Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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mir eben? Wahr­lich, mit tücki­scher Schön­heit schaut mich rings Meer und Le­ben an!

      Oh Nach­mit­tag mei­nes Le­bens! Oh Glück vor Abend! Oh Ha­fen auf ho­her See! Oh Frie­de im Un­ge­wis­sen! Wie miss­traue ich euch Al­len!

      Wahr­lich, miss­trau­isch bin ich ge­gen eure tücki­sche Schön­heit! Dem Lie­ben­den glei­che ich, der all­zu­samm­te­nem Lä­cheln miss­traut.

      Wie er die Ge­lieb­tes­te vor sich her stösst, zärt­lich noch in sei­ner Här­te, der Ei­fer­süch­ti­ge –, also stos­se ich die­se se­li­ge Stun­de vor mir her.

      Hin­weg mit dir, du se­li­ge Stun­de! Mit dir kam mir eine Se­lig­keit wi­der Wil­len! Wil­lig zu mei­nem tiefs­ten Schmer­ze ste­he ich hier: – zur Un­zeit kamst du!

      Hin­weg mit dir, du se­li­ge Stun­de! Lie­ber nimm Her­ber­ge dort – bei mei­nen Kin­dern! Eile! und seg­ne sie vor Abend noch mit mei­nem Glücke!

      Da naht schon der Abend: die Son­ne sinkt. Da­hin – mein Glück! –

      Also sprach Za­ra­thustra. Und er war­te­te auf sein Un­glück die gan­ze Nacht: aber er war­te­te um­sonst. Die Nacht blieb hell und still, und das Glück sel­ber kam ihm im­mer nä­her und nä­her. Ge­gen Mor­gen aber lach­te Za­ra­thustra zu sei­nem Her­zen und sag­te spöt­tisch: »das Glück läuft mir nach. Das kommt da­von, dass ich nicht den Wei­bern nach­lau­fe. Das Glück aber ist ein Weib.«

      Vor Sonnen-Aufgang

      Oh Him­mel über mir, du Rei­ner! Tie­fer! Du Licht-Ab­grund! Dich schau­end schau­de­re ich vor gött­li­chen Be­gier­den.

      In dei­ne Höhe mich zu wer­fen – das ist mei­ne Tie­fe! In dei­ne Rein­heit mich zu ber­gen – das ist mei­ne Un­schuld!

      Den Gott ver­hüllt sei­ne Schön­heit: so ver­birgst du dei­ne Ster­ne. Du re­dest nicht: so kün­dest du mir dei­ne Weis­heit.

      Stumm über brau­sen­dem Mee­re bist du heut mir auf­ge­gan­gen, dei­ne Lie­be und dei­ne Scham re­det Of­fen­ba­rung zu mei­ner brau­sen­den See­le.

      Dass du schön zu mir kamst, ver­hüllt in dei­ne Schön­heit, dass du stumm zu mir sprichst, of­fen­bar in dei­ner Weis­heit:

      Oh wie er­rie­the ich nicht al­les Scham­haf­te dei­ner See­le! Vor der Son­ne kamst du zu mir, dem Ein­sams­ten.

      Wir sind Freun­de von An­be­ginn: uns ist Gram und Grau­en und Grund ge­mein­sam; noch die Son­ne ist uns ge­mein­sam.

      Wir re­den nicht zu ein­an­der, weil wir zu Vie­les wis­sen –: wir schwei­gen uns an, wir lä­cheln uns un­ser Wis­sen zu.

      Bist du nicht das Licht zu mei­nem Feu­er? Hast du nicht die Schwes­ter-See­le zu mei­ner Ein­sicht?

      Zu­sam­men lern­ten wir Al­les; zu­sam­men lern­ten wir über uns zu uns sel­ber auf­stei­gen und wol­ken­los lä­cheln: –

      – wol­ken­los hin­ab lä­cheln aus lich­ten Au­gen und aus mei­len­wei­ter Fer­ne, wenn un­ter uns Zwang und Zweck und Schuld wie Re­gen damp­fen.

      Und wan­der­te ich al­lein: wes hun­ger­te mei­ne See­le in Näch­ten und Irr-Pfa­den? Und stieg ich Ber­ge, wen such­te ich je, wenn nicht dich, auf Ber­gen?

      Und all mein Wan­dern und Berg­stei­gen: eine Noth war’s nur und ein Be­helf des Un­be­hol­fe­nen: – f­lie­gen al­lein will mein gan­zer Wil­le, in dich hin­ein flie­gen!

      Und wen hass­te ich mehr, als zie­hen­de Wol­ken und Al­les, was dich be­fleckt? Und mei­nen eig­nen Hass hass­te ich noch, weil er dich be­fleck­te!

      Den zie­hen­den Wol­ken bin ich gram, die­sen schlei­chen­den Raub-Kat­zen: sie neh­men dir und mir, was uns ge­mein ist, – das un­ge­heu­re un­be­grenz­te Ja- und Amen-sa­gen.

