Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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sa­gen es die al­ten Weib­chen aus dem Vol­ke, dass sie wie ein Fels­block vor das Thor der Un­ter­welt ge­stellt sei: durch den Feu­er­berg sel­ber aber füh­re der schma­le Weg ab­wärts, der zu die­sem Tho­re der Un­ter­welt ge­lei­te.

      Um jene Zeit nun, als Za­ra­thustra auf den glück­se­li­gen In­seln weil­te, ge­sch­ah es, dass ein Schiff an der In­sel An­ker warf, auf wel­cher der rau­chen­de Berg steht; und sei­ne Mann­schaft gieng an’s Land, um Ka­nin­chen zu schies­sen. Ge­gen die Stun­de des Mit­tags aber, da der Ca­pi­tän und sei­ne Leu­te wie­der bei­sam­men wa­ren, sa­hen sie plötz­lich durch die Luft einen Mann auf sich zu­kom­men, und eine Stim­me sag­te deut­lich: »es ist Zeit! Es ist die höchs­te Zeit!« Wie die Ge­stalt ih­nen aber am nächs­ten war – sie flog aber schnell gleich ei­nem Schat­ten vor­bei, in der Rich­tung, wo der Feu­er­berg lag – da er­kann­ten sie mit grös­ster Be­stür­zung, dass es Za­ra­thustra sei; denn sie hat­ten ihn Alle schon ge­sehn, aus­ge­nom­men der Ca­pi­tän sel­ber, und sie lieb­ten ihn, wie das Volk liebt: also dass zu glei­chen Thei­len Lie­be und Scheu bei­sam­men sind.

      »Seht mir an! sag­te der alte Steu­er­mann, da fährt Za­ra­thustra zur Höl­le!« –

      Um die glei­che Zeit, als die­se Schif­fer an der Feue­r­in­sel lan­de­ten, lief das Gerücht um­her, dass Za­ra­thustra ver­schwun­den sei; und als man sei­ne Freun­de frag­te, er­zähl­ten sie, er sei bei Nacht zu Schiff ge­gan­gen, ohne zu sa­gen, wo­hin er rei­sen wol­le.

      Also ent­stand eine Un­ru­he; nach drei Ta­gen aber kam zu die­ser Un­ru­he die Ge­schich­te der Schiffs­leu­te hin­zu – und nun sag­te al­les Volk, dass der Teu­fel Za­ra­thustra ge­holt habe. Sei­ne jün­ger lach­ten zwar ob die­ses Ge­re­des; und ei­ner von ih­nen sag­te so­gar: »eher glau­be ich noch, dass Za­ra­thustra sich den Teu­fel ge­holt hat.’ Aber im Grun­de der See­le wa­ren sie Alle voll Be­sorg­niss und Sehn­sucht: so war ihre Freu­de gross, als am fünf­ten Tage Za­ra­thustra un­ter ih­nen er­schi­en.

      Und diess ist die Er­zäh­lung von Za­ra­thustra’s Ge­spräch mit dem Feu­er­hun­de.

      Die Erde, sag­te er, hat eine Haut; und die­se Haut hat Krank­hei­ten. Eine die­ser Krank­hei­ten heisst zum Bei­spiel: »Mensch.«

      Und eine an­de­re die­ser Krank­hei­ten heisst »Feu­er­hund«: über den ha­ben sich die Men­schen Viel vor­ge­lo­gen und vor­lü­gen las­sen.

      Diess Ge­heim­niss zu er­grün­den gieng ich über das Meer: und ich habe die Wahr­heit nackt ge­sehn, wahr­lich! bar­fuss bis zum Hal­se.

      Was es mit dem Feu­er­hund auf sich hat, weiss ich nun; und ins­glei­chen mit all den Aus­wurf- und Um­sturz-Teu­feln, vor de­nen sich nicht nur alte Weib­chen fürch­ten.

      Heraus mit dir, Feu­er­hund, aus dei­ner Tie­fe! rief ich, und be­ken­ne, wie tief die­se Tie­fe ist! Wo­her ist das, was du da her­auf­schnaubst?

      Du trinkst reich­lich am Mee­re: das ver­räth dei­ne ver­salz­te Be­red­sam­keit! Für­wahr, für einen Hund der Tie­fe nimmst du dei­ne Nah­rung zu sehr von der Ober­flä­che!

      Höchs­tens für den Bauch­red­ner der Erde hal­t’ ich dich: und im­mer, wenn ich Um­sturz- und Aus­wurf-Teu­fel re­den hör­te, fand ich sie gleich dir: ge­sal­zen, lüg­ne­risch und flach.

      Ihr ver­steht zu brül­len und mit Asche zu ver­dun­keln! Ihr seid die bes­ten Gross­mäu­ler und lern­tet satt­sam die Kunst, Schlamm heiss zu sie­den.

      Wo ihr seid, da muss stets Schlamm in der Nähe sein, und viel Schwam­mich­tes, Höh­lich­tes, Ein­ge­zwäng­tes: das will in die Frei­heit.

