Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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war begeistert.

      »Leider kann ich noch net mitmachen! Aber später werde ich bestimmt gewinnen«, sagte Sebastian im Brustton der Überzeugung, wie sich nur Kinder äußern können.

      Urs wandte sich an Gundi.

      »Sieht aus, als müßtest du alleine zurückgehen.«

      »Mir ist es wichtig, daß du eine gute Figur machst!« flüsterte Gundi.

      Sie hauchte Urs einen Kuß auf die Wange. Dann verabschiedete sie sich und nahm ihren Rucksack.

      »Wann sehen wir uns wieder?« fragte Urs.

      Gundi las die Liebe in seinen Augen.

      »Spätestens am Samstag! Ich hole dich mit dem Auto auf der Oberländer Alm ab. Sagen wir kurz nach dem Mittagsläuten.«

      Urs war einverstanden. Er begleitete Gundi noch über das Geröllfeld.

      »Ich liebe dich, Gundi!« flüsterte er ihr leise zu.

      Dann nahm er sie zärtlich in seine Arme und küßte sie. Gundis Herz klopfte. Das wunderbare Gefühl der Liebe, der einzigen und wahren Liebe, durchströmte ihren Körper.

      »Ich liebe dich!« flüsterte Gundi und ging davon.

      Urs sah ihr nach, bis er sie nicht mehr sah.

      Die Stunde bis zur Dunkelheit verbrachte Urs hinter der Berghütte. Sebastian und seine kleine Schwester standen dabei und beobachteten, wie er sich abmühte. Immer und immer wieder stoppte ihn Sebastian.

      »Es kommt net allein auf die Kraft an, Urs. Da ist auch Technik dabei!«

      Sebastian zeigte es Urs immer und immer wieder. Nach zwei Stunden konnte es Urs schon ganz gut. Doch Sebastian war der Meinung, daß er noch nicht richtig zielen würde.

      Toni kam und zeigte es Urs auch noch einmal.

      »Du machst des nicht schlecht. Für den Hausgebrauch ist des gut. Doch beim Wettstreit, da gibt es Regeln. Da geht es nicht nur darum, daß du schnell bist, Urs. Die Stücke müssen auch schön gleichmäßig sein. Jedes Holzstück soll dreimal gehackt werden, damit gleichmäßige Stücke entstehen. Sie sollen alle ungefähr gleich groß sein.«

      Urs mühte sich ab. Er hackte und hackte. Zuerst zog er sein Hemd aus. Ihm war warm. Dann entledigte er sich seines T-Shirts. Sein Rücken war feucht. Die Haare klebten am Kopf.

      Erst als es zu dunkel war, hörte er auf. Er ging in seine Kammer, wusch sich und zog sich frische Kleider an.

      Er betrachtete seine Hände. Die Innenseiten waren voller Blasen. Sie waren zum Teil schon offen und brannten. Urs wickelte sich zwei Taschentücher um die Handteller.

      »Was hast du da? Ist das eine neue Mode?« versuchten ihn einige Burschen im Wirtsraum der Berghütte zu ärgern.

      »Ich habe ein paar Blasen. Ich will nicht, daß sie sich entzünden. Sonst kann ich am Samstag das Beil und die Säge nicht halten. Meinem Madl zuliebe will ich am Holzhackerwettbewerb teilnehmen.«

      Anna hatte es gehört. Sie kam sofort an und schaute sich Urs’ Handflächen an.

      »Das schaut schlimm aus, Urs. Da muß sofort etwas gemacht werden. Sonst kannst du am Samstag bestimmt keine Axt und keine Säge halten.«

      Anna nahm Urs mit in die Küche der Berghütte.

      »Setz dich!« sagte Anna.

      Sie ging davon und kam bald mit Verbandszeug und einem großen Schraubglas wieder.

      »Ich mache dir jetzt zwei schöne Salbenverbände!«

      Ohne daß Urs fragte, erzählte Anna von der wunderbaren Kräuterpaste, die die alte Ella Waldner machte. Ella Waldner war eine alte Frau, die alleine in einem kleinen Haus mit einem Garten auf einer Lichtung im Wald wohnte. Sie pflanzte Kräuter in ihrem Garten an. Andere Kräuter sammelte sie im Wald. Keiner in Waldkogel kannte die Rezeptur der Pasten, Tinkturen und Tees, die die Ella herstellte. Weil die Zusammensetzung auch Ellas Geheimnis war, wurde sie auch Kräuterhexe genannt. Jeder in Waldkogel hatte etwas von Ellas Wundermedizin daheim. Sie wurde angewendet und half gleichermaßen Mensch und Tier.

