Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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so schei­den wir nun! –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von der verkleinernden Tugend

      1

      Als Za­ra­thustra wie­der auf dem fes­ten Lan­de war, gieng er nicht stracks auf sein Ge­bir­ge und sei­ne Höh­le los, son­dern that vie­le Wege und Fra­gen und er­kun­de­te diess und das, also, dass er von sich sel­ber im Scher­ze sag­te: »sie­he einen Fluss, der in vie­len Win­dun­gen zu­rück zur Quel­le fliesst!« Denn er woll­te in Er­fah­rung brin­gen, was sich in­zwi­schen mit dem Men­schen zu­ge­tra­gen habe: ob er grös­ser oder klei­ner ge­wor­den sei. Und ein Mal sah er eine Rei­he neu­er Häu­ser; da wun­der­te er sich und sag­te:

      Was be­deu­ten die­se Häu­ser? Wahr­lich, kei­ne gros­se See­le stell­te sie hin, sich zum Gleich­nis­se!

      Nahm wohl ein blö­des Kind sie aus sei­ner Spiel­schach­tel? Dass doch ein an­de­res Kind sie wie­der in sei­ne Schach­tel thä­te!

      Und die­se Stu­ben und Kam­mern: kön­nen Män­ner da aus- und ein­ge­hen? Ge­macht dün­ken sie mich für Sei­den-Pup­pen; oder für Nasch­kat­zen, die auch wohl an sich na­schen las­sen.

      Und Za­ra­thustra blieb stehn und dach­te nach. End­lich sag­te er be­trübt: »Es ist Al­les klei­ner ge­wor­den!«

      Über­all sehe ich nied­ri­ge­re Tho­re: wer mei­ner Art ist, geht da wohl noch hin­durch, aber – er muss sich bücken!

      Oh wann kom­me ich wie­der in mei­ne Hei­mat, wo ich mich nicht mehr bücken muss – nicht mehr bücken muss vor den Klei­nen!« – Und Za­ra­thustra seufz­te und blick­te in die Fer­ne. –

      Des­sel­bi­gen Ta­ges aber re­de­te er sei­ne Rede über die ver­klei­nern­de Tu­gend.

      2

      Ich gehe durch diess Volk und hal­te mei­ne Au­gen of­fen: sie ver­ge­ben mir es nicht, dass ich auf ihre Tu­gen­den nicht nei­disch bin.

      Sie beis­sen nach mir, weil ich zu ih­nen sage: für klei­ne Leu­te sind klei­ne Tu­gen­den nö­thig – und weil es mir hart ein­geht, dass klei­ne Leu­te nö­thig sind!

      Noch glei­che ich dem Hahn hier auf frem­dem Ge­höf­te, nach dem auch die Hen­nen beis­sen; doch darob bin ich die­sen Hen­nen nicht un­gut.

      Ich bin höf­lich ge­gen sie wie ge­gen al­les klei­ne Aer­ger­niss; ge­gen das Klei­ne stach­licht zu sein dünkt mich eine Weis­heit für Igel.

      Sie re­den Alle von mir, wenn sie Abends um’s Feu­er sit­zen, – sie re­den von mir, aber Nie­mand denkt – an mich!

      Diess ist die neue Stil­le, die ich lern­te: ihr Lärm um mich brei­tet einen Man­tel über mei­ne Ge­dan­ken.

      Sie lär­men un­ter ein­an­der: »was will uns die­se düs­te­re Wol­ke? se­hen wir zu, dass sie uns nicht eine Seu­che brin­ge!«

      Und jüngst riss ein Weib sein Kind an sich, das zu mir woll­te: »nehmt die Kin­der weg! schrie es; sol­che Au­gen ver­sen­gen Kin­der-See­len.«

      Sie hus­ten, wenn ich rede: sie mei­nen, Hus­ten sei ein Ein­wand ge­gen star­ke Win­de, – sie er­rat­hen Nichts vom Brau­sen mei­nes Glückes!

      »Wir ha­ben noch kei­ne Zeit für Za­ra­thustra« – so wen­den sie ein; aber was liegt an ei­ner Zeit, die für Za­ra­thustra »kei­ne Zeit hat«?

      Und wenn sie gar mich rüh­men: wie könn­te ich wohl auf ih­rem Ruh­me ein­schla­fen? Ein Sta­chel-Gür­tel ist mir ihr Lob: es kratzt mich noch, wenn ich es von mir thue.

      Und auch das lern­te ich un­ter ih­nen: der Lo­ben­de stellt sich, als gäbe er zu­rück, in Wahr­heit aber will er mehr be­schenkt sein!

