Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher


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das alles jetzt der Tochter des Vorbesitzers präsentieren zu müssen. Der Bauer war erleichtert, als der Rundgang beendet war.

      »Bleiben S’ zum Kaffee?« fragte er. »Sicher möchten S’ sich auch im Haus umseh’n.«

      »Gern’«, nickte Katharina.

      Sie betraten die Diele, und Christian rief nach der Magd.

      »Das ist die Burgl, der gute Geist auf dem Sonnenhof«, sagte er und machte die beiden Frauen miteinander bekannt. »Die Kathie ist die Tochter von dem Herrn Hofer, der hier früher einmal Bauer war.«

      Die Maklerin zuckte diesmal nicht zusammen, als er ihren Kosenamen benutzte. Im Gegenteil, als Adrian sie vorhin so nannte, hatte sie es nicht so angenehm gefunden wie jetzt.

      Burgl reichte ihr lächelnd die Hand.

      »Herzlich willkommen in der alten Heimat, Frau Hofer«, sagte sie. »Bestimmt hat das Heimweh Sie hergetrieben. Auch wenn’s vielleicht net mehr so ausschaut, wie früher, so wünsch’ ich Ihnen, daß Sie sich hier wohl fühlen mögen.«

      »Dank’ schön, Frau Vahlinger«, freute sich Katharina über die lieben Worte. »Ich bin sicher, daß es mir hier gut gefallen wird.«

      »Ach, sagen S’ einfach Burgl«, meinte die Magd. »Frau Vahlinger, das hört sich irgendwie so fremd für mich an. Ich glaub’, so hat mich zuletzt vor vierzig Jahr’n ein Polizist angeredet, als ich mit dem Auto meinen ersten und einzigen Unfall gebaut hab’.«

      »Schön«, lachte die Besucherin, »aber dann sagen Sie auch Kathie.«

      »Ist recht«, nickte Burgl. »Und jetzt schaut euch um, ich mach’ inzwischen Kaffee und deck’ den Tisch.«

      *

      »Burgl, der Kuchen ist phantastisch«, sagte Katharina, als sie später in der Diele zusammensaßen. »Er schmeckt genau wie bei meiner Mutter.«

      »Das freut mich. Möchten S’ noch ein Stück?«

      »Um Himmels willen. Das zweite war eigentlich schon zuviel. Ich konnt’ bloß net widersteh’n, weil’s so lecker ist. Aber Kaffee nehm’ ich noch gern’.«

      Die Magd betrachtete sie mit hochgezogener Augenbraue.

      »Also bei Ihrer Figur brauchen S’ sich nun wirklich keine Probleme machen«, schmunzelte sie.

      Sie schenkte Kaffee nach.

      »So, jetzt muß ich aber wieder an die Arbeit«, sagte sie mit einem Seitenblick auf Christian. »Von allein’ macht sie sich nämlich net.«

      Damit verschwand sie in der Küche.

      Katharina war der Blick nicht entgangen. Sie hatte selber schon den Eindruck gehabt, daß der Bauer nicht mehr selbst Hand anlegte. Burgls Bemerkung schien den Eindruck zu bestätigen. Christian indes räusperte sich nur verlegen, sagte aber nichts.

      Bei ihrem Rundgang durch das Haus stellte die Maklerin fest, daß es doch einige Veränderungen gegeben hatte. In dem Zimmer, das ihr früher gehörte, wohnte nun die Magd, zwei andere Räume waren umgebaut worden, überall hingen andere Tapeten an den Wänden, die inzwischen allerdings auch schon längst wieder durch neue hätten ersetzt werden müssen.

      »Sie haben’s ja schon bemerkt – mit dem Sonnenhof geht’s berg-ab«, sagte Christian plötzlich.

      Dabei sah er sie mit traurigen Augen an.

      »Ja. Wie konnte es denn soweit kommen?«

      »Das ist eine lange Geschichte, und doch ist sie schnell erzählt«, antwortete der Bauer und berichtete, wie das Unglück seinen Anfang nahm.

      Offenbar tat es ihm wohl, sich endlich einmal alles von der Seele reden zu können und in Katharina eine geduldige Zuhörerin zu haben. Sie unterbrach ihn nicht, aber mit jedem Wort, das er sagte, hatte sie mehr Verständnis für seine Lage. Ihrem Vater war es ja nicht anders ergangen.

