Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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wieder heiraten würde, dachten sie. Dann wäre er versorgt und Polly die Verantwortung für ihren Vater los. Eine Verantwortung, die das junge Madl sehr ernst nahm. Xaver und Meta Baumberger verstanden, daß sich Edgar Sorgen um seine Polly machte. Der frühe Tod seiner Frau, der erst wenige Jahre zurücklag, lastete immer noch schwer auf ihm. Dazu kam jetzt die Sorge um sein Madl. Die war berechtigt, denn Polly war seit dem Tod ihrer Mutter sehr ernst geworden. Stillschweigend hatte sie alle Pflichten übernommen. Den Arbeitsplatz als Köchin in einem Lokal in Kirchwalden hatte Polly sofort gekündigt und sich ganz ihrem Vater und den Aufgaben einer Bäuerin auf dem heimischen Pircher Hof gewidmet. Ihr Vater war damit nicht ganz einverstanden gewesen, aber Polly hatte nicht nachgegeben. »Auf den Hof gehört eine Bäuerin! Da die Mutter jetzt nimmer ist, will ich ihre Arbeit übernehmen«, hatte Polly damals gesagt. »Das mache ich und darüber gibt es keine Diskussion!« Edgar Pircher, damals noch in tiefer Trauer, hatte sich geschlagen geben müssen.

      Fünf Jahre waren seither vergangen. Fünf Jahre voller Einsamkeit für Edgar Pircher und Sorge um sein einziges Kind. Apollonia, die Polly gerufen wurde, war damals gerade zwanzig Jahre alt gewesen. Das war ein Alter, in dem sich die jungen Leute nach dem anderen Geschlecht umsahen. Edgar erinnerte sich daran, daß seine Polly mit ihrer Mutter oft über die Burschen gesprochen hatte. Er konnte mit Polly nicht darüber reden. Vielleicht lag es am Tode seiner Frau oder daran, daß er als Vater nicht die richtigen Worte fand.

      Edgar Pircher seufzte.

      »Ja, Xaver und Meta! Jeder hat sein Packerl zu tragen. Ich will net klagen, sondern ich füge mich in mein Schicksal. Was anderes bleibt mir auch net übrig, oder? Doch ich bin traurig, daß meine Polly sich so dem Leben versagen tut. Der fehlt ein bissel die Leichtigkeit, die Fröhlichkeit, die Unbesorgtheit. Aber was soll ich da machen?«

      »Da kannst nix machen! Vielleicht ist der Richtige noch net gekommen, Edgar«, sagte Meta Baumberger voller Mitleid. »Weißt, wir hatten uns damals auch Sorgen um unseren Toni gemacht. Auch wenn der Vergleich jetzt ein bissel hinken tut. Aber der Toni, der hat einfach kein Madl angeschaut. Ich meine damit, daß er sich hat net binden wollen. Die Dorle und die Thea, die waren ganz schön hinter dem Toni her. Erzählt hat er damals wenig. Wir haben das aber schon mitbekommen. Doch der Toni wollte sie nicht. Dabei waren alle beide net zu verachten. Heute sind wir froh. Heute sind wir von ganzem Herzen glücklich. Jetzt hat der Toni seine Anna. Wer hätte sich damals das träumen lassen, daß unser Bub sich ein Madl aus dem Norden holt, eine von der See und dazu noch eine, die vorher nie in den Bergen war und nur im Büro gesessen hatte. Doch schau dir die Anna an. Die ist ein richtiges Prachtmadl!«

      »Ja, des ist sie, unsere Anna! Manchmal, wenn sie redet, dann hört man noch, daß sie net von hier ist. Aber das wird immer besser. Richtig schimpfen kann sie schon. Auch wenn es lustig klingt«, lachte Xaver.

      Er prostete Edgar zu.

      »Irgendwann passiert es, Edgar! Da bin ich mir ganz sicher. Dann ist die Liebe so stark, daß deine Polly nimmer nein sagen kann. Ich kann verstehen, daß das schwer für dich ist. Aber – darf ich dir was sagen?«

      »Für einen Rat bin ich immer dankbar und habe ein offenes Ohr!«

      Xaver Baumberger räusperte sich.

      »Edgar, wir kennen uns lange. Es bringt nix, wenn du dich einigelst. Du mußt auch mehr unter Leute gehen! Früher bist du immer zum Stammtisch gekommen. Fünf Jahre, ist das net genug? Ich denke net, daß es deiner Alwine recht wäre, daß du dir alle Gesellschaft versagst!«

      Edgar Pircher schaute Xaver nicht an. Er trank sein Bierglas aus und stand auf.

      »Bist mir jetzt bös’?« fragte Xaver. »Ich wollte dich net verletzen. Weißt, manchmal braucht es einen kleinen Anstoß von außen.«

      Edgar Pircher sah Meta und Xaver abwechselnd an.

