Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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je so viel Ekel und blei­ches Grau­en auf Ei­nem Ant­lit­ze? Er hat­te wohl ge­schla­fen? Da kroch ihm die Schlan­ge in den Sch­lund – da biss sie sich fest.

      Mei­ne Hand riss die Schlan­ge und riss: – um­sonst! sie riss die Schlan­ge nicht aus dem Sch­lun­de. Da schrie es aus mir: »Beiss zu! Beiss zu!

      Den Kopf ab! Beiss zu!« – so schrie es aus mir, mein Grau­en, mein Hass, mein Ekel, mein Er­bar­men, all mein Gu­tes und Schlim­mes schrie mit Ei­nem Schrei aus mir. –

      Ihr Küh­nen um mich! Ihr Su­cher, Ver­su­cher, und wer von euch mit lis­ti­gen Se­geln sich in un­er­forsch­te Mee­re ein­schiff­te! Ihr Räth­sel-Fro­hen!

      So rat­het mir doch das Räth­sel, das ich da­mals schau­te, so deu­tet mir doch das Ge­sicht des Ein­sams­ten!

      Denn ein Ge­sicht war’s und ein Vor­her­sehn: – was sah ich da­mals im Gleich­nis­se? Und wer ist, der einst noch kom­men muss?

      Wer ist der Hirt, dem also die Schlan­ge in den Sch­lund kroch? Wer ist der Mensch, dem also al­les Schwers­te, Schwär­zes­te in den Sch­lund krie­chen wird?

      – Der Hirt aber biss, wie mein Schrei ihm rieth; er biss mit gu­tem Bis­se! Weit weg spie er den Kopf der Schlan­ge –: und sprang em­por. –

      Nicht mehr Hirt, nicht mehr Mensch, – ein Ver­wan­del­ter, ein Um­leuch­te­ter, wel­cher lach­te ! Nie­mals noch auf Er­den lach­te je ein Mensch, wie er lach­te!

      Oh mei­ne Brü­der, ich hör­te ein La­chen, das kei­nes Men­schen La­chen war, – – und nun frisst ein Durst an mir, eine Sehn­sucht, die nim­mer stil­le wird.

      Mei­ne Sehn­sucht nach die­sem La­chen frisst an mir: oh wie er­tra­ge ich noch zu le­ben! Und wie er­trü­ge ich’s, jetzt zu ster­ben! –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von der Seligkeit wider Willen

      Mit sol­chen Räth­seln und Bit­ter­nis­sen im Her­zen fuhr Za­ra­thustra über das Meer. Als er aber vier Ta­ge­rei­sen fern war von den glück­se­li­gen In­seln und von sei­nen Freun­den, da hat­te er al­len sei­nen Schmerz über­wun­den –: sieg­reich und mit fes­ten Füs­sen stand er wie­der auf sei­nem Schick­sal. Und da­mals re­de­te Za­ra­thustra also zu sei­nem frohlo­cken­den Ge­wis­sen:

      Al­lein bin ich wie­der und will es sein, al­lein mit rei­nem Him­mel und frei­em Mee­re; und wie­der ist Nach­mit­tag um mich.

      Des Nach­mit­tags fand ich zum ers­ten Male einst mei­ne Freun­de, des Nach­mit­tags auch zum an­de­ren Male: – zur Stun­de, da al­les Licht stil­ler wird.

      Denn was von Glück noch un­ter­wegs ist zwi­schen Him­mel und Erde, das sucht sich nun zur Her­ber­ge noch eine lich­te See­le: vor Glück ist al­les Licht jetzt stil­ler wor­den.

      Oh Nach­mit­tag mei­nes Le­bens! Einst stieg auch mein Glück zu Tha­le, dass es sich eine Her­ber­ge su­che: da fand es die­se off­nen gast­freund­li­chen See­len.

      Oh Nach­mit­tag mei­nes Le­bens! Was gab ich nicht hin, dass ich Eins hät­te: die­se le­ben­di­ge Pflan­zung mei­ner Ge­dan­ken und diess Mor­gen­licht mei­ner höchs­ten Hoff­nung!

      Ge­fähr­ten such­te einst der Schaf­fen­de und Kin­der sei­ner Hoff­nung: und sie­he, es fand sich, dass er sie nicht fin­den kön­ne, es sei denn, er schaf­fe sie sel­ber erst.

      Also bin ich mit­ten in mei­nem Wer­ke, zu mei­nen Kin­dern ge­hend und von ih­nen keh­rend: um sei­ner Kin­der wil­len muss Za­ra­thustra sich selbst vollen­den.

      Denn von Grund aus liebt man nur sein Kind und Werk; und wo gros­se Lie­be zu sich sel­ber ist, da ist sie der Schwan­ger­schaft Wahr­zei­chen: so fand ich’s.

