle Welt vollkommen finden, und es kränkt dich, wenn man über irgend jemanden Schlechtes denkt. Ich möchte jetzt nur dich als vollkommen betrachten. Je mehr ich von der Welt zu sehen bekomme, um so unzufriedener werde ich mit ihr; jeder Tag bestätigt von neuem meine Überzeugung, dass die Menschen wankelmütig sind und dass man sich weder auf die Vernunft, noch auf die Verdienste anderer verlassen kann. Erst kürzlich habe ich dafür wieder zwei Beweise erhalten: über die eine Sache will ich nicht sprechen, die andere ist Charlottes Verlobung. Sie ist mir vollkommen unverständlich!«

      »Liebe Lizzy, lass dich bitte nicht von solchen Ansichten beherrschen; du wirst


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