Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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geschafft hat, hier raufzukommen, so sturzbesoffen wie der war.«

      Meta war beruhigt, als sie hörte, daß Quintus auf der Berghütte war. Sie erzählte ihrem Sohn, daß Quintus Pfarrer Zandler niedergeschlagen hatte. Alle in Waldkogel wußten es.

      *

      Zur Abendmesse am Samstagabend war die Kirche in Waldkogel so voll, wie sonst nur an hohen kirchlichen Feiertagen. Pfarrer Zandler nahm es mit Schmunzeln zur Kenntnis. Er ging aber in seiner Predigt darauf ein.

      »Es ist ja schon eine mehr als traurige Angelegenheit, daß ihr alle, wie ihr da unten sitzen tut, größtenteils nur aus Neugierde gekommen seid. Na ja, vielleicht war es ja der Wille unseren lieben Herrgotts, daß es so einen Anlaß braucht wie mein blaues Auge, um euch mal wieder alle ins Gotteshaus zu bekommen. Ich sage es aber gleich, wenn ihr denkt, daß ich mir jetzt öfters ein blaues Auge schlagen lasse, da irrt ihr euch. Und was die Angelegenheit mit dem Quintus betrifft, das geht euch nichts an. Das ist eine Angelegenheit zwischen mir und ihm. Ich will net hören, daß ihr darüber reden tut. Wie heißt es in der heiligen Schrift: Und sie sehen nur den Splitter in dem Auge des anderen und nicht den Balken im eigenen Auge. Also gibt schön Ruhe, versteht ihr. Wenn ihr was tun wollt, dann könnt ihr für den Quintus beten. Des is alles, was ich dazu sagen will. Basta!«

      Ein Gemurmel ging durch die Kirchenbänke und die Waldkogeler senkten die Köpfe. Der Klingelbeutel füllte sich an diesem Tag wie selten. Auch die Messe am Sonntag war gut besucht. Es fehlten nur der Quandlerbauer und seine Frau.

      *

      Als Quintus Quandler gegen Mittag endlich langsam aufwachte, konnte er sich zunächst an nichts erinnern. Erst langsam, nach mehreren Tassen starken heißen Kaffee und einer kräftigen Brotzeit, fügten sich die Erinnerungssplitter in seinem Gedächtnis zusammen.

      »Komm, du brauchst frische Luft. Die klare Luft in den Bergen wird dir das Gehirn schon wieder aufputzen. I geh mit dir raus.«

      Quintus stand widerwillig auf und folgte Toni. Dieser schlug den Weg ein, der hinauf zum ›Paradiesgarten‹ führte.

      Als sie so eine halbe Stunde wortlos gegangen waren, setzte sich Toni auf einen Felsen am Weg. Quintus nahm auf einem anderen Brocken daneben Platz.

      »So, jetzt sag mir, was los ist, Quintus! Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt, als du heute nacht so vor der Hüttentür gestanden bist. So ein Irrsinn in der Dunkelheit, ohne Taschenlampe, den Aufstieg zu wagen. Du hättest vom Weg abkommen können.«

      »I weiß! Ich weiß aber net mehr so genau, wie i raufgekommen bin. Das muß ein innerer Instinkt gewesen sein, der mich raufgeführt hat. Schon als Bub bin i immer in die Berge geflüchtet, wenn’s daheim Ärger gab auf dem Hof.«

      »Also, was is mit dir und der

      Yvonne? Du hast heut nacht allerhand von dir gegeben. Aber einen richtigen Reim kann ich mir net drauf machen. Mei Frau, die Anna, die weiß wohl was. Aber die sagt nix. I will’s eben jetzt von dir wissen.«

      »Die Yvonne hat mi hintergangen.«

      »So, einen Nebenbuhler hast?« gab sich Toni betont unwissend.

      »Naa, so wie du denkst, is des net. Die Yvonne hat keinen anderen. Sie hat mich nur reingelegt. Des kann i der net verzeihn. Die hat sich hinter meinem Rücken zusammengetan mit dem Tassilo von Teufen-Thurmann, der hat doch die Musikproduktionsfirma MFH, weißt, ›Melodien für Fröhlichkeit und Herz‹. I nehm an, daß unser feiner Herr Hochwürden auch dahintersteckt. Sonst wäre die Yvonne doch gar net so an den Tassilo herangekommen. Verstehst?«

      »Mei, deshalb hast den Pfarrer niedergeschlagen? Du, der soll schlimm aussehen.«

      »I erinnere mi net so ganz daran, Toni!«

      »Hast den Pfarrer so zugerichtet, daß die Frühmesse ausgefallen ist.«

      »Au weia! Des is schlimm!«

      Quintus rieb sich den Kopf und hob entschuldigend die Schultern.

