Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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      »Setzen S’ sich«, sagte er und schob eine Zigarrenschachtel herüber. »Bedienen S’ sich.«

      »Vielen Dank«, lehnte Wolfgang ab. »Ich bin Nichtraucher.«

      »Sehr vernünftig«, meinte der Dicke in seinem Sessel. »Ich kann’s leider net lassen, obwohl mein Arzt immer wieder den Zeigefinger hebt.«

      Er warf den Papierstapel beiseite.

      »Lassen wir das«, meinte er und sah endlich seinen Besucher direkt an. »Sie sind ja net hergekommen, um meine Krankengeschichte zu hören. Sie wollen einen Job, net wahr?«

      »So ist es«, nickte Wolfgang, und überlegte, warum ihm der Mann so unsympathisch war. »Um was für eine Arbeit handelt es sich denn nun?«

      Krammler lehnte sich in seinen Sessel zurück und stieß eine graue Rauchwolke aus.

      »Folgendes, ich handle mit Autos. Meine Kunden kommen aus dem Ausland. Mal aus Österreich, mal aus Italien, aber überwiegend aus dem östlichen Ausland. Tschechien, Slowenien und Bulgarien. Meine Kunden kaufen auf Empfehlung, das heißt, ich werde ihnen von anderen – zufriedenen – Kunden empfohlen, oder sie ordern ihre neuen Wagen übers Internet. Deshalb suche ich zuverlässige Fahrer, die diese Autos dann überführen.«

      Wolfgang hatte schweigend zugehört. Das klang einleuchtend.

      »Und wieviel kann man dabei verdienen?« fragte er.

      Krammler nahm einen neuen Zug aus der Zigarre und grinste breit.

      »Ich zahle für jedes überführte Fahrzeug dreitausend Mark«, antwortete er und grinste noch mehr, als er Wolfgangs überraschtes Gesicht sah. »Plus Spesen für Essen und Trinken, die Rückfahrt mit der Bahn, oder auch für eine Übernachtung, falls sie notwenig sein sollte.«

      Dann forderte er den Besucher auf, von sich selber zu erzählen. Wolfgang tat es ohne Arg, Krammler hörte zu und machte sich zwischendurch ein paar Notizen.

      »Warum ich soviel zahle? Das will ich Ihnen gern’ erklären«, sagte er schließlich. »Die Autos sind neu und wertvoll, ausschließlich Wagen der Luxusklasse. Ich brauche Fahrer, auf die ich mich verlassen kann, und die ich gut bezahle, damit sie net auf dumme Gedanken kommen und mit den Autos durchbrennen. Das soll’s alles schon gegeben haben. Darum leg’ ich bei jedem fünften Wagen, den ein Mann überführt, einen Tausender d’rauf, als Prämie sozusagen.«

      Er reichte Wolfgang die Hand und sah ihn fragend an.

      »Also, wie schaut’s aus? Wollen S’ den Job übernehmen. Sie könnten gleich losfahren. Ich hab’ da einen Mercedes in der Garage, der heut’ noch nach Wien müßt’. Wie Sie gesagt haben, sind S’ ja frei und unabhängig. Ich geb Ihnen einen Vorschuß von tausend Mark und dreihundert für die Spesen.«

      Wolfgang ließ sich nicht lange bitten und schlug ein.

      Eben noch Würstel mit trockenem Brot, jetzt würde er soviel Geld bekommen. Das war doch die Chance seines Lebens! Er müßte ein Dummkopf sein, sie auszuschlagen!

      Justus Krammler stand auf und ging zu einem Bild an der Wand. Dahinter war ein Safe versteckt. Der Mann öffnete ihn und entnahm ein paar Banknoten, die er Wolfgang Lehmbacher auf den Tisch zählte. Er ließ sich den Betrag quittieren. Dann führte er ihn zu den Garagen. Es waren die dunklen Gebäude, die Wolfgang vorher nicht hatte erkennen können. Die beiden Gebäude waren miteinander fest verbunden und schienen mehr Werkstatt zu sein, als nur Unterstellplatz für Fahrzeuge. Es gab Werkzeuge, wie in einer Reparaturfirma, sogar eine komplette Hebebühne. In einer Ecke stand der Wagen, den Wolfgang überführen sollte. Ein dunkelblauer Mercedes der E-Klasse. Krammler übergab die Wagenpapiere und Schlüssel, sowie ein Blatt Papier mit der Routenbeschreibung und der Adresse in

      Wien, wo der Wagen abgeliefert werden sollte.

      Krammler und seine Frau standen vor der Villa, als Wolfgang losfuhr. Sie winkten, als verabschiedeten sie einen guten Freund.

      »Meinst’, daß er der richtige ist?« fragte Manuela Krammler.

