Im Thale des Todes. Karl May

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Im Thale des Todes - Karl May


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noch ein Wenig! Hier hat nämlich nicht der erste Beste Zutritt. Wir sehen uns unsere Leute an.«

      »Ich mir die meinigen auch. Und da Du hier nicht in der rechten Beleuchtung stehest, um einen guten Eindruck auf mich zu machen, so will ich Dich ein Wenig an das Licht und in die Luft stellen.«

      Er faßte ihn blitzschnell bei dem Leibe, hob ihn hoch empor, drehte sich um, setzte ihn außerhalb des Einganges wieder nieder und trat in das Haus. Der Peon hatte so Etwas nicht erwartet. Ein so resolutes Benehmen und eine solche Körperstärke war dem scheinbar unbehilflichen Dicken ja gar nicht zuzutrauen gewesen. Darum blieb Petro eine Weile ganz erstaunt auf derselben Stelle und als er sich dann umdrehte, um sich zu rächen, war Sam bereits in das Gastzimmer getreten.

      Dort saß die Wirthin an ihrem Tische und klatschte mit den nassen Händen an dem Thone herum.

      » Good day, Mistress!« grüßte Sam.

      Sie antwortete nicht. Er setzte sich nieder und wiederholte seinen Gruß. Auch jetzt erhielt er keine Antwort. Darum rief er nun sehr laut:

      »Seid Ihr taub, Mistreß?«

      Jetzt erhob sie sich, betrachtete ihn mit verächtlichem Blicke und meinte: »Hier spricht man nicht englisch, sondern spanisch!«

      »Ah so! Also buenos dias, tia!«

      Das hieß also: Guten Tag, Tante!

      Sie fuhr erschrocken zurück.

      »Was? Tante nennt Ihr mich?«

      »Ja.«

      »Wie kommt Ihr zu dieser Bezeichnung?«

      »Soll ich etwa Großmutter sagen? Ganz wie Ihr wollt! Mir ist es egal!«

      »Ich bin weder Eure Tante noch Eure Großmutter. Habt Ihr nicht meine Firma gelesen?«

      »Nein.«

      Er hatte seine Augen auf der Fährte gehabt, sich also das Schild gar nicht angesehen.

      »So geht hinaus und betrachtet es Euch!«

      »Das kann ich nachher thun, wenn ich gehe.«

      »Ihr könnt gleich jetzt gehen!«

      »Jetzt werde ich mich erst ein wenig ausruhen, meine sehr theure Lady.«

      »Lady? Am Schilde ist zu lesen, daß ich die gelehrte Sennorita Emeria bin.«

      Er betrachtete sie mit seinen kleinen, listigen Aeuglein. Sie war von Kopf bis zu Fuß mit nassem Thone beschmiert und bildete einen nicht sehr zum Ernste veranlassenden Anblick. Dennoch that er sehr ernst.

      »So, so! Sennorita Chimärea! So also heißt Ihr! Wer konnte das wissen!«

      »Chimärea? Welch ein Name! Was bedeutet er?«

      »Chimäre ist ein Hirngespinnst. Eure Mama hat Euch also keinen sehr hübschen Namen gegeben.«

      »Ich heiße nicht so. Ihr habt mich falsch verstanden. Emeria ist mein Name.«

      »Ach so! Entschuldigung, Sennorita Amerika! Ich bin nämlich so weit – –«

      »Emeria, nicht Amerika!« rief sie ihn an.

      »Immer wieder anders! Na, meinetwegen. Habt Ihr Bier?«

      »Ja. Habt Ihr Geld?«

      »Ja.«

      »Ich habe nur Porter und Ale. Beides ist theuer.«

      »Das ist mir sehr gleichgiltig. Gebt mir Porter!«

      »Ihr thut ja, als ob Ihr Herr dieses Hauses wäret!«

      »Nicht ganz. Aber ich habe Durst und werde bezahlen, was ich bestelle. Ihr werdet also doch wohl nicht meinen, daß ich viele gute Worte geben soll!«

      »Es wäre besser für Euch, höflich zu sein. Bei mir bekommt nämlich nur Der etwas, der sein Examen bestanden hat.«

