Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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er, um das Rad zu wechseln. Er stöhnte und schwitzte, manchmal unterdrückte er auch einen Fluch, und er mühte sich redlich ab. Max Trenker stand derweil daneben, gab gute Ratschläge und dachte, daß es bestimmt das erste Mal war, daß der Hubert Moosbacher durchs Arbeiten richtig schwitzte. Endlich hatte er es doch geschafft. Hubert warf das alte Rad hinten in den Wagen und stieg wieder ein.

      »Vielen Dank, noch mal«, rief er, bevor er losfuhr.

      Max tippte an den Schirm seiner Mütze und sah dem Davonfahrenden schmunzelnd nach.

      Hubert Moosbacher würde nun bestimmt nicht mehr annehmen, daß die Polizei ihn und den Vater verdächtigten. Dann, so mußte er vermuten, wäre der Beamte doch bestimmt anders mit ihm umgegangen!

      *

      Verena hatte das unbestimmte Gefühl, daß Bert etwas bedrückte. Im Gegensatz zum gestrigen Tag und Abend, gab er sich jetzt eher wortkarg, achtete nicht auf das, was sie sagte, und schien überhaupt mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein.

      Gleich nach dem Frühstück hatten sie sich getroffen. Bert hatte am Abend vorgeschlagen, zum Achsteinsee hinauszufahren. Mit seinem Wagen dauerte es keine Viertelstunde, und sie hatten ihr Ziel erreicht.

      Der See war gut zwei Quadratkilometer groß und ein beliebtes Urlaubsgebiet. Es gab zahlreiche Hotels, Gastwirtschaften und Cafés rund um den See, ebenso Bootsverleiher und eine Surfschule. In einem abgetrennten Teil des Sees und des Ufers, badeten und sonnten sich schon viele Urlauber. Neben etlichen Pensionen hatten die Feriengäste auch die Möglichkeit, auf einem großen Campingplatz zu zelten oder ihre Wohnwagen dort zu parken. Ein recht gut ausgebauter Rad- und Wanderweg führte ganz rund um den See, an dessen Südseite zahlreiche Villen standen.

      Bert hatte seinen Wagen auf einem großen Parkplatz abgestellt, der Tagesgästen vorbehalten war. Hand in Hand schlenderten er und Verena über die Uferpromenade. Der Anwalt achtete allerdings kaum auf das, was es an Sehenswürdigkeiten gab. Mit seinen gedanken war er bei Gloria von Haiden und ihrem »Überfall« am späten Abend.

      Ihre Befürchtungen waren berechtigt. Durch seine, Berts, Aussage, konnte das Gericht gar nicht anders, als sie zu bestrafen. Und angesichts der Schadenshöhe, die Gloria durch ihre verbotenen Spekulation angerichtet hatte, war eine Freiheitsstrafe kaum zu umgehen.

      So war es nur an ihm, sie davor zu bewahren…

      Aber, konnte sie das wirklich verlangen? Nur mit Mühe war es ihm gelungen, den Verdacht, der auf ihm lastete, zu entkräften. Sollte er nun seine eigene Aussage revidieren und dadurch selbst in Gefahr geraten? Wenn es zum Äußersten kam, dann mußte er damit rechnen, vereidigt zu werden, und eines Meineids überführt zu werden, bedeutete nicht nur eine Haftstrafe, es war gleichzeitig das Ende seiner beruflichen Karriere. Seine Zulassungs als Rechtsanwalt würde ihm sofort entzogen.

      »He, du hörst mir überhaupt nicht zu!« beschwerte sich Verena.

      Sie war abrupt stehengeblieben, als Bert wieder nicht reagierte. Zum wiederholten Male hatte die Lehrerin auf das eine oder andere Boot gezeigt, mit dem Leute über den See ruderten.

      »Das möchte ich auch machen«, sagte sie.

      Bert ruckte herum und sah sie erstaunt an. »Entschuldige, bitte. Was hast du gesagt?« fragte er.

      Verena packte ihn bei der Schulter und schüttelte ihn durch.

      »Bert, was ist los mit dir?« rief sie erregt. »Seit wir uns getroffen haben, werd’ ich das Gefühl net los, daß du an alles Mögliche denkst, nur net an mich!«

      »Verena, es tut mir wirklich leid«, entschuldigte er sich noch einmal. »Ich weiß, ich benehme mich fürchterlich. Aber, da ist etwas, das mich beschäftigt hat. Doch jetzt widme ich mich nur noch dir.«

      Er zog sie in seine Arme und küßte sie.

      »Willst du mir nicht sagen, was dich so beschäftigt?«

      »Nicht so wichtig«, schüttelte er den Kopf. »Ich denk’ einfach net mehr dran.«

      Er zog sie mit sich.

