Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

Читать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


Скачать книгу
beim Aussehen kann man weniger machen. Bei Quintus stimmt einfach alles, Aussehen, Talent, Ausstrahlung – und er hat eine einmalige Stimme.«

      Tassilo strahlte vor Begeisterung. Er legte Yvonne eine Mappe vor. Darin waren schon Entwürfe für Konzertplakate und CD-Hüllen sowie mehrere Pressetexte.

      »Wie gefällt dir das, Yvonne?«

      »Das ist alles sehr schön!« Sie zögerte. »Alles gut vorbereitet. Es fehlt nur noch das Wichtigste – Quintus selbst.«

      Er lachte schallend.

      »Du bringst es genau auf den Punkt! Aber ich hoffe doch, daß du mit deiner weiblichen List und Raffinesse ihn dazu bringst, daß er Ja sagt. Ich und der gute Pfarrer verlassen uns da ganz auf dich.«

      »Wer A sagt muß auch B sagen, heißt es. Ich weiß, daß es für Quintus gut wäre. Es gäbe ihm wieder einen richtigen Lebensinhalt, beruflich meine ich. Statt auf die Berge zu steigen, kann er über die Berge singen. Das müßte ihn doch auch glücklich machen, dachte ich mir.«

      »Du hast mit ihm doch schon vielleicht andeutungsweise darüber gesprochen?« fragte der Musikproduzent hoffnungsvoll.

      Yvonne schüttelte den Kopf.

      »Nein! Quintus weiß noch nichts. Das wird noch ein hartes Stück Arbeit werden. Er weigert sich überhaupt zu singen, jedenfalls allein ein Lied zu singen.«

      Yvonne erzählte von dem musikalischen Abend auf der Berghütte.

      »Das klingt nicht gut! Das hört sich gar nicht gut an.«

      Der Musikproduzent schüttelte bedenklich den Kopf.

      »Ich muß ihn irgendwo hinlocken. Dort muß er sein Versprechen einlösen, das er mir gegeben hat. Er hat mir ja fest versprochen, daß er mir ein Lied singt. Bis jetzt hat er seine Versprechen immer gehalten.«

      »Damit ist es aber nicht getan, Yvonne. Er muß wirklich die Karriere wollen. Quintus kann ein großer Star werden. Er wird den Menschen viel Freude bringen, mit seinen Liedern und mit seiner Musik. Ich hatte mir das so gedacht. Wir stellen ein Programm zusammen, dann erfolgen ein paar Proben. Dann gibt es zuerst einmal ein paar Auftritte auf kleineren Bühnen. Dazu wird die Pressemaschine in Gang gesetzt. Danach kommen größere Bühnen und Fernsehauftritte. Gleichzeitig machen wir die Studioaufnahmen für die Platten. Alles läuft so ab, wie immer. Nur bei Quintus wird es einfacher werden. Er hat ja mit seinem Lied schon einmal einen Preis gewonnen. Viele kennen das Lied, wissen aber nicht, daß es von ihm ist.«

      Tassilo von Teufen-Thurmann schaute Yvonne erwartungsvoll an.

      »Wann denkst du, daß du mit ihm sprechen kannst? Es sollte bald sein.«

      »Und wenn er nicht will?«

      »Er darf einfach nicht ›nicht wollen‹. Da verlasse ich mich ganz auf dich!«

      Yvonne blätterte in der Mappe mit den Entwürfen.

      »Das war bestimmt viel Arbeit. Ich dachte nicht, daß das schon alles so… Nun, ich meine, ich wollte erst einmal hören, ob er überhaupt eine Chance hat. Man sagt doch, daß es so viele gibt.«

      »Bei Quintus ist das etwas ganz anderes. Erstens kenne ich ihn und zweitens hat er wirklich Talent. Auch als er noch Aktiver bei der Bergwacht war, hatte ich immer die Hoffnung, ihn früher oder später unter Vertrag zu bekommen.«

      »Wie sieht so ein Vertrag aus?«

      »Es gibt ganz verschiedene Verträge. Ich habe schon einen Vertrag fertig gemacht. Er liegt in meinem Büro. Wenn du willst, dann kannst du in den nächsten Tagen mit Quintus vorbeikommen, dann besprechen wir die Einzelheiten.«

      »In den nächsten Tagen…«, wiederholte Yvonne mit einem Seufzer. »So bald schon? Das kann ich Ihnen nicht versprechen. Ich werde mich aber bemühen.«

      Yvonne schaute auf die Uhr.

      »Nochmals danke für alles. Ich muß jetzt gehen. Ich habe eine kleine Praxis, und meine Patienten warten.«

      Sie standen auf. Tassilo brachte Yvonne bis zu ihrem Auto. Er sah, daß sie jetzt doch etwas unsicher war, ob ihr der Plan gelingen würde.

