Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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ihrer Stablampe den Weg zu ihrem Auto.

      Die Ampel in Kirchwalden war rot. Lioba sah die Straßenschilder. Sie laß das Richtungsschild, das den Weg nach Kirchwalden zeigte. Die Ampel wurde grün. Lioba fuhr ab. Sie bemerkte erst nach einigen Metern, daß sie falsch gefahren war und auf den Weg nach Waldkogel war. Sie fuhr rechts heran und wollte wenden. Lange saß sie unentschlossen im Wagen. Autos fuhren vorbei. Lioba konnte nicht wenden. Sie mußte noch ein Stück weiterfahren. Sie fuhr erneut rechts ran.

      Plötzlich erschien ihr der Gedanke sehr verführerisch, einfach bis Waldkogel durchzufahren. Es war Nacht. Niemand würde sie sehen. Außerdem, wer kennt mich noch? Edgars Eltern sind sicherlich schon gestorben. Über fünfundzwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Der Alois ist auf der Berghütte. Urban nächtigt vielleicht mit seiner Petra in einer Schutzhütte, so wie ich und Edgar es einst getan haben. Edgar wird daheim bei seiner Frau sein. Selbst wenn ich einmal am Pircher Hof vorbeifahre, er kennt mein Auto nicht, kann mich in der Dunkelheit nicht sehen, sollte er zufällig über den Hof gehen.

      Lioba spürte eine Stärke in sich, wie sie sie die ganzen Jahre nicht gespürt hatte. Ein Gefühl, daß endlich ein neuer Lebensabschnitt begonnen hatte, machte sich in ihrem Herzen breit. Urban findet sein Glück in Waldkogel – vielleicht – wahrscheinlich – möglich? So dachte Lioba. Ich kann Waldkogel nicht bis ans Ende meiner Tage meiden. Ich muß mich stellen.

      Lioba fuhr weiter. Sie fuhr langsam. Sie drehte die Fenster herunter und atmete die klare Luft. Sie war damals schon davon überzeugt gewesen, daß ein ganz besonderer Duft die Luft in Waldkogel ausmachte. Ja, es roch noch immer so. Da war er, der Duft nach Tannen, Wiesen und Kräutern. Er hatte sich tief eingeprägt, wie der Duft des Weihnachtsbaumes im Wohnzimmer ihrer Kindheit. Je näher Lioba Waldkogel kam, desto mehr spürte sie, daß eine Veränderung in ihr vorging.

      Was auch immer war, dachte sie, Waldkogel ist irgendwie Heimat für mich.

      Lioba fuhr langsam die Hauptstraße entlang. Sie besah sich die Häuser, das Rathaus, die schöne Barockkirche. Das Tor zum Friedhof stand offen. Aus dem Fenster der Kirche fiel Licht auf die Straße. Stimmen drangen an ihr Ohr.

      Wohin jetzt? Lioba überlegte kurz. Das blaue Schild mit der Aufschrift Parkhaus, gab den Ausschlag. Lioba fuhr in die Tiefgarage des Hotels »Zum Ochsen«.

      Sie schulterte ihren Rucksack und fuhr mit dem Aufzug hinauf in die Empfangshalle. Lioba schaute sich um. Sie erkannte sofort, daß umgebaut worden war. Ja, die Zeit bleibt nicht stehen.

      »Haben Sie noch ein Zimmer?« fragte Lioba am Empfang.

      Der ältere Herr schaute nach.

      »Tut mir leid! Ein Einzelzimmer ist nicht mehr frei! Alle Doppelzimmer sind auch belegt. Es ist nur noch die Suite frei.«

      Lioba lachte.

      »Zu groß für mich allein und wohl auch zu teuer! Schade!«

      Lioba war schon wieder im Gehen, als der Empfangschef sie zurückrief.

      »Hier, nehmen Sie! Und tragen Sie sich hier ein! Ich gebe Ihnen die

      Suite zum Preis eines Einzelzimmers!«

      Lioba schaute ihn überrascht an.

      »Aber das können Sie doch nicht machen! Sie werden Ärger bekommen mit Ihrem Chef!«

      Auf diesen Satz erntete Lioba schallendes Lachen.

      »Madl! Des laß mal meine Sache sein! Des Hotel hat früher mir gehört. Jetzt machen es die Kinder. Ich bin nur ausnahmsweise am Empfang. Mußt dir also keine Sorgen machen.«

      Lioba überlegte kurz. Dann trug sie sich in das Buch ein und nahm den Schlüssel.

      »Danke! Vergelt’s Gott!« murmelte sie leise.

