Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.noch Zeit brauchen.
Die Läden hatten noch offen. Yvonne und Anna beschlossen, einen Einkaufsbummel zu machen. Sie zogen gemeinsam durch die Geschäfte und gingen anschließend Essen.
Als Yvonne sich von Anna verabschiedete, sagte sie:
»Wenn du Quintus’ Mutter siehst, dann sage ihr, daß ich viel an sie denke. Es tut mir leid, daß Quintus nicht mit ihr spricht. Übermittele ihr ganz liebe Grüße von mir.«
»Das werde ich tun, Yvonne. Und du? Kommst du mal wieder zu uns auf die Berghütte oder meidest du Waldkogel jetzt für immer?«
Noch bevor Yvonne antworten konnte, fügte Anna hinzu:
»Ich hoffe, daß dem nicht so ist. Mußt ja in Waldkogel nicht anhalten. Daß du dem Quintus bei uns begegnest, ist sehr unwahrscheinlich. Mein Toni hat dem Quintus tüchtig die Meinung gesagt. Ich war nicht dabei. Mein Toni ist sehr bodenständig. Er nennt die Dinge beim Namen.«
Anna schaltete noch einmal kurz den Motor ihres Autos ab.
»Ich denke oft, ich hätte dir die Idee mehr ausreden sollen, Yvonne.«
»Mach dir da keine Vorwürfe. Das bringt nichts. Es war ganz allein meine Idee, Quintus zu überlisten und ihn zu seinem Glück zwingen zu wollen. Als ich mit ihm auf der Bühne stand, dachte ich, ich hätte es geschafft. Er sah so glücklich aus und sang so wunderbar.
Die beiden Frauen sahen sich an. Dann fuhr Anna los.
*
Es war schon dunkel, als Anna in Waldkogel ankam. Toni wartete bei seinen Eltern. Der alte Alois hatte sich bereit erklärt, die beiden an diesem Abend und am nächsten Morgen zu vertreten. Toni hatte alles vorbereitet, so daß die Arbeit für den alten Alois nicht so schwer sein würde. Außerdem hing ein dichter Nebel über den Bergen, so würden keine weiteren Gäste kommen.
Anna erzählte Toni ausführlich von ihrem Besuch bei Yvonne.
»Wir haben für die beiden getan, was man als Freunde tun kann. Es liegt jetzt bei ihnen. Ich denke, die beiden lieben sich wirklich und da besteht noch Hoffnung.«
»Vielleicht mußte es so kommen, daß sie sich erst mal trennten. Dann werden sie erkennen, daß sie doch nicht ohne einander leben können.«
»Ja, so wird es sein! Wir beide wissen, was es heißt, nicht ohne den anderen leben zu können.«
»Ja, Toni! Wir wissen es!«
Toni nahm seine Anna fest in die Arme. Sie küßten sich zärtlich und voller Leidenschaft.
»Die viele Arbeit läßt uns wenig Zeit füreinander, Anna. Oft habe ich ein schlechtes Gewissen, daß wir so wenig Zeit füreinander haben. Es ist doch viel Arbeit auf der Berghütte.«
»Pst!« Anna legte den Finger auf Tonis Lippen.
»Mach dir keine Gedanken! Ich bin sehr glücklich mit dir auf der Berghütte. Es ist ein wunderbares Leben. Ich möchte keinen Tag missen. Im Herbst und Winter kommen auch wieder ruhigere Tage. Dann haben wir wieder mehr Zeit füreinander.«
Anna schmiegte sich eng an Toni.
»Dann kommen die Abende, an denen wir vielleicht wieder einmal ganz allein sind. Dann werden wir am Kamin sitzen und in das Feuer schauen, wie es knistert und flakkert.«
»Anna, ich habe mir gedacht, daß wir vielleicht jemanden einstellen könnten. Ich denke da an eine Hilfe für die Küche. Was meinst du?«
»Das ist ganz lieb von dir, Toni. Aber ich schaffe das ganz gut. Später einmal, wenn wir Kinder haben, dann ist es etwas anderes.«
Anna blinzelte ihrem Toni zu.
*
Yvonne hatte über Annas Worte nachgedacht. Warum sollte sie Waldkogel meiden? Sie hatte sich nichts vorzuwerfen. Also fuhr sie wieder in die Berge.
Als Yvonne an der Kirche vorbeifuhr, stand Pfarrer Zandler vor dem Gotteshaus. Yvonne hielt an und stieg aus.
