Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


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dich im letzten Moment noch bei Papa ein, gerade noch rechtzeitig, bevor er abnippelt, nur um dich wieder ins gemachte Nest zu setzen!“ Andreas Geraths Gesicht wurde dunkelrot, und er ballte die Hände zu Fäusten. Für Berringer war klar, dass der junge Mann kurz davor stand, die Kontrolle zu verlieren.

      „Was wisst ihr denn schon? Ihr habt ja immer nur von dem gelebt, was die Firma abgeworfen hat, aber nie etwas dazu beigetragen!“, schnauzte Andreas zurück. „Ich aber schon! Okay, ich gebe zu, dass Papa und ich ein paar sehr tief greifende Differenzen hatten, aber mir war immer an der Firma gelegen, und ich wollte dafür sorgen, dass sie an die nächste Generation weitergegeben wird. Euch ist das alles gleichgültig. Euch kümmert es doch nicht, wenn das, was Papa aufgebaut hat, vor die Hunde geht. Hauptsache, ihr könnt eure kurzfristigen Geldprobleme lösen!“

      „Hör jetzt auf, Andreas!“, sagte seine Mutter erneut. Sie war aufgestanden und griff sich mit einer Hand an die Stirn. „Unsere Nerven liegen blank, und wir haben noch ein paar aufwühlende und sehr unschöne Tage vor uns! Die Polizei wird uns befragen, wir alle werden vielleicht vor Gericht aussagen müssen, und auch die Medien werden uns nicht in Ruhe lassen. Denn das könnt ihr mir glauben: Wenn ein Mann wie Peter Gerath in der Öffentlichkeit ermordet wird, in einem Eishockeystadium und auf so kaltblütige Weise, dann machen die Pressefritzen eine Story daraus, ob es nun eine ist oder nicht. Wie die Geier werden sie sich darauf stürzen. Sie werden die ganze Geschichte auseinanderpflücken, Mutmaßungen anstellen, Verdächtigungen aussprechen, und sie werden in der Vergangenheit jedes Einzelnen von uns nach schmutziger Wäsche wühlen und jeden Krümel Dreck, jede Verfehlung, jede Schwäche, jede noch so kleine Schandtat ins Licht der Öffentlichkeit zerren, um daraus einen Skandal zu zimmern und jeden von uns als sittenlos und verkommen darzustellen!“ Sie wandte den Kopf und musterte Berringer.

      „Allerdings frage ich mich, was Sie hier eigentlich noch wollen.“

      „Ich erfülle den Auftrag meines Klienten.“

      „Ihr Klient ist tot!“, erinnerte sie ihn mit Nachdruck. „Ihr Auftrag ist beendet, und Sie bekommen Ihr Geld, sobald die erbrechtlichen Fragen geklärt sind. Aber Sie können davon ausgehen, dass Ihre Forderungen befriedigt wird.“ Einen Augenblick lang herrschte Schweigen.

      „Sie können gehen, Herr Berringer!“, sagte Regina Gerath dann unmissverständlich.

      „Mein Auftrag ist nicht beendet“, widersprach Berringer, „und mein Klient lebt noch!“

      Alle – bis auf Andreas Gerath – starrten ihn fassungslos an.

      „Ich habe ihn engagiert“, erklärte Andreas Gerath nach ein, zwei Sekunden des entsetzen Erstaunens. „Ich will einfach wissen, wer Vater auf dem Gewissen hat.“

      „Es scheint jemand zu sein, der Kampfsport betreibt“, stellte Berringer fest. „Peter Gerath wurde auf gleicher Weise ermordet wie Frank Severin.“

      „Bravo! Das deutet ja wohl auf mich hin!“, rief Till Gerath und klatschte demonstrativ in die Hände. „Aber mich hatten Sie ja von Anfang an auf dem Kieker.

      Weil Sie glauben, dass eine unkonventionelle Existenz von Natur aus auch immer zum Verbrechen neigt. Das ist es doch, was Sie denken, oder? Wer Regeln bricht, bricht auch Gesetze! Die typische Weltsicht eines deutschen Spießers, der am liebsten mit dem Rasenmäher alles auf gleiche Höhe schneiden will. Wer herausragt, hat Pech gehabt. So einfach ist das für Sie.“

      „Am Tatort wurde ein Mann gesehen, dessen Beschreibung perfekt auf Sie passt“, wandte Berringer ein.