      Die Suite lag ganz oben. Vom Balkon aus hatte Lioba einen schönen Ausblick auf das nächtliche Waldkogel. Sie machte sich frisch. Anschließend aß sie die restlichen Brote aus ihrem Rucksack. Dann beschloß sie, einen Spaziergang zu machen.

      Lioba ging die Hauptstraße entlang. Sie sah sich die Auslagen im Schaufenster des Andenken- und Trachtenladens Boller an. Die gab es also auch noch. Damals hatte Lioba dort für Edgars Mutter ein Umschlagtuch gekauft und es ihr zum Geburtstag geschenkt. Lioba ging weiter. Sie kam an der Kirche vorbei und setzte sich auf den Rand des Brunnens und hielt ihre Hand in das Wasser.

      Sie schaute sich um. Im Rathaus brannte in einem Raum noch Licht. Vielleicht hat jemand vergessen,

      es auszumachen, überlegte Lioba. Doch dann erloschen die beleuchteten Fenster. Kurz darauf verließ eine Gruppe von Männern das Rathaus. Einige machten sich auf den Heimweg. Zwei standen noch eine Weile zusammen und flüsterten, bis sie sich verabschiedeten. Einer kam herüber. In der Dunkelheit erkannte Lioba, daß es ein Geistlicher war. Er ging auf das offene Tor des Friedhofs zu und schloß es.

      »Grüß Gott!« sagte er und blieb stehen.

      »Grüß Gott!« erwiderte Lioba.

      »Das Wasser kann man sogar trinken. Das kommt direkt aus der Quelle.«

      »Ich weiß es von früher!« rutschte es Lioba heraus.

      »Ah, dann kennst du unser schönes Waldkogel schon. Doch warum sitzt du hier in der Dunkelheit?«

      »Weil ich früher, als ich noch jung war, oft hier war – wahrscheinlich aus Sentimentalität.«

      »Jung? Naa, so alt bist du net, Madl!«

      Sie lachten.

      »Ich nehme an, Sie sind hier der Pfarrer.«

      »Der bin ich!«

      »Mich verbinden gewisse Erinnerungen an Waldkogel. Es ist mehr oder weniger Zufall, daß ich hier bin oder auch Vorsehung. Aber vielleicht können Sie mir Auskunft geben. Es ist immer gut, wenn man ein wenig Bescheid weiß. Ich kannte damals einige Leute, die Baumbergers, den Besitzer des Sägewerks, den Alois und seine Frau von der Berghütte. Den Familiennamen vom Alois weiß ich nicht mehr und eine Familie Pircher. Wie geht es denen jetzt?«

      Beim Namen Pircher horchte Pfarrer Zandler auf.

      »Ja! Die Baumbergers, ich denke, du meinst den Xaver und die Meta, die haben immer noch das Wirtshaus mit der Pension. Der Weißgerber hat das Sägewerk von seinem Onkel geerbt. Der hat net geheiratet. Der Alois ist schon viele Jahre Witwer. Anfangs hat er die Berghütte noch Jahre allein bewirtschaftet, jetzt gehört sie Toni und Anna Baumberger. Der Alois lebt mit auf der Berghütte. Der Edgar Pircher ist auch seit fünf Jahren Witwer und hat eine erwachsene Tochter.«

      »So, Witwer ist er! Das wußte ich nicht! Man verliert sich aus den Augen!« sagte Lioba leise, denn sie bemerkte, wie genau sie der Geistliche betrachtete.

      »Hast du die Pirchers näher gekannt?«

      »Ja! Wir waren eine Gruppe junger Leute, einzelne und auch Pärchen, die alle den Edgar gekannt haben. Oft waren wir auch alle zu Gast auf dem Pircher Hof. Nun ja, das ist alles lange her. Edgars Eltern, die müßten jetzt schon sehr alt sein….«

      »Die leben beide schon nicht mehr!«

      »Das dachte ich mir schon. Ich habe sie als reizende Leute in Erinnerung! Danke für die Auskunft, Herr Pfarrer!«

      Pfarrer Zandler machte sich so seine Gedanken. Er wollte aber nicht direkt fragen. So sagte er:

      »Wo kommen Sie her? Sie sind nicht aus der Gegend.«

      »Nein! Ich bin nicht aus der Gegend. Mich zieht es aber immer wieder in die Berge. Man wird älter, da ist es vielleicht verständlich, daß es einem an Orte der Jugend zieht, so sagt man doch?«

      »Ja, so sagt man!«

      »Gute Nacht, Herr Pfarrer!«

      »Gute Nacht! Und noch einen schönen Aufenthalt!«

      Lioba stand auf und ging weiter.

      Pfarrer Zandler sah ihr nach. Er sah, wie Lioba das Hotel betrat. Ein bissel höre ich da einen Akzent raus,


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