      »Schon gut! Ich weiß das selber! Doch ich kann net über meinen Schatten springen. Außerdem will ich die Polly net allein daheim sitzen lassen.«

      Meta schüttelte den Kopf.

      »Das ist es doch! Wenn du net aus dem Haus und unter Leut’ gehst, dann kannst du das von deinem Madl auch net erwarten. Sie bleibt daheim, weil du daheim bleibst und du bleibst daheim, weil sie daheim bleiben tut. Mei, da beißt sich die Katze in den Schwanz!«

      Meta Baumberger trat neben Edgar. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter.

      »Edgar, setz dich hin. Ich habe eine Idee. Einen Versuch wäre es wert.«

      Edgar setzte sich und sah Meta an.

      »Du kannst auch kein Wunder vollbringen!« warf er halbherzig ein.

      »Naa, des kann ich net. Für Wunder sind der Herrgott und die Heiligen zuständig. Aber wenn du denen net ein bissel helfen tust, dann können die auch nix machen. Also, höre mir zu, Edgar!«

      Der Bauer war skeptisch. Aber er war Xaver und Meta verbunden und wollte den Freunden nicht vor den Kopf stoßen. Es kann ja nichts schaden, wenn ich mir ihren Vorschlag anhöre, dachte er.

      »Gut, Meta! Ich höre dir zu!«

      Meta lächelte ihn an.

      »Es ist doch Hochsaison! Der Toni und die Anna haben auf der Berghütte viel Arbeit. Besonders zum Wochenende gibt es viel zu tun, wenn zu den normalen Urlaubern noch die Wochenendgäste und die Tageswanderer dazukommen. Ich kann mir vorstellen, daß die beiden nix dagegen hätten, wenn deine Polly ihnen da helfen würde. Immerhin ist sie eine gelernte Köchin. Dann käme die Polly auch unter Leute. Junge fesche Burschen gibt es genug. Du kannst an den Tagen hier bei uns essen und bist dann auch unter Leut’. Des solltest du dir mal durch den Kopf gehen lassen. Wenn du nicht herkommen willst zum Essen, dann können wir dir das Essen auch bringen. Es wäre aber schon besser, wenn du kommen würdest.«

      »Mei, Meta, des ist eine famose Idee! Des ist wirklich großartig, wie du dir das ausgedacht hast!« Xaver war begeistert.

      Edgar Pircher rieb sich das Kinn.

      »Ja, ja, die Idee hat was für sich. Ich weiß aber nicht, ob ich meine Polly dafür begeistern kann.«

      Meta winkte mit der Hand ab.

      »Das mußt du auch net! Du brauchst davon erst einmal nix zu wissen. Ich meine, es wäre klug, wenn die Anregung net von dir kommen würde. Ich rede mit der Anna. Die kann mit Polly sprechen, wenn sie das nächste Mal runterkommt. Die Anna, die wird schon die richtigen Worte finden. Sie kann ja die Polly erst mal bitten, für ein oder zwei Wochenenden auszuhelfen. Dann sieht man weiter. Ich bin sicher, daß es der Polly guttun wird, mal wieder unter Leute zu kommen.«

      Edgar dachte nach. Der Gedan-

      ke gefiel ihm. Nicht, daß er einmal vom Hof kommen würde, ohne sich Sorgen um seine Polly zu machen. Nein, darum ging es ihm in erster

      Linie nicht. Polly käme unter Leu-

      te.

      »Ja, warum nicht? Wie heißt es so schön? Probieren geht über studieren!« Er lächelte. »Gut, Meta! Dann soll die Anna mal ihr Glück bei der Polly versuchen. Und mein Name ist Hase – ich weiß von nix!«

      »So machen wir es, Edgar!«

      Xaver Baumberger bot Edgar noch einen Schnaps an. Dann machte sich Edgar auf den Heimweg. Unterwegs kam er an der Kirche vorbei und traf Pfarrer Heiner Zandler.

      »Grüß dich, Pircher! Willst des Grab von deiner lieben Frau besuchen?«

      »Grüß Gott, Herr Pfarrer! Ja, ich komme vom Baumberger Xaver und seiner Frau. Da dachte ich, ich erzähle meiner Alwine, was wir so beredet haben.«

      »So, was habt ihr denn beredet?«

      Pfarrer Zandler ging neben Edgar her über den Friedhof, der hinter der Kirche lag.

      »Ich mache mir Sorgen um meine Polly. Des Madl ist viel zu ernst und still. Sie ist jetzt fünfundzwanzig und immer noch alleine, verstehen Sie, was ich damit sagen will, Herr Pfarrer?«

      »Ja, des verstehe ich. Aber mache dir da mal keine Sorgen.«


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