      Fragt mei­nen Fuss, ob ihm ihre Lob- und Lock-Wei­se ge­fällt! Wahr­lich, nach sol­chem Takt und Tik­tak mag er we­der tan­zen, noch stil­le stehn.

      Zur klei­nen Tu­gend möch­ten sie mich lo­cken und lo­ben; zum Tik­tak des klei­nen Glücks möch­ten sie mei­nen Fuss über­re­den.

      Ich gehe durch diess Volk und hal­te die Au­gen of­fen: sie sind klei­ner ge­wor­den und wer­den im­mer klei­ner: – das aber macht ihre Leh­re von Glück und Tu­gen­d.

      Sie sind näm­lich auch in der Tu­gend be­schei­den – denn sie wol­len Be­ha­gen. Mit Be­ha­gen aber ver­trägt sich nur die be­schei­de­ne Tu­gend.

      Wohl ler­nen auch sie auf ihre Art Schrei­ten und Vor­wärts-Schrei­ten: das heis­se ich ihr Hum­peln –. Da­mit wer­den sie je­dem zum An­stos­se, der Eile hat.

      Und Man­cher von ih­nen geht vor­wärts und blickt da­bei zu­rück, mit ver­steif­tem Na­cken: dem ren­ne ich gern wi­der den Leib.

      Fuss und Au­gen sol­len nicht lü­gen, noch sich ein­an­der Lü­gen stra­fen. Aber es ist viel Lüg­ne­rei bei den klei­nen Leu­ten.

      Ei­ni­ge von ih­nen wol­len, aber die Meis­ten wer­den nur ge­wollt. Ei­ni­ge von ih­nen sind ächt, aber die Meis­ten sind schlech­te Schau­spie­ler.

      Es giebt Schau­spie­ler wi­der Wis­sen un­ter ih­nen und Schau­spie­ler wi­der Wil­len –, die Äch­ten sind im­mer sel­ten, son­der­lich die äch­ten Schau­spie­ler.

      Des Man­nes ist hier we­nig: dar­um ver­männ­li­chen sich ihre Wei­ber. Denn nur wer Man­nes ge­nug ist, wird im Wei­be das Weib – er­lö­sen.

      Und die­se Heu­che­lei fand ich un­ter ih­nen am schlimms­ten: dass auch Die, wel­che be­feh­len, die Tu­gen­den De­rer heu­cheln, wel­che die­nen.

      »Ich die­ne, du dienst, wir die­nen« – so be­tet hier auch die Heu­che­lei der Herr­schen­den, – und wehe, wenn der ers­te Herr nur der ers­te Die­ner ist!

      Ach, auch in ihre Heu­che­lei­en ver­flog sich wohl mei­nes Au­ges Neu­gier; und gut er­rieth ich all ihr Flie­gen-Glück und ihr Sum­men um be­sonn­te Fens­ter­schei­ben.

      So­viel Güte, so­viel Schwä­che sehe ich. So­viel Ge­rech­tig­keit und Mit­lei­den, so­viel Schwä­che.

      Rund, recht­lich und gü­tig sind sie mit ein­an­der, wie Sand­körn­chen rund, recht­lich und gü­tig mit Sand­körn­chen sind.

      Be­schei­den ein klei­nes Glück um­ar­men – das heis­sen sie »Er­ge­bung«! und da­bei schie­len sie be­schei­den schon nach ei­nem neu­en klei­nen Glücke aus.

      Sie wol­len im Grun­de ein­fäl­tig­lich Eins am meis­ten: dass ih­nen Nie­mand wehe thue. So kom­men sie je­der­mann zu­vor und thun ihm wohl.

      Diess aber ist Feig­heit : ob es schon »Tu­gend« heisst. –

      Und wenn sie ein­mal rauh re­den, die­se klei­nen Leu­te: ich höre dar­in nur ihre Hei­ser­keit, – je­der Wind­zug näm­lich macht sie hei­ser.

      Klug sind sie, ihre Tu­gen­den ha­ben klu­ge Fin­ger. Aber ih­nen feh­len die Fäus­te, ihre Fin­ger wis­sen nicht, sich hin­ter Fäus­te zu ver­krie­chen.

      Tu­gend ist ih­nen das, was be­schei­den und zahm macht: da­mit mach­ten sie den Wolf zum Hun­de und den Men­schen sel­ber zu des Men­schen bes­tem Haust­hie­re.

      »Wir setz­ten un­sern Stuhl in die Mit­te


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