Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.saßen wir alle zusammen im Wohnzimmer. Deine Eltern fragten nach meiner Familie. Ich war vorbereitet. Ich hatte Bilder von einer der Betriebsfeiern dabei.«
»Welche?«
Roland stand auf und holte aus seiner Reisetasche einen Umschlag. Er schob ihn über den Tisch. Nicole betrachtete die Fotos.
»Da sind auch Bilder dabei, die nicht unmittelbar von der Betriebsfeier sind.«
»Ja, sie sind vom Sommerfest. Da hatten dich deine Freundin Tamara und Sabine abgeholt, weil dein Auto streikte. Erinnerst du dich?«
»Ja, viele Kollegen versuchten, den Motor in Gang zu bringen, auch als Tamara und Sabine schon da waren.«
»Ja, so war es! Der engagierte Fotograf hatte alles aufgenommen. Als ich die Bilder sah, freute ich mich sehr. Endlich hatte ich ein Foto, auf dem du und deine Tochter drauf waren. Das hatte ich aber aussortiert – nur für mich!«
»Dann haben meine Eltern das Bild gesehen, auf dem Sabine darauf ist?«, fragte Nicole mit klopfendem Herzen.
»Ja, das haben sie, und deiner Mutter gefiel das kleine Mädchen sehr gut. Übrigens, sie hat keine Ähnlichkeit mit dir festgestellt.«
»Das wollte ich gerade fragen.«
Nicole entspannte sich leicht.
»Ich muss dir sagen, dass deine Mutter nach der Kleinen fragte.«
»Was haben Sie ihr gesagt?«
»Die Wahrheit.«
Nicole schrie auf.
»Ganz ruhig! Ich habe nur die halbe Wahrheit gesagt, dass die Frau, die neben Sabine zu sehen ist, nicht ihre Mutter ist. Ich sagte, dass Sabine ein kluges, ein sehr wohlerzogenes Mädchen ist und die Tochter einer Mitarbeiterin … und ….«
»Und was? Nun beichten Sie schon!«
Roland bekam einen hochroten Kopf. Er wurde jetzt doch von Gewissensbissen geplagt.
»Also, ich sagte, dass meine Mutter die Kleine auch sehr mag. Ich sagte, dass Mutter das Mädchen sogar oft einlädt, weil sie Halbwaise ist und sie im Augenblick auch wieder eingeladen hat.«
»Eingeladen zu was?«, schrie Nicole.
»Du darfst aber nicht wütend werden. Es war ausschließlich Mutters Idee, und sie konnte deine Freundin Tamara auch dafür begeistern.«
»Es sind wohl alle verrückt geworden. Egal, was ihr ausgeheckt habt, ich will es sofort wissen! Sagen Sie es mir, ohne lange weitere Vorreden.«
»Gut! Meine Mutter, mein Vater, Tamara und Sabine sind auf der Berghütte!«
Nicole sprang auf, öffnete den Mund. Sie wollte schreien, doch sie brachte keinen Ton hervor. Sie fiel wieder auf den Sessel zurück.
»Das wird Folgen haben! Geben Sie mir sofort den Schlüssel! Ich will hier raus! Ich will zu meiner Tochter! Das ist Entführung!«
»Im streng juristischen Sinn …, es ist eine Auslegungssache! Du hast Sabine deiner Freundin Tamara anvertraut. Damit konnte sie auch den Aufenthaltsort bestimmen. Oder hattest du es ihr untersagt, mit Sabine einen Ausflug zu machen? Tamara meinte, ganz im Gegenteil, du hättest sie ermuntert, mit Bine ins Grüne zu gehen. Und die Wiesen und Wälder hier in den Bergen sind wunderbar grün.«
Nicole stöhnte. Sie rieb sich die Stirn.
»So ein abgekartetes Spiel! Na warte, Tamara! Das werde ich dir nicht vergessen«, schimpfte Nicole.
Sie seufzte tief. Sie war auf das Schlimmste vorbereitet.