      »Woher weißt du das?«

      »Meine Mutter hat angerufen. Drunten im Waldkogel bist du Tagesgespräch. I hab’ ihr übrigens gesagt, daß du hier bei mir und der Anna auf der Berghütte bist.«

      »Is gut! Na, dann muß i mi beim Pfarrer wohl entschuldigen, und eine saftige Spende wird wohl auch fällig werden. Obwohl er an der Sach net ganz so unschuldig is. I hab’ es ihm ja schon länger gesagt gehabt, daß er sich aus meinem Leben raushalten soll. I will von der Musik nix mehr wissen.«

      Dann erzählte Quintus’ was sich im Konzert und danach zugetragen hatte. »So, jetzt weißt alles! I kann mir von der Yvonne doch net mein Leben diktieren lassen. Verstehst? Das würdest du doch auch net, wenn deine Anna sich so einmischen tät, oder?«

      »Du bist ein Rindvieh, ein sturer Ochs! Die Yvonne hat es doch nur gut gemeint. Was denkst, wie sich die Anna in mein Leben eingemischt hat! Die hat hinter meinem Rücken die Fäden gezogen. Das hängt mit der Berghütte zusammen. I hab’ nach der Hochzeit erst davon erfahren. Da war i auch überrascht. Aber gefreut hat’s mi doch. Wenn i des richtig betrachte, dann war des eine riesige Liebeserklärung von der Anna. I bin mir sicher, daß des mit deiner Yvonne genauso is.«

      Quintus sagte nichts. Er stierte vor sich hin.

      »Außerdem is deine Yvonne die falsche Adresse für deine unbändige Wut. Du hast ja vorher net über deine Musik mit ihr gesprochen. Also kannst ihr keinen Vorwurf machen.«

      Toni stopfte sich eine Pfeife und rauchte. Quintus nahm eine Portion Schnupftabak.

      »I bin mir sicher, daß die Yvonne des nur gut gemeint hat. Außerdem bist du wirklich ein guter Sänger und Musiker. I versteh net, warum du davon nix mehr wissen willst. Des is doch so ein Quatsch! Du könnst den Leuten wirklich Freude machen. Und für dich wäre des auch gut. Die Arbeit auf der Hauptverwaltung macht dir doch eh keine Freud. Wenn du den Leut von den Bergen vorsingen tust, dann kannst doch deine Liebe zu den Bergen ausdrücken und Werbung machen für unsere schönen Berge.«

      Quintus schwieg noch immer.

      »I denk, daß du dich net als Sänger oder Musiker verstehn solltest, sondern so wie ein Fürsprecher für die Berge.« Toni suchte nach Worten und zog einige Male an seiner Pfeife.

      »I hab’s! Du mußt dich als Botschafter der Berge sehen. Ja, des is es! Keiner kennt die Berge so gut wie du! Du liebst jeden Gipfel, jeden Steilhang. All des, was du weißt über die Berge und des was du fühlst, des kannst in die Lieder und Melodien verpacken.«

      Quintus schwieg noch immer.

      »Nun sag endlich, du sturer Bock, du. I red und red und du schweigst.«

      Quintus ließ seinen Blick hinüber zu den Gipfeln schweifen. Toni beobachtete ihn. Er schwieg jetzt auch. Alles, was er dem Freund sagen konnte, das hatte er gesagt. Toni lehnte sich zurück und genoß auch die schöne Aussicht. Auch ihm tat diese Ruhe gut. Seit er die Berghütte zusammen mit seiner Anna bewirtschaftete, war er nur noch selten nur zum Vergnügen unterwegs. Daß die Berghütte des alten Alois wieder geöffnet war, hatte sich schnell herumgesprochen. Seit der Eröffnung hatte es kaum Tage gegeben, an denen sie nicht ausgebucht waren. Etwas Ruhe für sich fanden sie nur, wenn einige Tage dichter Nebel herrschte und sie vom Tal abgeschnitten waren.

      »Wahrscheinlich hast du recht mit dem, was du sagst. Der Pfarrer Zandler hat mir es damals auf den Kopf zugesagt, daß i mir selbst net verzeihen kann, daß mir der Unfall passiert is. Er meint, daß i mi selbst bestrafen tät.«

      »Des hat unser Pfarrer gut gesagt. Außerdem wissen doch alle, daß du nix dafür kannst. Wenn der, den du da retten wolltest, sich an deine Anweisungen gehalten hätte, dann wäre das net passiert. Der hat eben die Panik bekommen und dann is es geschehen. Du hast wirklich keine Schuld.«

      »Des is leicht gesagt. Als Bergführer hab’ i gelernt, daß i immer vorausdenken muß.«

      »Ja, Himmel noch einmal! So ein Schmarren! Für wen hältst du dich denn? Man könnte denken, du denkst, du seist was


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