      »Und was glauben S’, wie’s weitergeh’n soll?« fragte sie, nachdem er geendet hatte.

      Christian Buchner zuckte die Schulter.

      »Keine Ahnung«, gestand er. »Es steht noch ein Gespräch mit der Bank aus. Aber ich fürcht’, daß da net viel herauskommen wird.«

      Wie sie es Pfarrer Trenker versprochen hatte, verschwieg Katharina, daß sie bereits von der Kündigung der Hypothek wußte. Auch, daß sie bereit wäre, finanzielle Hilfe zu leisten. Sie wollte dem guten Hirten von St. Johann nicht vorgreifen. Allerdings tat es ihr in der Seele weh, den jungen Bauern so leiden zu sehen. So, wie er jetzt dasaß, erinnerte er sie an ihren Vater, der das alles auch hatte durchmachen müssen.

      »Vielleicht gibt’s ja doch noch Hoffnung«, sagte sie. »Man muß nur fest an sein Glück glauben.«

      Christian verzog das Gesicht zu einem ironischen Grinsen. Wie oft hatte er sich diesen Satz in der letzten Zeit vorgesagt!

      »Wenn ich’s nur könnt’«, erwiderte er.

      Dann straffte sich seine Gestalt und er richtete sich auf.

      »Lassen wir das«, meinte er. »Sie sind net hergekommen, um sich meine Sorgen anzuhör’n. Möchten S’ vielleicht noch ein bissel Kaffee?«

      »Nein, dank’ schön. Es ist schon spät, ich muß ins Dorf zurück, Pfarrer Trenker erwartet mich zum Abendessen.«

      »Schade.«

      Die Enttäuschung in seiner Stimme war nicht zu überhören.

      »Es war sehr schön. Aber jetzt wird’s Zeit. Ich möcht’ Sie außerdem net von der Arbeit abhalten.«

      »Das tun S’ gewiß net«, versicherte er.

      »Trotzdem«, sagte sie und reichte ihm die Hand. »Und von der Burgl möcht’ ich mich noch verabschieden.«

      Die Magd war nicht weniger erstaunt.

      »Sie woll’n schon wieder fort?« fragte sie. »Ich hab’ gedacht, Sie bleiben zum Abendbrot.«

      »Vielleicht ein andermal. Pfarrer Trenker hat mich für heut’ abend eingeladen«, erklärte Ka-tharina.

      Christian brachte sie zu ihrem Wagen.

      »Noch mal vielen Dank«, verabschiedete sie sich.

      »Keine Ursache. Kommen S’ jederzeit wieder her, wenn S’ mögen – zumindest solang’ es noch geht...«

      Der junge Bauer sah dem davonfahrenden Wagen nach. Die junge Frau schien mehr Erfolg gehabt zu haben, als er. So ein Auto zu besitzen – davon konnte er nur träumen.

      Aber sympathisch war sie, ungeheuer sympathisch. Man konnte sich glatt in sie verlieben, gäbe es da nicht so viele Dinge, die zwischen ihnen standen.

      Katharina schien eine reiche Frau zu sein, er hingegen war ein armer Schlucker. Und wenn sie auch von hier stammte, so lebte sie jetzt in einer gänzlich anderen Welt und würde wohl nie mehr hierher zurückkommen. Zumindest nicht, um als Bäuerin auf dem Berghof zu leben.

      Gedankenverloren stand Christian Buchner noch eine ganze Weile da. Aber er ahnte nicht, daß Katharinas Gedanken ihm genauso galten, wie seine ihr.

      *

      Nach dem Besuch auf dem Sonnenhof war ihr Christian richtig sympathisch geworden. Katharina hatte die Stunden wirklich genossen, und die alte Burgl schloß sie in ihr Herz. Die Magd erinnerte sie ein wenig an ihre Mutter, die leider viel zu früh verstorben war.

      Aber es mischte sich auch Wehmut in ihre Gedanken. Es waren schwere Zeiten gewesen, die sie und ihr Vater durchgemacht hatten. Wenn die Erinnerung daran auch durch die Jahre, und allem, was sie danach erlebte, verblaßt waren, heute kehrte sie mit aller Macht zurück. Einzig der Gedanke, daß Christians Vater nicht in eine Intrige verstrickt war, die es ihm ermöglicht hatte, an den Hof zu kommen, machte ihr den Aufenthalt erträglich.

      Und die überraschend herzliche Art, in der sie aufgenommen wurde.


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