Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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standen für das Gute und das Böse, das Schöne und das Häßliche. Alles im Leben hat zwei Seiten. Nichts ist nur schön und nur häßlich. Es kommt immer auf den Blickwinkel an. Auch wenn man vor lauter Unwägbarkeiten die Schönheit aus dem Auge verloren hat, soll man niemals vergessen, daß es sie gibt. Auch wenn man vor etwas Angst hat, soll man daran glauben, daß alles gut wird, dachte Urs. Niemals darf man die Hoffnung aufgeben, niemals! Das hatte ihn sein Großvater gelehrt.

      »Zur Erinnerung daran, daß sie die Hoffnung niemals vergessen und fest daran glauben, auch wenn ein Unwetter über das Tal hereinbricht, sehen die Bauern in Waldkogel hinauf zum Engelssteig. Sie schicken ihre Ängste, Wünsche, Sehnsüchte hinauf und bitten die Engel, sie vom Gipfel in den Himmel mitzunehmen, wenn sie aufsteigen. Weißt, das mit den Engeln, das ist eine feine Sache. Mit denen kannst über Sachen reden, die du mit keinem Menschen bereden kannst«, hörte Urs in Erinnerung seinen Großvater sagen.

      Urs atmete durch.

      Er schaute hinauf zum ›Engelssteig‹ und redete mit den Engeln. Er erzählte ihnen von Gundi. Er sprach von seiner tiefen Liebe zu ihr. Er beschrieb das Bild einer gemeinsamen Zukunft mit Gundi, das er seit dem ersten Augenblick, als er Gundi gesehen hatte, in seinem Herz verspürte.

      Wie hatte sich Urs geärgert, daß er sich verlaufen hatte! Doch dann war ihm Gundi begegnet und sein unfreiwilliger Umweg bekam einen Sinn. Ja, noch mehr, es war der richtige Weg – der Weg, den ihm die Liebe gezeigt hatte.

      Ich trage Gundi in meinem Herzen. Ich bin mir sicher, daß sie mich auch in ihrem Herzen trägt. Alles wird gut werden, dachte Urs. Es ist die Liebe, die unsere Wege kreuzen ließ.

      Urs saß noch lange vor der Berghütte.

      Toni und Anna waren schon schlafen gegangen, als Urs in seine Kammer ging.

      *

      Nachdem sie von der Berghütte zurückgekommen war, fand sie auf dem Tisch einen Zettel. Julian hatte ihn geschrieben.

      Darauf stand:

      Liebe Gundi!

      Schade, daß du so lange unterwegs bist. Jetzt kann ich nicht länger warten. Ute wird wohl auch schlafen gehen wollen. Ich gehe jetzt hinüber zu ihr. Ich hoffe, daß du schöne Stunden in den Bergen verbracht hast und zu einer Entscheidung gekommen bist. Gundi, ich denke, es ist besser, wenn ich die Arbeiten hier an der Almhütte bis nach dem Holzhackerwettbewerb und deiner Entscheidung unterbreche. Ich werde morgen hinunter nach Waldkogel gehen. Wir sehen uns dann am Samstagnachmittag auf dem Festplatz.

      Dein Julian

      Gundi zündete den Ofen im Wohnraum an. Sie stellte eine Kanne mit Wasser darauf und kochte sich einen Tee. Während sie den Tee trank und Brot mit Käse aß, betrachtete sie Julians Nachricht immer und immer wieder.

      »Ja, Julian, das ist nicht so mit uns gelaufen, wie du dir das ausgedacht hattest. Da ist nix mit fensterln«, flüsterte Gundi leise vor sich hin.

      »Das allein müßte dir doch sagen, daß ich nicht soweit bin. Sicher liebe ich dich! Aber ich liebe dich nicht so, daß ich mich darauf jetzt einlassen würde.«

      Gundi räumte den Tisch ab. Sie spülte den Teller, das Messer und den Becher und wischte den Tisch ab. Dann setzte sie sich auf die Bank vor der Unterholzer Almhütte. Sie hüllte sich in ein dickes warmes Schultertuch.

      Gundi lehnte den Kopf an die Hauswand und schaute hinauf zu den Sternen. Was jetzt Urs wohl macht? Ob er schon schläft? Ob er an mich denkt? Wenn er schon schläft, träumt er dann von mir? Gundi erinnerte sich an das wunderbare Gefühl, wenn Urs sie umarmte, wenn er nur in ihrer Nähe war.

      Urs strahlte etwas aus, was sie bei Julian vermißte oder bei Julian nicht verspürte. Das wurde Gundi bewußt. Es war eine tiefe Stille in ihrem Herzen, eine Stille, die so voller Schönheit war, wie sie Worte nicht beschreiben konnten. Da war Klarheit, Reinheit, Vertrauen, eine Übereinstimmung. Da war einfach eine Seelenverwandtschaft. Urs versteht mich, auch wenn ich nichts sage. Er ist so feinfühlig. Da ist etwas, was ich vorher noch nie gespürt hatte.

