Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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ihr wür­det vor dem Son­nen­bran­de der Weis­heit flüch­ten, in dem der Über­mensch mit Lust sei­ne Nackt­heit ba­det!

      Ihr höchs­ten Men­schen, de­nen mein Auge be­geg­ne­te! das ist mein Zwei­fel an euch und mein heim­li­ches La­chen: ich rat­he, ihr wür­det mei­nen Über­menschen – Teu­fel heis­sen!

      Ach, ich ward die­ser Höchs­ten und Bes­ten müde: aus ih­rer »Höhe« ver­lang­te mich hin­auf, hin­aus, hin­weg zu dem Über­menschen!

      Ein Grau­sen über­fiel mich, als ich die­se Bes­ten nackend sah: da wuch­sen mir die Flü­gel, fort­zu­schwe­ben in fer­ne Zu­künf­te.

      In fer­ne­re Zu­künf­te, in süd­li­che­re Sü­den, als je ein Bild­ner träum­te: dort­hin, wo Göt­ter sich al­ler Klei­der schä­men!

      Aber ver­klei­det will ich euch sehn, ihr Nächs­ten und Mit­menschen, und gut ge­putzt, und ei­tel, und wür­dig, als »die Gu­ten und Ge­rech­ten,« –

      Und ver­klei­det will ich sel­ber un­ter euch sit­zen, – dass ich euch und mich ver­ken­ne: das ist näm­lich mei­ne letz­te Men­schen-Klug­heit.

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Die stillste Stunde

      Was ge­sch­ah mir, mei­ne Freun­de? Ihr seht mich ver­stört, fort­ge­trie­ben, un­wil­lig-folg­sam, be­reit zu ge­hen – ach, von euch fort­zu­ge­hen!

      Ja, noch Ein Mal muss Za­ra­thustra in sei­ne Ein­sam­keit: aber un­lus­tig geht diess­mal der Bär zu­rück in sei­ne Höh­le!

      Was ge­sch­ah mir? Wer ge­beut diess? – Ach, mei­ne zor­ni­ge Her­rin will es so, sie sprach zu mir: nann­te ich je euch schon ih­ren Na­men?

      Ges­tern gen Abend sprach zu mir mei­ne stills­te Stun­de: das ist der Name mei­ner furcht­ba­ren Her­rin.

      Und so ge­sch­ah’s, – denn Al­les muss ich euch sa­gen, dass euer Herz sich nicht ver­här­te ge­gen den plötz­lich Schei­den­den!

      Kennt ihr den Schre­cken des Ein­schla­fen­den? –

      Bis in die Ze­hen hin­ein erschrickt er, darob, dass ihm der Bo­den weicht und der Traum be­ginnt.

      Die­ses sage ich euch zum Gleich­niss. Ges­tern, zur stills­ten Stun­de, wich mir der Bo­den: der Traum be­gann.

      Der Zei­ger rück­te, die Uhr mei­nes Le­bens hol­te Athem – nie hör­te ich sol­che Stil­le um mich: also dass mein Herz er­schrak.

      Dann sprach es ohne Stim­me zu mir: »Du weisst es, Za­ra­thustra?« –

      Und ich schrie vor Schre­cken bei die­sem Flüs­tern, und das Blut wich aus mei­nem Ge­sich­te: aber ich schwieg.

      Da sprach es aber­mals ohne Stim­me zu mir: »Du weisst es, Za­ra­thustra, aber du re­dest es nicht!« –

      Und ich ant­wor­te­te end­lich gleich ei­nem Trot­zi­gen: »Ja, ich weiss es, aber ich will es nicht re­den!«

      Da sprach es wie­der ohne Stim­me zu mir: »Du willst nicht, Za­ra­thustra? Ist diess auch wahr? Ver­ste­cke dich nicht in dei­nen Trotz!« –

      Und ich wein­te und zit­ter­te wie ein Kind und sprach: »Ach, ich woll­te schon, aber wie kann ich es! Er­lass mir diess nur! Es ist über mei­ne Kraft!«

      Da sprach es wie­der ohne Stim­me zu mir: »Was liegt an dir, Za­ra­thustra! Sprich dein Wort und zer­brich!« –

      Und ich ant­wor­te­te: »Ach, ist es mein Wort? Wer bin ich? Ich war­te des Wür­di­ge­ren; ich bin nicht werth, an ihm auch nur zu zer­bre­chen.«

      Da sprach es wie­der ohne Stim­me zu mir: »Was liegt an dir? Du bist mir noch nicht de­müthig ge­nug. Die De­muth hat das här­tes­te Fell.« –