      »Oh, das kühlt angenehm!« staunte Urs.

      »Bis morgen ist es besser! Du mußt ja noch üben!«

      Anna schaute Urs an.

      »Du liebst die Gundi sehr?«

      »Ja, ich will ihr Herz gewinnen! Ihr Herz für mich allein gewinnen! Aber da gibt es wohl noch einen anderen Burschen, Anna! Er heißt Julian!«

      »Julian? Das kann doch nur der Julian Perner sein! Den Namen Julian gibt es nur einmal in Waldkogel.«

      Anna verband Urs die zweite Hand.

      »Aber Gundi muß doch wissen, wen sie liebt – dich oder Julian. Es ist doch das Madl, das sich entscheiden muß. Ich denke, sie will dich, Urs.«

      »Wie kommst du darauf? Weißt du etwas?«

      Anna schüttelte den Kopf.

      »Weil sie will, daß du am Wettstreit teilnehmen tust. Eigentlich nehmen daran keine Fremden teil, also Burschen von außerhalb. Das gab es noch nie. Aber es scheint ja so, als würde Gundi dich anmelden. Also hat sie Interesse an dir. Sie will, daß dich alle sehen.«

      »Julian nimmt auch teil!« sagte Urs leise.

      »Julian nimmt jedes Jahr teil. Teilnehmen können nur unverheiratete Burschen.«

      Urs nickte. Gundi hatte ihm alles erklärt.

      Nachdem Anna mit dem Verband an den Händen fertig war, bat sie Urs sein Hemd auszuziehen. Sie rieb ihm Rücken und Arme mit Kräutertinktur ein.

      »Das verhindert, daß du morgen einen Muskelkater hast.«

      »Scheint ja ein richtiges Teufelszeug zu sein!«

      »Pst! Laß diese Bemerkung bitte nicht Toni oder den alten Alois hören. Das darfst du nicht sagen. Da werden sie ärgerlich. Sie lassen über die alte Ella Waldner nichts kommen. Einige sagen, daß sie die Rezepte vom Teufel habe. Der hätte sie ihr mitgebracht, als er einmal aus dem ›Höllentor‹ rausgekommen sei.«

      Urs nickte. Er kannte die vielen Geschichten vom ›Höllentor‹ und dem ›Engelssteig‹. Sein Großvater, der aus dem Tal stammte und in Markwasen auf dem Wildbacher Hof aufgewachsen war, hatte sie Urs erzählt.

      »Ich kenne die Geschichten, Anna! Sag, glaubst du daran? Oder sind das alles Ammenmärchen?«

      Anna schmunzelte.

      »Das, mein lieber Urs, das muß jeder für sich selbst entscheiden. Aber es gibt hier in Waldkogel wohl niemanden, der wirklich daran zweifelt.«

      Urs war bekannt, daß alle Angst vor dem ›Höllentor‹ hatten, jenem Berg, dessen Gipfel so oft in dunkle Wolken gehüllt waren. Dort soll ein Eingang zur Hölle sein. Wenn der Satan herauskommt, gibt es ein schweres Unwetter oder es geschieht ein Leid. Dann können nur noch die Engel auf dem ›Engelssteig‹ helfen.

      »So, Urs! Das läßt du jetzt drauf bis morgen früh! Dann mache ich dir einen neuen Verband.«

      »Danke, Anna!«

      Urs stand auf. Er ging zum Kamin. Daneben hatte er sein Bierglas abgestellt. Das hob er auf und setzte sich in der Dunkelheit auf die Terrasse der Berghütte.

      Er schaute hinauf zu den Sternen. Der Mond stand groß und hell über dem Gipfel des ›Engelssteigs‹, einem der Schicksalsberge von Waldkogel. In der Stille der Nacht erinnerte sich Urs an die Geschichten, die ihm sein Großvater erzählt hatte. Damals waren es Abenteuergeschichten. So empfand es Urs. Mit Hingabe hatte er den Worten seines Großvaters gelauscht. Später, als Urs älter geworden war, hatte er gedacht, daß der Großvater viele der Geschichten einfach erfunden hatte. Doch der alte Alois hatte ihn eines Besseren belehrt. In jeder Erzählung steckte ein Kern an Wahrheit. Sein Großvater war ein großartiger Geschichtenerzähler und schmückte


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