»Wie brachte Tamara Sabine hierher? Sie muss mit ihr in der Dunkelheit aufgestiegen sein. Die Autobahn war voll, es war Stau. Es ist unverantwortlich mit einem Kind, das die Berge nicht kennt, nachts von der Oberländer Alm auf die Berghütte aufzusteigen. Das ist Leichtsinn!«
»Ganz ruhig, Nicole. Sie sind nicht aufgestiegen. Sie standen nicht im Stau. Meine Eltern haben unser Flugzeug genommen und danach einen Hubschrauber benutzt. Ich bin eng mit Toni befreundet. Er machte eine Ausnahme und ließ den Hubschrauber auf dem Geröllfeld vor der Berghütte landen.«
»Sie haben auch nichts ausgelassen, wie?«
Doch, dachte Roland ich habe dir noch nicht gesagt, dass ich dich liebe und einen Verlobungsring in der Tasche habe. Aber er entschied, dass es nicht der richtige Augenblick dafür war.
»Aber Sabine weiß nicht, dass ich …, dass sie hier Verwandte hat?«
»Nein«, sagte Roland leise.
»Gott sei Dank, wenigstens etwas!«, seufzte Nicole erleichtert.
Roland erzählte Nicole, wie begeistert Sabine von dem Flug gewesen war. Sie waren schon früh am Nachmittag auf der Berghütte. Sabine hätte sich sofort mit Sebastian und Franziska angefreundet.
»Du hättest sie sehen müssen, wie sie mit Bello vor der Hütte herumgetobt haben. Es war eine Pracht, zuzusehen. Ich spielte eine kurze Weile mit. Doch dann musste ich los, weil ich dich treffen wollte. Sabine ist ein wunderbares Mädchen. Das habe ich ihr auch gesagt.«
Roland brach in Lachen aus.
»Sie ist sehr schlagfertig. Sie sagte, ich sei auch super und fragte, ob ich in Zukunft öfters mir ihr spielen könnte. Ich könnte die Bälle so weit werfen.«
»Mm!« Mehr konnte Nicole nicht hervorbringen.
»Franziska fragte Sabine dann, ob sie keinen Vater habe. Sabine sagte, dieser sei gestorben. Dann meinte Franzi, das wäre bei ihr genauso. Aber jetzt würden sie Baumberger heißen. Toni und Anna hätten sie adoptiert. Vielleicht kann dich Roland auch adoptieren, schlug Franzi vor, dann hast du wieder einen Vater, meinte sie.«
Nicole hörte jetzt stumm zu. Sie war einfach sprachlos.
»Mache dir keine Sorgen, Nicole! Sabine geht es gut. Sie hat gut gegessen und schläft heute Nacht bei Franziska im Zimmer.«
»Gibt es sonst noch etwas, was ich wissen sollte?«
»Ja, ich habe Sabine einen Hund versprochen. Sie ist ganz vernarrt in Bello.«
»Das wundert mich nicht. Bine liebt alles, was vier Beine hat.«
»Ich dachte mir, ihr einen kleinen Hund zu schenken. Bitte, lass mich den Wunsch erfüllen.«
Nicole schaute Roland nur an.
»Nun sage etwas, bitte!«
»Ich kann nichts sagen. Mir fehlen die Worte. Ich bin völlig überrumpelt.«
»Darf ich dir einen Vorschlag machen? Bitte, höre ihn an!«
»Anhören kann ich ihn ja, Herr Doktor Forster!«
Roland schlug vor, den Geburtstag von Nicoles Vater zu feiern und sie in dem Glauben zu lassen, dass er und sie ein Paar wären. Sie würden dann abreisen und die Autos in Kirchwalden unterstellen. Toni hätte einen Hubschrauberflug der Bergwacht organisiert. Im Rahmen eines Übungsfluges würde Leo, der Leiter der Bergwacht in Kirchwalden, sie am frühen Morgen zur Berghütte bringen.
»Wir verbringen dann einige schöne Tage gemeinsam auf der Berghütte. Meine Eltern reisen übermorgen wieder ab. Sie nehmen Tamara mit zurück.«
»Dann wären wir mit Sabine alleine!«
»So ungefähr! Aber auf der Berghütte sind wir nie alleine. Wenn wir alleine sein wollen, dann müssten wir schon zum ›Erkerchen‹ gehen oder zum ›Paradiesgarten‹ hinaufwandern. Wie gefällt die mein Vorschlag, Nicole?«
»Ich muss darüber nachdenken, eine Nacht darüber schlafen!«
»Das verstehe ich! Also, es ist auch spät. Wir sollten schlafen gehen. Welches Schlafzimmer nimmst du?«
Roland fasste in die Hosentasche und legte den Schlüssel auf den Tisch.
»Bitte«, sagte er leise.
Nicole