      Und ich ant­wor­te­te: »Was trug nicht schon das Fell mei­ner De­muth! Am Fus­se woh­ne ich mei­ner Höhe: wie hoch mei­ne Gip­fel sind? Nie­mand sag­te es mir noch. Aber gut ken­ne ich mei­ne Thä­ler.«

      Da sprach es wie­der ohne Stim­me zu mir: »Oh Za­ra­thustra, wer Ber­ge zu ver­set­zen hat, der ver­setzt auch Thä­ler und Nie­de­run­gen.« –

      Und ich ant­wor­te­te: »Noch ver­setz­te mein Wort kei­ne Ber­ge, und was ich re­de­te, er­reich­te die Men­schen nicht. Ich gieng wohl zu den Men­schen, aber noch lang­te ich nicht bei ih­nen an.«

      Da sprach es wie­der ohne Stim­me zu mir: »Was weisst du da­von! Der Thau fällt auf das Gras, wenn die Nacht am ver­schwie­gens­ten ist.« –

      Und ich ant­wor­te­te: »sie ver­spot­te­ten mich, als ich mei­nen ei­ge­nen Weg fand und gieng; und in Wahr­heit zit­ter­ten da­mals mei­ne Füs­se.

      Und so spra­chen sie zu mir: du ver­lern­test den Weg, nun ver­l­ernst du auch das Ge­hen!«

      Da sprach es wie­der ohne Stim­me zu mir: »Was liegt an ih­rem Spot­te! Du bist Ei­ner, der das Ge­hor­chen ver­lernt hat: nun sollst du be­feh­len!

      Weisst du nicht, wer Al­len am nö­thigs­ten thut? Der Gros­ses be­fiehlt.

      Gros­ses voll­füh­ren ist schwer: aber das Schwe­re­re ist, Gros­ses be­feh­len.

      Das ist dein Un­ver­zeih­lichs­tes: du hast die Macht, und du willst nicht herr­schen.« –

      Und ich ant­wor­te­te: »Mir fehlt des Lö­wen Stim­me zu al­lem Be­feh­len.«

      Da sprach es wie­der wie ein Flüs­tern zu mir: »Die stills­ten Wor­te sind es, wel­che den Sturm brin­gen. Ge­dan­ken, die mit Tau­ben­füs­sen kom­men, len­ken die Welt.

      Oh Za­ra­thustra, du sollst ge­hen als ein Schat­ten des­sen, was kom­men muss: so wirst du be­feh­len und be­feh­lend vor­an­ge­hen.« –

      Und ich ant­wor­te­te: »Ich schä­me mich.«

      Da sprach es wie­der ohne Stim­me zu mir: »Du musst noch Kind wer­den und ohne Scham.

      Der Stolz der Ju­gend ist noch auf dir, spät bist du jung ge­wor­den: aber wer zum Kin­de wer­den will, muss auch noch sei­ne Ju­gend über­win­den.« –

      Und ich be­sann mich lan­ge und zit­ter­te. End­lich aber sag­te ich, was ich zu­erst sag­te: »Ich will nicht.«

      Da ge­sch­ah ein La­chen um mich. Wehe, wie diess La­chen mir die Ein­ge­wei­de zer­riss und das Herz auf­schlitz­te!

      Und es sprach zum letz­ten Male zu mir: »Oh Za­ra­thustra, dei­ne Früch­te sind reif, aber du bist nicht reif für dei­ne Früch­te!

      So musst du wie­der in die Ein­sam­keit: denn du sollst noch mür­be wer­den.« –

      Und wie­der lach­te es und floh: dann wur­de es stil­le um mich wie mit ei­ner zwie­fa­chen Stil­le. Ich aber lag am Bo­den, und der Sch­weiss floss mir von den Glie­dern.

      – Nun hör­tet ihr Al­les, und warum ich in mei­ne Ein­sam­keit zu­rück muss. Nichts ver­schwieg ich euch, mei­ne Freun­de.

      Aber auch diess hör­tet ihr von mir, wer im­mer noch al­ler Men­schen Ver­schwie­gens­ter ist – und es sein will!

      Ach mei­ne Freun­de! Ich hät­te euch noch Et­was zu sa­gen, ich hät­te euch noch Et­was zu ge­ben! Wa­rum gebe ich es nicht? Bin ich denn gei­zig?« –

      Als Za­ra­thustra aber die­se Wor­te ge­spro­chen hat­te, über­fiel ihn die Ge­walt des Schmer­zes und die


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