Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn

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Nachteil bringen würde. Zudem ist der Schuldner durch den Ersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO geschützt.

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      Ein Bereicherungsanspruch aus Eingriffskondition ist anerkannt für eine persönlichkeitsrechtsverletzende Verwendung eines Bildnisses oder eines Namens oder sonstiger Persönlichkeitsrechtsmerkmale zu Zwecken der Werbung.[548] Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Vermögen des Betroffenen in irgendeiner Weise durch die persönlichkeitsrechtsverletzende Ausnutzung zu Werbezwecken gemindert ist, etwa dass er – hypothetisch – für die Anfertigung des Bildnisses hätte Zeit aufwenden müssen oder das betroffene Persönlichkeitsrecht überhaupt hätte wirtschaftlich nutzen können, auch nicht auf der Bereitschaft des Betroffenen, über das betroffene Persönlichkeitsgut gegen Entgelt zu Werbezwecken überhaupt zu verfügen.[549] Kein solcher Anspruch kann hingegen bestehen, wenn die Presse über ein die Öffentlichkeit interessierendes Ereignis berichtet und schon gar nicht ersichtlich ist, dass kommerzielle Interessen des Betroffenen bestanden haben.[550]

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      Der Bereicherungsanspruch kann neben einem Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden.[551]

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      Der Höhe nach ist dem Verletzten zumindest die Lizenzgebühr zu zahlen, die bei ordnungsgemäßem Rechtserwerb aufzuwenden gewesen wäre.[552] Bei der Bemessung des angemessenen Honorars sind alle Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen, wie etwa Auflagenstärke, Verbreitung, Art (z.B. Blickfang oder sogar Testimonial) und Gestaltung sowie die Werbewirkung (z.B. Bekanntheitsgrad, Sympathiewert).[553] Die Lizenzhöhe ist dem Sachverständigenbeweis zugänglich,[554] kann aber auch gem. § 287 ZPO vom Gericht in freier Beweiswürdigung ermittelt werden.[555] Dies ist jedenfalls solange von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, wie die Schätzung nicht mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig „in der Luft hing“.[556]

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      Der Bereicherungsanspruch endet mit dem Tod des Verletzten.[557] Besteht der Bereicherungsanspruch dem Grunde nach, steht dem Verletzten als Hilfsanspruch ein Auskunftsanspruch zur Verfügung.[558]

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      Das Verschulden ist in der Regel durch die rechtswidrige Verletzung des haftungsbegründenden Tatbestandes indiziert. Bei offenen Tatbeständen wie dem Persönlichkeitsrecht ist dagegen die positive Feststellung der Rechtswidrigkeit notwendig.

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      Die – praktisch sehr relevante – Kausalität wird auf der Grundlage der Adäquanztheorie ermittelt.[559] Der Ersatz von Schäden, die nicht wegen, sondern nur gelegentlich einer rechtswidrigen Berichterstattung entstanden sind, können unter Umständen verfassungsrechtlich bedenklich sein, wenn wegen der Beeinträchtigung des Mutes zur Kommunikation die Pressefreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt würde.[560] Verletzen mehrere Medien durch gleiche oder ähnliche Darstellung das in Frage stehende Recht des Verletzten, sollen sie als getrennt Schäden Verursachende auch getrennt haften.[561]

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      Die Berechnung des Schadens folgt der Differenzlehre. Beim Eingriff in das Unternehmensrecht kann auch auf entgangenen Gewinn nach § 252 BGB geklagt werden. Es ist zu ermitteln, wie sich der Umsatz ohne die Veröffentlichung entwickelt hätte. Anhand des Umsatzes ist der hypothetische Gewinn zu berechnen, dessen Differenz zum tatsächlich erzielten dann den Schadensbetrag wiedergibt. Das Gericht kann zur Berechnung nach § 287 ZPO vorgehen. Als Schadensersatz kommt auch der Ersatz schadensmindernder Aufwendungen in Betracht,[562] sofern diese erforderlich sind[563] (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB).

      Aktiv- und Passivlegitimation entspricht dem zum Unterlassungsanspruch Gesagten.

      Für Schadensersatzansprüche steht lediglich das Hauptsacheverfahren zur Verfügung. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Streitwert.

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      Der BGH hat erstmals in der Herrenreiter-Entscheidung[564] einen Schmerzensgeldanspruch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen bejaht. Heute ist der Geldentschädigungsanspruch dogmatisch auf der Grundlage von § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 Abs. 1 GG gesichert. Maßgeblich ausgestaltet wurde dieser Anspruch dann in den Caroline von Monaco-Entscheidungen des BGH.[565] Beim Anspruch auf Geldentschädigung stünde der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Daneben diene der Rechtsbehelf auch der Prävention. Darin ist jedoch ausdrücklich kein Gewinnabschöpfungsanspruch zu sehen.[566]

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      Der Geldentschädigungsanspruch hat jedoch, soll er mit Art. 5 GG vereinbar sein, nur subsidiären Charakter[567] und darf überdies nur bei erheblicher Beeinträchtigung der Persönlichkeitssphäre und schwerem Verschulden zuerkannt werden.[568] Nach alledem bedingt ein Anspruch auf Geldentschädigung

eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung;
schuldhaftes Handeln des Verletzers;
ein Fehlen der Möglichkeit, die verursachte Beeinträchtigung auf andere Weise befriedigend auszugleichen;
die Folgerung, dass die Umstände des Einzelfalls eine Geldentschädigung erforderlich machen.

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      Ob eine hinreichend schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, ist nur anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu ermitteln.[569] Beispiele können die Verletzung der Intimsphäre,[570] erfundene Interviews[571] oder Korruptionsverdacht ohne Anhaltspunkte[572] sein. Bei Bildveröffentlichungen kommt ein Anspruch ferner dann in Betracht, wenn mehrere gleichartige Verletzungen vorliegen, die für sich genommen nicht schwerwiegend sind, die jedoch in ihrer Gesamtheit als hartnäckige Verletzungen zu werten sind.[573] Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Anspruchsteller.[574]

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      Auch an einem Mitverschulden des Betroffenen kann der Anspruch scheitern.[575]

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      Der Anspruch hat lediglich subsidiären Charakter. Kann die Verletzung auf andere Weise ausgeglichen werden, entfällt er.[576] Der Betroffene ist grds. gehalten, sich um einen solchen anderweitigen Ausgleich zu bemühen.[577] Wird z.B. ein Widerruf oder eine Richtigstellung auf Verlangen umgehend abgedruckt oder gesendet, so kann ein Anspruch entfallen.[578] Versäumt er, andere Ausgleichsmaßnahmen geltend zu machen oder werden überzogene Zahlungsansprüche gefordert, ist der Anspruch im Zweifel nicht gegeben.[579]

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      Schließlich muss für die Geldentschädigung ein unabwendbares Bedürfnis bestehen.[580] Zu berücksichtigen sind Art und Schwere der Beeinträchtigung, ihr Anlass, Kontext und Beweggrund, Grad des Verschuldens sowie Präventionszweck.[581]

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      Anspruchsberechtigt sind nur natürliche lebende Personen. Juristische Personen oder Personengesellschaften können kein Genugtuungsbedürfnis haben.[582] Auch das postmortale Persönlichkeitsrecht gewährt keinen Geldentschädigungsanspruch.[583] Der Anspruch ist nicht übertragbar und nicht vererblich.[584] Mehrere Medien, die parallel verletzt haben, sollen einzeln haften.[585]

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      Die Höhe der Geldentschädigung hängt von den Umständen des Falles


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