      Noch grü­nen mir mei­ne Kin­der in ih­rem ers­ten Früh­lin­ge, nahe bei ein­an­der ste­hend und ge­mein­sam von Win­den ge­schüt­telt, die Bäu­me mei­nes Gar­tens und bes­ten Erd­reichs.

      »Und wahr­lich! Wo sol­che Bäu­me bei ein­an­der stehn, da sin­d glück­se­li­ge In­seln!

      Aber einst­mals will ich sie aus­he­ben und einen je­den für sich al­lein stel­len: dass er Ein­sam­keit ler­ne und Trotz und Vor­sicht.

      Knor­rig und ge­krümmt und mit bieg­sa­mer Här­te soll er mir dann am Mee­re da­stehn, ein le­ben­di­ger Leucht­thurm un­be­sieg­ba­ren Le­bens.

      Dort, wo die Stür­me hin­ab in’s Meer stür­zen, und des Ge­birgs Rüs­sel Was­ser trinkt, da soll ein je­der ein­mal sei­ne Tag- und Nacht­wa­chen ha­ben, zu sei­ner Prü­fung und Er­kennt­niss.

      Er­kannt und ge­prüft soll er wer­den, dar­auf, ob er mei­ner Art und Ab­kunft ist, – ob er ei­nes lan­gen Wil­lens Herr sei, schweig­sam, auch wenn er re­det, und nach­ge­bend also, dass er im Ge­ben nimm­t: –

      – dass er einst mein Ge­fähr­te wer­de und ein Mit­schaf­fen­der und Mit­fei­ern­der Za­ra­thustra’s –: ein Sol­cher, der mir mei­nen Wil­len auf mei­ne Ta­feln schreibt: zu al­ler Din­ge vol­ler­er Vollen­dung.

      Und um sei­net­wil­len und sei­nes Glei­chen muss ich sel­ber mich vollen­den: dar­um wei­che ich jetzt mei­nem Glücke aus und bie­te mich al­lem Un­glücke an – zu mei­ner letz­ten Prü­fung und Er­kennt­niss.

      Und wahr­lich, Zeit war’s, dass ich gieng; und des Wan­de­rers Schat­ten und die längs­te Wei­le und die stills­te Stun­de – alle re­de­ten mir zu: »es ist höchs­te Zeit!«

      Der Wind blies mir durch­’s Schlüs­sel­loch und sag­te »Komm!« Die Thür sprang mir lis­tig auf und sag­te »Geh!«

      Aber ich lag an­ge­ket­tet an die Lie­be zu mei­nen Kin­dern: das Be­geh­ren leg­te mir die­se Sch­lin­ge, das Be­geh­ren nach Lie­be, dass ich mei­ner Kin­der Beu­te wür­de und mich an sie ver­lö­re.

      Be­geh­ren – das heisst mir schon: mich ver­lo­ren ha­ben. Ich habe euch, mei­ne Kin­der! In die­sem Ha­ben soll Al­les Si­cher­heit und Nichts Be­geh­ren sein.

      Aber brü­tend lag die Son­ne mei­ner Lie­be auf mir, im eig­nen Saf­te koch­te Za­ra­thustra, – da flo­gen Schat­ten und Zwei­fel über mich weg.

      Nach Frost und Win­ter ge­lüs­te­te mich schon: »oh dass Frost und Win­ter mich wie­der knacken und knir­schen mach­ten!« seufz­te ich: – da stie­gen ei­si­ge Ne­bel aus mir auf.

      Mei­ne Ver­gan­gen­heit brach ihm Grä­ber, manch le­ben­dig be­grab­ner Schmerz wach­te auf –: aus­ge­schla­fen hat­te er sich nur, ver­steckt in Lei­chen-Ge­wän­der.

      Also rief mir Al­les in Zei­chen zu: »es ist Zeit!« – Aber ich – hör­te nicht: bis end­lich mein Ab­grund sich rühr­te und mein Ge­dan­ke mich biss.

      Ach, ab­gründ­li­cher Ge­dan­ke, der du mein Ge­dan­ke bist! Wann fin­de ich die Stär­ke, dich gra­ben zu hö­ren und nicht mehr zu zit­tern?

      Bis zur Keh­le hin­auf klopft mir das Herz, wenn ich dich gra­ben höre! Dein Schwei­gen noch will mich wür­gen, du ab­gründ­lich Schwei­gen­der!

      Noch wag­te ich nie­mals, dich her­auf zu ru­fen: ge­nug schon, dass ich dich mit mir – trug! Noch war ich nicht stark ge­nug zum letz­ten Lö­wen-Über­mu­the und –Muthwil­len.

      Ge­nug des Furcht­ba­ren war mir im­mer schon dei­ne


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