»Das ist ja eine Freude, dich zu sehen, Yvonne. Gut schaust aus, Madl. Wie geht’s dir?«
»Grüßt Gott, Hochwürden! Es geht wieder besser. Danke!«
»Tust dich mit dem Quintus wieder vertragen?«
»Von dem hab’ ich seit damals nix mehr gehört. Mich interessiert auch gar nicht, was er macht. Ich bin schon nach Waldkogel gekommen, bevor ich den Quintus Quandler gekannt habe. Ich werde auch weiterhin ins schöne Waldkogel kommen.«
»Recht so!«
»Ach, Hochwürden, da hätte ich eine Bitte. Sie sind doch mit dem Tassilo eng befreundet. Sagen Sie ihm bitte viele liebe Grüße von mir. Es tut mir leid, daß er sich so viel Arbeit gemacht hat. Dann ist doch nichts daraus geworden.«
»Warum besuchst du ihn nicht einmal selbst und sagst es ihm? Er hat schon öfter nach dir gefragt.«
»Ach, das will ich nicht. Er hat viel Arbeit, und ich will ihm nicht die Zeit stehlen. Mir genügt es, wenn Sie es ihm sagen.«
»Gut, Yvonne, das werde ich tun. Ich sehe ihn bald. Seiner Familie gehört ja die alte Ruine unten am See gleich bei dem Sägewerk. Aber das wirst du ja nicht wissen. Du bist ja nicht aus Waldkogel. Der Albert Weißgerber hat das Sägewerk von den von Teufen-Thurmann nur gepachtet. Tassilos Familie ist ja ein altes Grafengeschlecht hier aus der Gegend. Im vorletzten Jahrhundert sind sie dann an den Hof des Kaisers nach Berlin. Das alte Schloß ist verfallen. Jetzt hat der Tassilo Pläne damit. Er ist ja jetzt alleiniger Erbe. Da kommt er öfter als früher und jedesmal schaut er bei mir herein. Ich werde es ihm sagen.«
»Das ist lieb. Danke, Hochwürden! Ich will dann fahren. Von der Oberländer Alm ist es noch ein ganzes Stück bis zur Berghütte. Ich will vor Einbruch der Dunkelheit oben sein.«
»Soll ich dem Quintus auch etwas sagen, wenn ich ihn sehe?«
»Sehen Sie ihn denn?« fragte Yvonne erstaunt.
»Ich sehe den Quandler Quintus regelmäßig. Er spielt nämlich wieder die Orgel. Jeden zweiten Sonntag wechselt er sich mit dem Organisten ab.«
Yvonne traute ihren Ohren nicht.
»Wie haben Sie das fertiggebracht, Hochwürden?«
Der Pfarrer blinzelte Yvonne zu.
»Ich habe ihm das zunächst mal als Buße auferlegt, weil er mich ja niedergeschlagen hat.«
»Davon habe ich gehört. Das tut mir auch sehr leid.«
»Mußt dir keine Gedanken machen. Schön ist, daß der Quintus doch wohl wieder Spaß an der Musik bekommen hat. Er ist auch wieder in den verschiedenen Musikvereinen. Auch sonst nimmt er wieder mehr am Gemeindeleben teil. Es ist fast wie früher.«
»Dann war es doch nicht vergeblich! Das ist schön.«
»Ich bin mir sicher, daß er viel an dich denkt. Soll ich ihm wirklich nichts sagen?«
Yvonne betrachtete einen Augenblick ihre Schuhe. Die Röte war ihr in den Kopf geschossen. Ihre Wangen glühten in tiefem Rot. Ihr Herz klopfte. Sie mußte sich entscheiden. Bei aller Sehnsucht war da immer noch der Schmerz.
Yvonne schüttelte heftig den Kopf und sagte trotzig: »Er kennt meine Adresse. Er kennt meine Handynummer. Wenn er mich sprechen will, dann weiß er, wo und wie ich zu finden bin. Er ist vor mir weggelaufen. Wenn er kommen will, dann soll er kommen. Wenn er nicht will, dann kann er fortbleiben.«
Pfarrer Zandler schaute die junge Frau voller Mitleid an.
»Es hat noch niemanden geschadet, als erster die Hand zu reichen. Aber ich verstehe dich! Dann wünsche ich dir ein schönes Wochenende auf der Berghütte.«
»Danke, Herr Pfarrer! Sie können Quintus’ Mutter und seinem Vater Grüße ausrichten. Ich würde sie ja gern besuchen. Aber ich habe Angst, Quintus auf dem Hof zu begegnen.«
»Da mußt du keine Angst