      „Nur Pech, dass ich nicht dort war! Ich habe zum fraglichen Zeitpunkt eine Performance durchgeführt! Dafür gibt es etwa zweihundert Zeugen, die genau verfolgen konnten, wie ich Katzenurin auf eine Leinwand aufgetragen hab und anschließend Aquarellrot darin verlaufen ließ!“

      Während Regina und Maja Gerath angewidert das Gesicht verzogen und Andreas Gerath ungläubig den Kopf schüttelte, zeigte sich Berringer völlig ungerührt und schlug vor: „Vielleicht geben Sie mir Namen und Anschrift des Veranstalters. Damit ich das überprüfen kann.“ Dann wandte er sich an Regina Gerath. „Wo waren Sie zum Zeitpunkt des Mordes?“

      „In Haus Oberkassel. Den ganzen Abend, bis mich ein uniformierter Polizist darüber in Kenntnis setzte, was geschehen ist.“

      „Natürlich waren Sie allein.“

      „Ja.“

      „Und Sie, Maja?“

      Die Frau in Weiß starrte ihn aus aggressiv blitzenden Augen an. „Sie haben kein Recht, mich irgendwas zu fragen!“

      „Nein, das nicht.“

      „Na, sehen Sie!“

      „Aber bis die Polizei Sie befragt, werden Sie sich etwas ausdenken müssen, das Hand und Fuß hat. Nun ...“ Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht sind Sie ja aus diesem Grund alle zusammengekommen.“

      „Das ist unverschämt!“, schrie Regina Gerath.

      „Tut mir leid“, sagte Berringer. „So bin ich nun mal. Ich will Sie auch nicht länger stören.“ Er wandte sich an Andreas. „Ich nehme an, Sie kommen von hier aus allein nach Hause, oder?“

      Am nächsten Morgen verschlief Berringer. In dieser Nacht plagten ihn keine Träume, und das war schon mal ein gutes Omen für den Tag, fand er.

      Das Handy klingelte und sorgte dafür, dass er vollständig wach wurde. Es war Vanessa.

      „Wo bleibst du, Robert?“

      „Bin ja schon unterwegs.“

      „Wieder verschlafen, was?“, sagte sie schnippisch.

      „Deshalb hatte ich dich ja gebeten, mich rechtzeitig zu wecken“, murrte er. Dann wollte er wissen: „Schon was rausgefunden?“

      „Ich hab dir alles herausgesucht, was über Gerndorf und die damalige Pleite seiner Firma zu erfahren war. Im Internet fand sich noch einiges darüber. Es gab damals einen Prozess um Patentrechte. Aber das solltest du dir selbst ansehen.“

      „Ich bin gleich da!“, versprach Berringer.

      Wenig später stieg er in den Wagen und fuhr Richtung Detektei. Es hatte zu schneien begonnen, aber der Schnee blieb nicht liegen. Typisches Schmuddelwetter. Der Himmel war Grau in Grau.

      Als Berringer in sein Büro trat, kaute er noch auf einem Croissant herum, das er auf dem Weg gekauft hatte. Jede Menge Ausdrucke lagen auf seinem Schreibtisch. Er überflog die zusammengestellten Artikel.

      „Frank Severin war Angestellter bei Gerndorf, bevor Geraths Avlar Tex ihn abwarb“, stellte Vanessa fest. „Der jahrelange Prozess drehte sich um den Vorwurf, Severin habe ein kurz vor der Patentierung stehendes Faserprodukt gestohlen, das dann von Avlar Tex zum Patent angemeldet wurde.“

      „Wie ist der Prozess ausgegangen?“, fragte Berringer.

      „Offenbar ist Gerndorf irgendwann das Geld ausgegangen, um weiterzuprozessieren.

      Außerdem konnte er wohl keine Beweise vorlegen, die das Gericht überzeugt hätten.

      Und die Anwälte der Gegenseite werden sich auch einiges ausgedacht haben, um die Sache zu verzögern.“

      „Seine Frau müsste doch mehr darüber wissen“, meinte Berringer. „Sie war in diesen Jahren noch in der Firma tätig, hat ihr Mann erwähnt.“

      „Selbst wenn sie etwas wüsste, würde sie dir nichts sagen, Robert.“

      „Vermutlich hast du recht.“

      „Ich hab bereits angefangen, diese Internetberichte nach Namen zu durchforsten.

      Namen von Mitarbeitern oder anderen Beteiligten von damals. Vielleicht kann man dem ein oder andere ein paar Informationen entlocken.“

      „Zehn Jahre ist es her, dass der Prozess endgültig niedergeschlagen wurde“, stellte


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