      Die­sen Mitt­lern und Mi­schern sind wir gram, den zie­hen­den Wol­ken: die­sen Halb- und Hal­ben, wel­che we­der seg­nen lern­ten, noch von Grund aus flu­chen.

      Lie­ber will ich noch un­ter ver­schloss­nem Him­mel in der Ton­ne sit­zen, lie­ber ohne Him­mel im Ab­grund sit­zen, als dich, Licht-Him­mel, mit Zieh-Wol­ken be­fleckt sehn!

      Und oft ge­lüs­te­te mich, sie mit zackich­ten Blitz-Gold­dräh­ten fest­zu­hef­ten, dass ich, gleich dem Don­ner, auf ih­rem Kes­sel-Bau­che die Pau­ke schlü­ge: –

      – ein zor­ni­ger Pau­ken­schlä­ger, weil sie mir dein Ja! und Amen! rau­ben, du Him­mel über mir, du Rei­ner! Lich­ter! Du Licht-Ab­grund! – weil sie dir mein Ja! und Amen! rau­ben.

      Denn lie­ber noch will ich Lärm und Don­ner und Wet­ter-Flü­che, als die­se be­däch­ti­ge zwei­feln­de Kat­zen-Ruhe; und auch un­ter Men­schen has­se ich am bes­ten alle Lei­se­tre­ter und Halb- und Hal­ben und zwei­feln­de, zö­gern­de Zieh-Wol­ken.

      Und »wer nicht seg­nen kann, der soll flu­chen ler­nen!« – die­se hel­le Leh­re fiel mir aus hel­lem Him­mel, die­ser Stern steht auch noch in schwar­zen Näch­ten an mei­nem Him­mel.

      Ich aber bin ein Seg­nen­der und ein Ja-sa­ger, wenn du nur um mich bist, du Rei­ner! Lich­ter! Du Licht-Ab­grund! – in alle Ab­grün­de tra­ge ich da noch mein seg­nen­des Ja-sa­gen.

      Zum Seg­nen­den bin ich wor­den und zum Ja-sa­gen­den: und dazu rang ich lan­ge und war ein Rin­ger, dass ich einst die Hän­de frei be­käme zum Seg­nen.

      Das aber ist mein Seg­nen: über jed­we­dem Ding als sein ei­ge­ner Him­mel stehn, als sein run­des Dach, sei­ne azur­ne Glo­cke und ewi­ge Si­cher­heit: und se­lig ist, wer also seg­net!

      Denn alle Din­ge sind ge­tauft am Bor­ne der Ewig­keit und jen­seits von Gut und Böse; Gut und Böse sel­ber aber sind nur Zwi­schen­schat­ten und feuch­te Trüb­sa­le und Zieh-Wol­ken.

      Wahr­lich, ein Seg­nen ist es und kein Läs­tern, wenn ich leh­re: »über al­len Din­gen steht der Him­mel Zu­fall, der Him­mel Un­schuld, der Him­mel Ohn­ge­fähr, der Him­mel Über­muth.«

      »Von Ohn­ge­fähr« – das ist der äl­tes­te Adel der Welt, den gab ich al­len Din­gen zu­rück, ich er­lös­te sie von der Knecht­schaft un­ter dem Zwe­cke.

      Die­se Frei­heit und Him­mels-Hei­ter­keit stell­te ich gleich azur­ner Glo­cke über alle Din­ge, als ich lehr­te, dass über ih­nen und durch sie kein »ewi­ger Wil­le« – will.

      Die­sen Über­muth und die­se Narr­heit stell­te ich an die Stel­le je­nes Wil­lens, als ich lehr­te: »bei Al­lem ist Eins un­mög­lich – Ver­nünf­tig­keit!«

      Ein We­nig Ver­nunft zwar, ein Same der Weis­heit zer­streut von Stern zu Stern, – die­ser Sau­er­teig ist al­len Din­gen ein­ge­mischt: um der Narr­heit wil­len ist Weis­heit al­len Din­gen ein­ge­mischt!

      Ein We­nig Weis­heit ist schon mög­lich; aber die­se se­li­ge Si­cher­heit fand ich an al­len Din­gen: dass sie lie­ber noch auf den Füs­sen des Zu­falls – tan­zen.

      Oh Him­mel über mir, du Rei­ner! Ho­her! Das ist mir nun dei­ne Rein­heit, dass es kei­ne ewi­ge Ver­nunft-Spin­ne und –Spin­nen­net­ze giebt: –

      – dass du mir ein Tanz­bo­den bist für gött­li­che Zu­fäl­le, dass du mir ein Göt­ter­tisch bist für gött­li­che Wür­fel und Wür­fel­spie­ler! –

      Doch du er­rö­thest?


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