Die Elixiere des Teufels. E.T.A. Hoffmann

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Die Elixiere des Teufels - E.T.A. Hoffmann


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Prinzips, ohne welche alles farb- und glanzlos geblieben wäre, anerkennen. Über alle hocherhaben rücksichts der geistigen und

       wissenschaftlichen Ausbildung stand von jeher der Prior Leonardus. Außerdem daß er allgemein für einen wackern Gelehrten in

       der Theologie galt, so, daß er mit Leichtigkeit und Tiefe die schwierigsten Materien abzuhandeln wußte und sich die Professoren

       des Seminars oft bei ihm Rat und Belehrung holten, war er auch mehr, als man es wohl einem Klostergeistlichen zutrauen kann,

       für die Welt ausgebildet. Er sprach mit Fertigkeit und Eleganz das Italienische und Französische, und seiner besonderen

       Gewandtheit wegen hatte man ihn in früherer Zeit zu wichtigen Missionen gebraucht. Schon damals, als ich ihn kennen lernte, war

       er hochbejahrt, aber indem sein weißes Haar von seinem Alter zeugte, blitzte aus den Augen noch jugendliches Feuer, und das

       anmutige Lächeln, welches um seine Lippen schwebte, erhöhte den Ausdruck der innern Behaglichkeit und Gemütsruhe.

       Dieselbe Grazie, welche seine Rede schmückte, herrschte in seinen Bewegungen, und selbst die unbehilfliche Ordenstracht

       schmiegte sich wundersam den wohlgebauten Formen seines Körpers an. Es befand sich kein einziger unter den Brüdern, den

       nicht eigne freie Wahl, den nicht sogar das von der innern geistigen Stimmung erzeugte Bedürfnis in das Kloster gebracht hätte;

       aber auch den Unglücklichen, der im Kloster den Port gesucht hätte, um der Vernichtung zu entgehen, hätte Leonardus bald

       getröstet; seine Buße wäre der kurze Übergang zur Ruhe geworden, und, mit der Welt versöhnt, ohne ihren Tand zu achten, hätte

       er, im Irdischen lebend, doch sich bald über das Irdische erhoben. Diese ungewöhnlichen Tendenzen des Klosterlebens hatte

       Leonardus in Italien aufgefaßt, wo der Kultus und mit ihm die ganze Ansicht des religiösen Lebens heitrer ist als in dem

       katholischen Deutschland. So wie bei dem Bau der Kirchen noch die antiken Formen sich erhielten, so scheint auch ein Strahl

       aus jener heitern lebendigen Zeit des Altertums in das mystische Dunkel des Christianism gedrungen zu sein und es mit dem

       wunderbaren Glanze erhellt zu haben, der sonst die Götter und Helden umstrahlte.

       Leonardus gewann mich lieb, er unterrichtete mich im Italienischen und Französischen, vorzüglich waren es aber die

       mannigfachen Bücher, welche er mir in die Hände gab, sowie seine Gespräche, die meinen Geist auf besondere Weise

       ausbildeten. Beinahe die ganze Zeit, welche meine Studien im Seminar mir übrig ließen, brachte ich im Kapuzinerkloster zu, und

       ich spürte, wie immer mehr meine Neigung zunahm, mich einkleiden zu lassen. Ich eröffnete dem Prior meinen Wunsch; ohne

       mich indessen gerade davon abbringen zu wollen, riet er mir, wenigstens noch ein paar Jahre zu warten und unter der Zeit mich

       mehr als bisher in der Welt umzusehen. So wenig es mir indessen an anderer Bekanntschaft fehlte, die ich mir vorzüglich durch

       den bischöflichen Konzertmeister, welcher mich in der Musik unterrichtete, erworben, so fühlte ich mich doch in jeder Gesellschaft

       und vorzüglich, wenn Frauenzimmer zugegen waren, auf unangenehme Weise befangen, und dies sowie überhaupt der Hang zum

       kontemplativen Leben schien meinen innern Beruf zum Kloster zu entscheiden. –

       Einst hatte der Prior viel Merkwürdiges mit mir gesprochen über das profane Leben; er war eingedrungen in die schlüpfrigsten

       Materien, die er aber mit seiner gewöhnlichen Leichtigkeit und Anmut des Ausdrucks zu behandeln wußte, so daß er, alles nur im

       mindesten Anstößige vermeidend, doch immer auf den rechten Fleck traf. Er nahm endlich meine Hand, sah mir scharf ins Auge

       und frug, ob ich noch unschuldig sei. – Ich fühlte mich erglühen, denn indem Leonardus mich so verfänglich frug, sprang ein Bild in

       den lebendigsten Farben hervor, welches so lange ganz von mir gewichen. – Der Konzertmeister hatte eine Schwester, welche

       gerade nicht schön genannt zu werden verdiente, aber doch, in der höchsten Blüte stehend, ein überaus reizendes Mädchen war.