      »Du wirst das schon schaffen, Yvonne.«

      »Ich werde jedenfalls nichts unversucht lassen. Dabei geht es mir nicht darum, daß aus Quintus ein großer Star wird. Ich denke nur an sein Glück. Singen hatte ihn immer sehr glücklich gemacht. Es war die Tätigkeit, die er nach Bergsteigen am liebsten machte, sagten mir seine Mutter und Pfarrer Zandler.«

      »Ich wünsche dir Glück, Yvonne. Ich weiß, daß du ganz selbstlos handelst. Ich werde warten. Fühle dich nicht unter Druck gesetzt. Wenn ich dir dabei helfen kann, dann rufe mich unverzüglich an. Hier!«

      Er gab ihr eine Visitenkarte mit seiner privaten Telefonnummer. »Da kannst du mich immer erreichen.«

      Yvonne bedankte sich und stieg ein. Langsam fuhr sie heim. Eigentlich hätte sie glücklich sein müssen. Aber ein dumpfes Gefühl der Angst beschlich sie.

      *

      Yvonne und Quintus saßen mit Quintus’ Eltern in der gemütlichen Bauernstube des Quandler Hofes. Sie tranken Kaffee und aßen den Sonntagskuchen, den Quintus’ Mutter und Yvonne zusammen gebacken hatten.

      »Ich habe noch eine Überraschung für uns alle.«

      Yvonne griff in die Schürzenjacke ihres Sonntagsdirndls. Wenn sie auf dem Quandler Hof war, trug sie jetzt immer Dirndl. Sie legte einen Briefumschlag auf den Tisch.

      »Mach ihn auf, Quandlerbauer! Als Familienoberhaupt bist du dafür zuständig.«

      »Na, da will i mal schauen, was für eine Überraschung uns das Madl da bereitet.«

      Er holte vier Eintrittskarten heraus.

      Yvonne strahlte.

      »Das sind gute Plätze, ganz vorne. Zwei Karten habe ich von einem Patienten geschenkt bekommen. Der hat Beziehungen zum Veranstalter. Deshalb konnte ich noch zwei weitere Karten bekommen. Ist das nicht toll? Das Volksmusikkonzert ist am nächten Freitag. Ich dachte, wir gehen da alle zusammen hin. Nun, wie ist das?«

      Yvonne blickte alle der Reihe nach an.

      »Mei, Madl! Des is a ganz famose Idee! I dank dir auch schön. Des wird uns eine große Freud sein. Net wahr, Mutter? Und was sagst du dazu, Quintus?«

      Quintus schaute Yvonne an. Er war nicht begeistert, wollte das aber für sich behalten.

      »So ein Konzert, ja mei, schaden kann es nicht. Wenn du die Karten geschenkt bekommen hast, dann muß man auch hingehen, sonst wäre des unhöflich gegenüber dem Patienten.«

      »Is des alles, was du dazu zu sagen hast? Bub, du bist manchmal recht schwierig«, sagte Quintus’ Mutter leise zu ihrem Sohn.

      Sie stand auf, nahm die Eintrittskarten und schloß sie fort. Sie kannte ihren Quintus. Sie wollte verhindern, daß er die Karten einfach verschwinden läßt. Das hatte er schon einmal getan, damals, kurz nachdem er aus der Rehaklinik heimgekommen war. Seine Mutter wollte ihm eine Freude machen und hatte Konzertkarten für ein Volksmusikkonzert gekauft. Diese waren dann irgendwie verloren gegangen. Quintus’ Mutter hatte da ihre ganz eigenen Ansichten. Ein Haus verliert nichts, sagte sie. Es sei denn, jemand hat Interesse daran, daß etwas verloren geht.

      *

      Das Publikum war buntgemischt, Frauen, Männer und Kinder, Junge und Alte. Die meisten trugen Tracht. Man sah deutlich, daß sie sich extra herausgeputzt hatten. Auch die Quandlers und Yvonne hatten sich feingemacht. Der Bauer und seine Frau hatten ihren Sonntagsstaat angelegt. Quintus trug einen dunkelgrünen Lodenanzug aus feinstem Tuch. Er war neu. Yvonne hatte ihn dazu überredet, als sie zusammen einkaufen waren.

      Yvonne trug ein knöchellanges Dirndl aus grüner Seide. Das Mieder war aus dunkelgrünem Samt. Die fast hochgeschlossene, weiße Spitzenbluse hatte zartgrüne Stickereien an den Ärmeln. Sie trug weiße Baumwollstrümpfe mit Lochmuster und schwarze Schuhe mit einem kleinen


Скачать книгу