      »Frei­heit« brüllt ihr Alle am liebs­ten: aber ich ver­lern­te den Glau­ben an »gros­se Er­eig­nis­se,« so­bald viel Ge­brüll und Rauch um sie her­um ist.

      Und glau­be mir nur, Freund Höl­len­lärm! Die gröss­ten Er­eig­nis­se – das sind nicht uns­re lau­tes­ten, son­dern uns­re stills­ten Stun­den.

      Nicht um die Er­fin­der von neu­em Lär­me: um die Er­fin­der von neu­en Wert­hen dreht sich die Welt; un­hör­bar dreht sie sich.

      Und ge­steh es nur! We­nig war im­mer nur ge­schehn, wenn dein Lärm und Rauch sich ver­zog. Was liegt dar­an, dass eine Stadt zur Mu­mie wur­de, und eine Bild­säu­le im Schlam­me liegt!

      Und diess Wort sage ich noch den Um­stür­zern von Bild­säu­len. Das ist wohl die gröss­te Thor­heit, Salz in’s Meer und Bild­säu­len in den Schlamm zu wer­fen.

      Im Schlam­me eu­rer Ver­ach­tung lag die Bild­säu­le: aber das ist ge­ra­de ihr Ge­setz, dass ihr aus der Ver­ach­tung wie­der Le­ben und le­ben­de Schön­heit wächst!

      Mit gött­li­che­ren Zü­gen steht sie nun auf und lei­dend­ver­füh­re­risch; und wahr­lich! sie wird euch noch Dank sa­gen, dass ihr sie um­stürz­tet, ihr Um­stür­zer!

      Die­sen Rath aber rat­he ich Kö­ni­gen und Kir­chen und Al­lem, was al­ters- und tu­gend­schwach ist – lasst euch nur um­stür­zen! Dass ihr wie­der zum Le­ben kommt, und zu euch – die Tu­gend! –

      Also re­de­te ich vor dem Feu­er­hun­de: da un­ter­brach er mich mür­risch und frag­te: »Kir­che? Was ist denn das?«

      Kir­che? ant­wor­te­te ich, das ist eine Art von Staat, und zwar die ver­lo­gens­te. Doch schweig still, du Heu­chel­hund! Du kennst dei­ne Art wohl am bes­ten schon!

      Gleich dir sel­ber ist der Staat ein Heu­chel­hund; gleich dir re­det er gern mit Rauch und Ge­brül­le, – dass er glau­ben ma­che, gleich dir, er rede aus dem Bauch der Din­ge.

      Denn er will durch­aus das wich­tigs­te Thier auf Er­den sein, der Staat; und man glaub­t’s ihm auch. –

      Als ich das ge­sagt hat­te, ge­bär­de­te sich der Feu­er­hund wie un­sin­nig vor Neid. »Wie? schrie er, das wich­tigs­te Thier auf Er­den? Und man glaub­t’s ihm auch?« Und so viel Dampf und gräss­li­che Stim­men ka­men ihm aus dem Sch­lun­de, dass ich mein­te, er wer­de vor Ar­ger und Neid er­sti­cken.

      End­lich wur­de er stil­ler, und sein Keu­chen liess nach; so­bald er aber stil­le war, sag­te ich la­chend:

      »Du är­gerst dich, Feu­er­hund: also habe ich über dich Recht!

      Und dass ich auch noch Recht be­hal­te, so höre von ei­nem an­dern Feu­er­hun­de: der spricht wirk­lich aus dem Her­zen der Erde.

      Gold haucht sein Athem und gol­di­gen Re­gen: so will’s das Herz ihm. Was ist ihm Asche und Rauch und heis­ser Schleim noch!

      La­chen flat­tert aus ihm wie ein bun­tes Ge­wöl­ke; ab­güns­tig ist er dei­nem Gur­geln und Spei­en und Grim­men der Ein- ge­wei­de!

      Das Gold aber und das La­chen – das nimmt er aus dem Her­zen der Erde: denn dass du’s nur weisst, – das Herz der Erde ist von Gold

      Als diess der Feu­er­hund ver­nahm, hielt er’s nicht mehr aus, mir zu­zu­hö­ren. Be­schämt zog er sei­nen Schwanz ein, sag­te auf eine klein­lau­te Wei­se Wau! Wau! und kroch hin­ab in sei­ne Höh­le. –

      Also er­zähl­te Za­ra­thustra. Sei­ne Jün­ger aber hör­ten ihm kaum zu: so gross war ihre Be­gier­de, ihm von den Schiffs­leu­ten, den Ka­nin­chen und dem flie­gen­den Man­ne zu er­zäh­len.

      »Was soll ich da­von den­ken! sag­te Za­ra­thustra. Bin ich denn ein Ge­s­penst?

      Aber es wird mein Schat­ten ge­we­sen sein. Ihr hör­tet wohl schon Ei­ni­ges


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