      »Wir werden sehen«, erwiderte ihr Mann. »Wien ist ja die leichte Tour. Kaum noch Zöllner an den Grenzen.«

      »Er weiß aber schon, was mit den Autos ist, oder?«

      »Um Himmels willen, nein. Natürlich net. Das erfährt er erst nach der dritten Fahrt. Bis dahin hat er schon so angebissen, daß er net mehr auf das viele Geld verzichten will.«

      Sie lachten beide, als das Tor elektrisch geschlossen wurde, und sie in das Haus hineingingen.

      *

      Katharina Lehmbacher bewohnte eine kleine Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus, das nur wenige Straßen vom Hotel entfernt war. Die Vermieter waren ein älteres Ehepaar, das sich durch die Mieteinnahme die Rente ein wenig aufbesserte. Kathie und die beiden alten Leute hatten ein herzliches Verhältnis. Die junge Frau war froh gewesen, so schnell eine bezahlbare Wohnung gefunden zu haben, nachdem sie die Stelle im Hotel »Zum Löwen« angetreten hatte. Mit Schaudern erinnerte sie sich an die erste Woche, die sie in der winzigen Dachkammer des Hotels hatte verbringen müssen. Sepp Reisinger vermittelte zwischen ihr und dem Ehepaar Strohlinger, so daß sie schnell wieder aus diesem Notbehelf ausziehen konnte.

      Kathie saß in der kleinen Küche und ließ sich ihr Frühstück schmecken. Da die neue Arbeitswoche mit Spätdienst begann, konnte sie sich reichlich Zeit lassen, ausgiebig zu frühstücken und in der Morgenzeitung zu blättern, die Frau Strohlinger ihr immer vor die Tür legte, nachdem die beiden Alten sie gelesen hatten.

      Anschließend machte sie sich daran, den Einkaufszettel zu vervollständigen. Schon bei der Zubereitung ihres Frühstücks hatte sie festgestellt, daß schon wieder vieles fehlte. Sie notierte, was ihr gerade einfiel und dachte darüber nach, was das wieder alles kosten würde. Du lieber Himmel, warum rann einem das Geld nur immer wieder so schnell durch die Finger! Es war einfach unglaublich, je mehr man sich abmühte, es zu sparen, um so knapper wurde es.

      Allerdings war es auch kein Wunder wenn man, wie sie, eigentlich zwei Personen durchfütterte. Oft genug kam es nämlich vor, daß Wolfgang sich selbst bei ihr zum Essen einlud. Und als wäre es damit nicht genug, bettelte er immer wieder um Bargeld. Natürlich wußte Kathie, daß es nicht richtig war, doch sie brachte es einfach nicht übers Herz, seine Bitte um Geld, abzulehnen. Auch wenn sie genau wußte, daß es länger, als die versprochene Woche dauerte, bis Wolfgang es ihr zurückzahlte.

      Das junge Madel seufzte auf. Was sollte sie denn machen? Auch wenn er ein Leichtfuß war – er war immerhin ihr Bruder. Nach dem Tode der Eltern fühlte sie sich einfach für ihn verantwortlich, obwohl Wolfgang zwei Jahre älter war, als sie selbst.

      Dennoch, das mit dem Geld würde ein Ende haben! Wolfgang mußte sich endlich eine Arbeit suchen. Schließlich war es nicht ihre Schuld, daß er sein Studium einfach abgebrochen hatte.

      Seufzend stand sie auf und zog ihre Jacke an. Mit dem Einkaufskorb in der Hand verließ sie die Wohnung.

      *

      Beim Herrnbacher herrschte großer Andrang. Er war der einzige Kaufmann in St. Johann, und entsprechend groß war die Kundschaft. Besondes schlimm war es vor den Wochenenden. Der Laden war nicht besonders groß, und die Regale standen eng beieinander. Einkaufswagen gab es nicht, die Kunden konnten ihre Waren nur in Plastikkörben zur Kasse tragen, an der entweder Ignaz Herrnbacher, oder seine Frau Gertrud, saß.

      Ignaz war um die sechzig, mit weißen Haaren, einem kleinen Bäuchlein und immer zu einem Scherz oder einem Schwatz aufgelegt. Seine Kunden kannten ihn nicht anders, als immer gut gelaunt.

      Katharina Lehmbacher hatte sich geduldig in die Schlange vor der Kasse eingereiht. Nur das Notwendigste lag in ihrem Einkaufskorb. Während sie darauf wartete, an die Reihe zu kommen, schweifte ihr Blick umher. Plötzlich stutzte sie – da draußen, vor der Eingangstür – war das nicht der Mitreisende von gestern abend? Natürlich, sie erkannte

      ihn sofort wieder. Robert Demant ging vor dem Laden auf

      und ab, als wartete er auf


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