Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

Читать онлайн книгу.

Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


Скачать книгу

      "Wollt ihr denn jetzt wenigstens eure Spielsachen zusammenräumen, damit wir nach Hause fahren können?"

      "Nee!"

      "Ey Scheiße, kein Bock!"

      Bernhardine verdrehte die Augen. "Wenn du sie so fragst, wirst du es wohl selber machen müssen!", sagte sie an Rena gewandt.

      "Wollt ihr denn vielleicht noch ein bisschen rausgehen, damit ich mich mit Oma unterhalten kann?"

      "Wieso denn?"

      "Keine Lust."

      "Wir bleiben hier, sonst tritt Marvin mich dauernd!"

      "Und Kevin muss die Pokémon-Karten aus dem Scheiße-Haufen rausholen, dieser Pisser!"

      "Selber Pisser!"

      "Schwule Sau!"

      "Raus jetzt!", brüllte Bernhardine.

      Marvin und Kevin starrten ihre Oma an. Dann verschwanden sie durch die Tür. Kaum waren sie im Flur, da fing der Streit wieder an. Bernhardine machte die Tür hinter ihnen zu.

      "War das jetzt eine Kostprobe deiner Super-Pädagogik, Ma?", fragte Rena mit beißendem Unterton. Sie lehnte sich gegen die Kommode.

      Bernhardine atmete tief durch. "Nein, ich konnte es einfach nicht mehr aushalten." Ihre Stimme bekam einen belegten Klang. "Fast dreißig Jahre waren Gretus und ich zusammen und jetzt holt ihn mir irgendjemand einfach weg. Das stecke ich nicht so einfach weg."

      Rena näherte sich ihrer Schwiegermutter, berührte leicht ihre Schulter. Aber Bernhardine zuckte zurück. Nein, zuviel Nähe von dieser Frau konnte sie unmöglich ertragen. Eine Gänsehaut überlief sie. Ein kaltes Herz hast du, Rena!, durchzuckte es sie. Warum sieht das nur niemand? Warum hat Ubbo es nicht gesehen? Nur, weil du große Augen machen kannst und immer dafür sorgst, dass deine prallen Brüste gut zur Geltung kommen?

      Bernhardine kochte innerlich.

      "Vielleicht solltest du doch mal mit jemandem reden, Ma. Mit jemandem, der mehr davon versteht und das professionell macht."

      "Du redest von einem Psychologen."

      "Ma, du sagst das, als ob..."

      "Früher nannte man so einen doch Irrenarzt, oder nicht?"

      "Ma!"

      "Ja, guck mich nicht so an. So is' es doch!"

      Eine quälend lange Pause entstand.

      Bernhardine verschränkte die Arme vor der Brust, blickte hinaus in den Garten. Tasso, die Riesendogge, trottete auf die gläserne Terrassentür zu, versuchte sie mit der Nase zu öffnen. Bernhardine half dem Riesenviech, bevor es damit anfangen konnte, am Türrahmen herumzukratzen.

      Der Hund kam herein, lehnte sich gegen Bernhardines Hüfte.

      "Ma, wir müssen noch eine andere Sache miteinander besprechen."

      "So?"

      "Ja, ich weiß, du bist mit Gretus' Tod innerlich beschäftigt und da ist nicht viel Platz für andere Gedanken..."

      "Wie gut du meine Gedanken kennst, Rena!" Bernhardines Tonfall troff nur so vor Spott. Nimm dich zusammen!, wies sich die Witwe selbst zurecht. Was soll denn diese Bitterkeit, dieser Zynismus? Er zerfrisst dich am Ende nur selbst.

      "Das Leben geht weiter, Ma!"

      "Ja, das vergesse ich schon nicht!"

      "Ma, dein Mann wollte die FF-Boutique kaufen... Ich bin jetzt noch mal darauf angesprochen worden. Es müssen da jetzt endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden!"

      "Vorerst habe ich mit den Geschäften, die bereits im Familienbesitz sind, genug zu tun", sagte Bernhardine ausweichend.

      "Ma, ICH würde mich doch um die Boutique kümmern. Du weißt, das war immer mein Traum."