      »Komm, wir mieten ein Boot.«

      Verena akzeptierte, daß er sich ihr nicht offenbaren wollte. Er war ja auch schon wieder ganz der Mann, den sie kennengelernt hatte. Liebevoll und aufmerksam. Wahrscheinlich war es ein berufliches Problem, das er da mit sich herumtrug. Dann konnte er sowieso nicht mit ihr darüber reden. Ein Anwalt unterlag ja ebenso der Schweigepflicht, wie ein Arzt oder ein Geistlicher.

      Sie mieteten ein Tretboot und fuhren damit auf den See hinauf. Als sie gerade vom Ufer weg waren, dachte Verena schon nicht mehr an Berts merkwürdiges Verhalten.

      Es wurde ein herrlicher Tag am See, den sie bis zum frühen Abend ausdehnten. Bert setzte Verena vor der Pension Rathmacher ab, bevor er zum Hotel zurückfuhr. Sie wollten sich ein wenig frisch machen, bevor sie sich dann zum Essen wiedertrafen.

      *

      Xaver Anreuther glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Brutus hatte angeschlagen, als der Förster gerade beim Abendessen saß. Er hob den Kopf und schaute aus dem Fenster.

      Vor dem Forsthaus stand Kathrin Breithammer. In der Hand hielt sie etwas, das Xaver nicht erkennen konnte. Hinkend kam er vor die Tür.

      »Pfüat dich, Kathrin«, sagte er. »Was führt dich denn hierher?«

      Die junge Frau musterte ihn stumm. Dann warf sie mit einer Handbewegung mehrere Drahtschlingen ihm vor die Füße.

      »Die Liebe ist’s gewiß net«, meinte sie. »Die Schlingen hab’ ich d’roben, nahe der Birkenschonung gefunden. Ich bring’ sie dir, damit’s später net heißt, ich wär’s gewesen.«

      Xaver Anreuther hob die Hand.

      »Das hab’ ich nie behauptet, Kathrin«, beteuerte er.

      »Warum hast dann den Gendarm zu mir g’schickt?«

      Sie wandte sich um.

      »Ist ja auch egal. Der Apfel fällt net weit vom Stamm, so denkt ihr doch«, sagte sie im Gehen.

      »Nein, ich denk’ net so«, rief er hinterher. »Und das mit deinem Vater tut mir leid. Aber ich hatte keine andere Wahl. Besser so, als daß er tot wäre…«

      Sie drehte sich noch einmal um.

      »Vielleicht wünscht er es sich aber genau umgekehrt«, sagte sie düster und verschwand in der anbrechenden Dunkelheit.

      Xaver bückte sich und hob die Schlingen auf. Hatte der Lumpenhund doch wieder zugeschlagen!

      Der Förster humpelte ins Haus zurück und griff zum Telefon. Wenn der Kerl so dreist war, bereits schon wieder Schlingen anzulegen, dann würde er auch in der Nacht kommen und nach der Beute sehen. Und diesmal würde er net entkommen!

      *

      Gloria von Haiden hatte den ganzen Tag auf ihrem winzigen Zimmer verbracht. Die Hoffnung, daß schon bald ein größeres frei wurde, erfüllte sich offenbar nicht. Im Moment war es ihr auch egal. Sie überlegte krampfhaft, wie sie Bert doch noch dazu bringen konnte, in ihrem Sinne auszusagen. Allerdings ahnte sie in ihrem Innersten, daß ihr das nicht gelingen würde. Sie war sich ja dessen bewußt, was sie ihm angetan hatte. Darum dachte sie darüber nach, wie sie sich an ihm rächen konnte. Es mußte etwas sein, das ihm weh tat. Fürchterlich weh!

      Mit einer Mischung aus Neid und Eifersucht hatte Gloria ihn und die unbekannte Frau beobachtet. Bert schien diese Frau zu lieben. Mehr, als er sie, Gloria, geliebt hatte. Das war der Hebel, wo sie ansetzen mußte!

      Gloria ließ sich eine kleine Mahlzeit auf dem Zimmer servieren – die erste seit dem Frühstück – und machte sich dann auf zu einem Abendspaziergang. Nicht von ungefähr führte sie ihr Weg zu der Pension, in der die ihr unbekannte Frau wohnte. Lange Zeit stand sie vor dem Haus und beobachtete es. Leute gingen und kamen, doch die Frau war nicht darunter. Irgendwann gab Gloria es auf und ging zum Hotel zurück. Als sie am Restaurant vorbeikam, schaute sie durch die Scheibe und entdeckte Bert und die Fremde am selben Tisch sitzend, wie gestern


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