      Gundi schaute hinauf in die Sterne. Sie lauschte in die Unendlichkeit der Schöpfung. Langsam, ganz langsam kam Ruhe in ihr aufgewühltes und suchendes Herz. Im ersten Augenblick, als sie den Unterschied zwischen der Liebe zu Urs und der Liebe zu Julian erkannte, war sie noch unsicher. Doch je mehr sie darüber nachdachte, desto klarer wurde es. Ja, so mußte es sein. Wenn ich Liebe zu Julian gespürt habe, dann war das weder gelogen noch Selbstbetrug. Wenn mich die Liebe zu Urs hingezogen hat, dann war das auch richtig. Es gibt ihn wirklich, diesen Unterschied. Ich weiß jetzt auch, warum mein Herz für beide geschlagen hat.

      Jetzt muß ich es ihnen nur erklären, dachte Gundi. Sie überlegte und überlegte. Sie legte sich die Worte zurecht. In Gedanken schrieb sie zwei Briefe, in denen sie alles erklärte. Ja, so war es am besten!

      Die Uhr auf den Kirchturm der schönen Barockkirche in Waldkogel schlug. Es war zwei Uhr in der Nacht. Ute lächelte vor sich hin. Wie schnell doch die Stunden vergangen sind, dachte sie. Dabei kamen sie mir nur wie Minuten vor. Sie ging in die Hütte, schloß von innen ab und legte sich schlafen.

      *

      Die beiden Tage bis zum Samstag verbrachte Gundi alleine auf der Almhütte. Sie besuchte Ute nicht, obwohl sie einige Male in Versuchung war. Etwas hielt sie davon ab. Sicherlich war Ute Gundis beste Freundin. Aber darin lag auch ein Problem. Bisher hatte Gundi fast alle Geheimnisse ihres jungen Lebens der Freundin anvertraut. Doch jetzt wollte sie nicht mit ihr reden. Gundi war sich sicher, die Entscheidung getroffen zu haben. Ute war in der Lage, Gundi zu verführen, es ihr zu erzählen. Doch das wollte Gundi nicht. Vielleicht hatte Gundi Angst, daß Ute sie umstimmen könnte.

      So vergingen die beiden Tage. Gundi las. Sie pflückte Blumen, sammelte Kräuter und hängte sie zum Trocknen auf den Dachboden. Stunden saß sie vor der Almhütte und malte sich ihr zukünftiges Leben aus. Dabei gab es vieles, was sie sich nicht vorstellen konnte. Aber sie war zuversichtlich, daß alles gut werden würde. Die Liebe in ihrem Herzen gab ihr Kraft und Stärke.

      Ich liebe ihn und er liebt mich. Es wird schon werden, auch wenn vieles noch unklar ist. Aber ist es so nicht immer? Wer kann schon alles vorherplanen und wissen? Es ist doch so, daß man immer nur für den Augenblick und die nächstliegende Zukunft planen kann. Das Leben bringt Überraschungen mit sich, erinnerte sich Gundi aus dem Leben ihrer Eltern. Der Mensch denkt und Gott lenkt, so lautete ein Spruch, den Gundi bei einer alten Tante gelesen hatte. Dort hing er eingerahmt an der Wand über der Eckbank. Die Liebe lenkt, dachte Gundi. Sie ist der Weg durch das Leben, das Geländer entlang des Abgrunds. Die Liebe ist wie ein unsichtbares Seil der Seilschaft zweier Herzen. Sie ist ein Seil, fest verknotet, unlösbar. Ein Seil, das nicht reißbar ist. Ein Seil, das sich ohne Anfang und ohne Ende um zwei Herzen legt und sie verbindet. Diese Verbundenheit hält allen Stürmen stand und wappnet gegen alle Widrigkeiten, die das Leben vielleicht bereit hält.

      Gundi war so glücklich. Sie hatte erkannt, mit wem sie dieses Seil verband.

      Am Samstagmorgen ging Gundi heim. Ihre Eltern waren im Stall beschäftigt.

      »Grüß Gott, Mutter! Grüß Gott, Vater!«

      Gundi blieb verlegen in der offenen Stalltür stehen.

      »Grüß dich, Gundi! Schön, daß du wieder da bist!«

      Ihre Eltern musterten sie.

      »Schaust gut aus, Madl! Jedenfalls viel besser als neulich. Die Tage auf der Almhütte müssen dir gutgetan haben«, lächelte ihr ihr Vater zu.

      »Ja, das haben sie! Ich war aber nicht nur auf der Almhütte, ich war auch kurz oben auf der Berghütte.«

      »So? Was hast du dort gemacht?«

      »Das erzähle ich euch später! Jetzt habe ich dazu keine Zeit. Geht ihr auch zur Festwiese?«

      »Wie kannst du fragen, Gundi? Des soll in diesem Jahr ja ganz besonders sein, denke ich mir so – oder?«

      Gundis Eltern schmunzelten und warfen sich Blicke zu. Gundi errötete.

      »Ja,


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