      »Examen? Sapperment! Wieso? Warum?«

      »Weil mein Haus die Venta zur gelehrten Emeria ist, bediene ich nur gelehrte Leute.«

      Er gab sich Mühe, ernsthaft zu bleiben und antwortete:

      »Das ist allerliebst. Das gefällt mir von Euch. Ihr examinirt also einen jeden Unbekannten?«

      »Ja.«

      »Das wollt Ihr bei mir auch thun?«

      »Natürlich.«

      »So freue ich mich darauf. Ich bin nämlich auch ein Gelehrter, sogar ein ziemlich berühmter.«

      »Ihr?« fragte sie, ihn mit einem ungläubigen Blicke betrachtend. »In welchem Fache denn?«

      »In der Astronomie.«

      »Habt Ihr denn da bereits Ansehnliches geleistet?«

      »Und ob!«

      »Was denn?«

      »Ich habe das Mondkalb entdeckt. Man kann es seitdem ganz ohne Fernrohr sehen.«

      Da stemmte sie die Fäuste in beide Seiten, trat ihm näher und rief zornig:

      »Sennor, wollt Ihr Euch etwa über mich lustig machen? Zwar habe ich auch bereits von dem bekannten Mondkalbe gehört, aber entdeckt ist es noch nicht worden! Das macht Ihr mir nicht weiß. Ihr mögt meinetwegen ein Astronom sein, aber wie ein berühmter seht Ihr mir denn doch nicht aus. Was wollt Ihr denn hier in dieser Gegend als Astronom?«

      »Ich suche einen Kometen, welcher mir durchgebrannt ist. Ich hatte ihn bereits vor dem Rohre, plötzlich aber war er fort.«

      »So ist seine Umlaufgeschwindigkeit eine ganz außerordentliche. Wenn Ihr mir diesen Fall genauer vortragt, kann ich Euch vielleicht einen guten Rath geben.«

      »Ich hoffe es. Ich suche den Kometen nämlich nirgends anders als bei Euch.«

      »Vielleicht finden wir ihn. Ich bin gern bereit, Euch mit meiner Wissenschaft zu unterstützen. Auch Euren Porter sollt Ihr haben; aber ich setze voraus, daß Ihr das Examen bestehen und meine Fragen beantworten werdet!«

      »Na, so fragt einmal los!«

      Er kreuzte die Arme über der Brust und legte das eine Bein über das andere wie Einer, welcher sagen will: Jetzt kann es beginnen. Sie trat zu ihrem Tische, ergriff das Thonstück, an welchem sie nun bereits so lange herumgeklitscht und herumgeklatscht hatte, hielt es ihm hin und fragte:

      »Was ist das?«

      Er betrachtete den Gegenstand von allen Seiten, brummte nachdenklich vor sich hin und antwortete:

      »Das soll jedenfalls ein Kopf werden.«

      »Ja, aber was für einer?«

      »Ein Schafskopf!«

      Sie schlug beide Hände zusammen. Um das thun zu können, hatte sie natürlich vorher das Modell fallen lassen müssen. Darauf achtete sie aber zunächst gar nicht. Sie war so empört, daß sie in den ersten Augenblicken gar keine Worte finden konnte. Dann aber brach sie los:

      »Was? Wie? Ein Schafskopf? Hört, hört, ein Schafskopf! Ihr selbst seid Schafskopf und zwar ein doppelter und zehnfacher Schafskopf, Ihr Esel Ihr! Ein Astronom wollt Ihr sein? Ich glaube, Ihr seid aus einem Irrenhause entsprungen. Und dabei setzt Ihr Euch in Positur, mit einer Geberde, als wenn Ihr die schwersten Fragen beantworten und die schwierigsten Probleme lösen könntet! Nicht eine Frage könnt Ihr beantworten, nicht eine einzige! Ich werde es gleich beweisen. Sagt mir doch einmal, welcher Unterschied ist zwischen einem Dampfschiffe und anderthalb Meilen Urwald?«

      »Das Dampfschiff spukt Euch hinter der Stirn, den Urwald aber habt Ihr unter der Nase.«

      »Wie? Wo? Was?«

      »Nun, Ihr gebt doch wohl zu, daß Ihr einen ganz ansehnlichen Schnurrbart habt?«

      »Ich


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