       Vorzüglich zeichnete sie ein im reinsten Ebenmaß geformter Wuchs aus; sie hatte die schönsten Arme, den schönsten Busen in

       Form und Kolorit, den man nur sehen kann. – Eines Morgens, als ich zum Konzertmeister gehen wollte meines Unterrichts halber,

       überraschte ich die Schwester im leichten Morgenanzuge, mit beinahe ganz entblößter Brust; schnell warf sie zwar das Tuch über,

       aber doch schon zu viel hatten meine gierigen Blicke erhascht, ich konnte kein Wort sprechen, nie gekannte Gefühle regten sich

       stürmisch in mir und trieben das glühende Blut durch die Adern, daß hörbar meine Pulse schlugen. Meine Brust war krampfhaft

       zusammengepreßt und wollte zerspringen, ein leiser Seufzer machte mir endlich Luft. Dadurch, daß das Mädchen ganz

       unbefangen auf mich zukam, mich bei der Hand faßte und trug, was mir dann wäre, wurde das Übel wieder Ärger, und es war ein

       Glück, daß der Konzertmeister in die Stube trat und mich von der Qual erlöste. Nie hatte ich indessen solche falsche Akkorde

       gegriffen, nie so im Gesang detoniert, als dasmal. Fromm genug war ich, um später das Ganze für eine böse Anfechtung des

       Teufels zu halten, und ich pries mich nach kurzer Zeit recht glücklich, den bösen Feind durch die asketischen Übungen, die ich

       unternahm, aus dem Felde geschlagen zu haben. Jetzt bei der verfänglichen Frage des Priors sah ich des Konzertmeisters

       Schwester mit entblößtem Busen vor mir stehen, ich fühlte den warmen Hauch ihres Atems, den Druck ihrer Hand – meine innere

       Angst stieg mit jedem Momente. Leonardus sah mich mit einem gewissen ironischen Lächeln an, vor dem ich erbebte. Ich konnte

       seinen Blick nicht ertragen, ich schlug die Augen nieder, da klopfte mich der Prior auf die glühenden Wangen und sprach: »Ich

       sehe, mein Sohn, daß Sie mich gefaßt haben, und daß es noch gut mit Ihnen steht, der Herr bewahre Sie vor der Verführung der

       Welt; die Genüsse, die sie Ihnen darbietet, sind von kurzer Dauer, und man kann wohl behaupten, daß ein Fluch darauf ruhe, da in

       dem unbeschreiblichen Ekel, in der vollkommenen Erschlaffung, in der Stumpfheit für alles Höhere, die sie hervorbringen, das

       bessere geistige Prinzip des Menschen untergeht.« – So sehr ich mich mühte, die Frage des Priors und das Bild, welches

       dadurch hervorgerufen wurde, zu vergessen, so wollte es mir doch durchaus nicht gelingen, und war es mir erst geglückt, in

       Gegenwart jenes Mädchens unbefangen zu sein, so scheute ich doch wieder jetzt mehr als jemals ihren Anblick, da mich schon

       bei dem Gedanken an sie eine Beklommenheit, eine innere Unruhe überfiel, die mir um so gefährlicher schien, als zugleich eine

       unbekannte wundervolle Sehnsucht und mit ihr eine Lüsternheit sich regte, die wohl sündlich sein mochte. Ein Abend sollte diesen

       zweifelhaften Zustand entscheiden. Der Konzertmeister hatte mich, wie er manchmal zu tun pflegte, zu einer musikalischen

       Unterhaltung, die er mit einigen Freunden veranstaltet, eingeladen. Außer seiner Schwester waren noch mehrere Frauenzimmer

       zugegen, und dieses steigerte die Befangenheit, die mir schon bei der Schwester allein den Atem versetzte. Sie war sehr reizend

       gekleidet, sie kam mir schöner als je vor, es war, als zöge mich eine unsichtbare unwiderstehliche Gewalt zu ihr hin, und so kam

      


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