      "Geschäfte betreibt man nicht, um sich Träume zu erfüllen, sondern um Geld zu machen, mein Kind!"

      "Gretus wollte es so!"

      Bernhardine wirbelte herum.

      Ihre Augen wurden schmal.

      Die Nasenflügel bebten leicht.

      Ihre Stimme war kaum mehr als ein leises, drohendes Wispern.

      "Gretus ist tot! Und wie du selbst gesagt hast, geht das Leben weiter, meine liebe Rena!" Bernhardines Blick ruhte auf Renas festen Brüsten und in Gedanken fügte sie noch hinzu: Zu deinem Unglück bin ich ja gegen die Wirkung deiner beiden Hauptargumente ziemlich immun, liebe Schwiegertochter!

      Rena schluckte.

      "Was soll das heißen?"

      "Dass vorerst an so eine große Investition nicht zu denken ist, Rena."

      "Das ist nicht dein Ernst!"

      "Das ist mein Ernst!"

      "Und Ubbo? Hast du das schon mit ihm besprochen?"

      Bernhardine verzog das Gesicht. Ein hartes Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. "Du magst ihn ja für ein Muttersöhnchen halten, Rena. Aber rechnen kann er!"

      ––––––––

      6.

      Lorant fuhr zum Tatort. Er hatte sich den Weg auf der Karte genau angesehen. Diesmal bog er nicht auf den Parkplatz zwischen Landhaus und Meerwarthaus ab, sondern fuhr ein Stück weiter. Eine Abzweigung führte zu einem Campingplatz. Der Schlagbaum, der sonst den Zugang zum Meer für Fahrzeuge versperrte, war oben. Lorant passierte ihn, fuhr bis zu einer Art Wendehammer. Dort stellt er den Wagen ab.

      Ein Fahrrad- und Spazierweg zog sich parallel zum Ufer des Großen Meeres durch Schilfareale, dann weiter in Richtung Meerwarthaus.

      Links befand sich der Hafen des Campingplatzes, zu dem auch eine ins Meer hineinragende Halbinsel und ein Stichkanal gehörten. Das verrostete Tor war offen.

      Ein paar Surfer schoben ihre Bretter auf Rädern zur Halbinsel. Der Wind hatte spürbar zugenommen. Und er war eisig, passte überhaupt nicht zu dem Sonnenschein, der den ganzen Tag geherrscht hatte.

      Rechts befand sich jene Hafenbucht, die sich zwei Segelclubs teilten, wie die Aushänge in einem Schaukasten überdeutlich machten.

      Eine Karte machte die Aufteilung klar.

      Das Tor war geschlossen.

      Die Sonne stand bereits ziemlich tief, hatte sich rot-orange verfärbt und spiegelte sich im glitzernden Wasser. Ein einmaliges Farbenspiel. Wie auf einer Postkarte!, dachte Lorant. Ein Ort, viel zu schön, um zu sterben. Und zu morden! Aber offenbar hatte jedes Paradies seine Schlange. Eine Naturkonstante gewissermaßen.

      Lorant ging am Zaun entlang, der das Gelände abschirmen sollte. An den Zaun schloss sich ein Flachdachgebäude an, dem seine Vergangenheit als Sanitär- und Umkleidehaus einer Badeanstalt deutlich anzusehen war.

      Im hinteren Teil des Gebäudes war eine Töpferei untergebracht.

      Ein Mercedes war über den Spazierweg bis direkt vor die Töpferei gefahren.

      Ein grauhaariger, bärtiger Mann, dessen Frisur an die zerzauste Haarpracht eines Wikingers erinnerte, war damit beschäftigt, Kisten aus dem Kofferraum des Wagens heraus ins Innere der Töpferei zu transportieren.

      Neben der Töpferei gab es einen freien Durchgang zum Hafengelände.

      "Moin!", sagte der Töpfer.

      "Hallo!", erwiderte Lorant.

      "Kann man hier durch oder kriegt man dann Ärger?", fragte Lorant.

      Der 'Wikinger' starrte Lorant etwas verwirrt an.

      "Ey, wie meinst


Скачать книгу