Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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nahm und zum Aufzug ging.

      Pfarrer Zandler betrat das Hotel. Zielstrebig ging er auf den Empfang zu.

      »Grüß Gott, Norbert! Da hab’ ich ja ein unverschämtes Glück, daß du am Empfang bist!«

      »Grüß dich, Heiner! Ich bin nur eingesprungen. Der Empfangschef ist krank und mein Bub hat auch zu tun. Wir haben eine große Gesellschaft. Da greife ich der näch-

      sten Generation schon mal unter

      die Arme. Nett, daß du mich besuchst. Hast mich von draußen gesehen?«

      »Naa! Ich bin einer Frau gefolgt. Die ist eben hier rein, die mit den hellblonden Haaren!«

      »Mei, Heiner! Ich dachte Geistliche müssen das Zölibat befolgen. Was läufst du einem Weiberrock nach?«

      »Rede net so einen Blödsinn! Auch net zum Scherz, es könnte jemand hören. Wer war sie?«

      »Des fällt unter Datenschutz!«

      »Schmarrn! Des fällt unter des Beichtgeheimnis! Jetzt zeigst du mir des Buch. Sagen mußt du ja nix! Ich kann lesen!«

      Norbert Seeberger zierte sich etwas.

      »Die Frau heißt Lioba Schmidt und wohnt in Kirchwalden. Weiß der Geier, warum die ein Hotelzimmer suchte. Die könnte genausogut heimfahren«, bemerkte Norbert.

      Pfarrer Zandler schmunzelte.

      »Des kann ich dir sagen, Norbert! Weil der Himmel sie heute nach Waldkogel geführt hat und der Rest von der Geschichte, der fällt unter des Beichtgeheimnis. Grüß Gott und eine schöne Nacht! Grüß mir deine Frau!«

      Während Pfarrer Zandler schon zur Tür ging, rief ihm Norbert Seeberger noch einen Gruß hinterher.

      Pfarrer Zandler war hochzufrieden. Da war doch ein Stein ins Rollen gekommen. Nun, das wird alles schon werden, dachte er voller Zuversicht, wie es sich für einen Geistlichen gehörte.

      *

      Lioba schlief fest und traumlos. Sie schlief jedenfalls lange. Der Glockenklang des sonntäglichen Mittagsläutens weckte sie. Sie streckte sich und hüpfte aus dem Bett. Sie fühlte sich leicht, beschwingt und auf eine geheimnisvolle Art zuversichtlich. Lioba bestellte sich ein Frühstück auf das Zimmer. Ein Vorteil, wenn man eine Suite gebucht hat, dachte sie. Dann bekommt man auch um zwölf Uhr noch ein Frühstück. Bis es kam, nahm Lioba ein Bad. Sie zog sich an und aß.

      Ich hätte schon längst einmal Waldkogel besuchen sollen. Es war falsch, es vor mir herzuschieben. Es lastete mir auf der Seele, wie eine unangenehme Arbeit, vor der man sich gern drückt. Ich muß Klarheit in mein Leben bringen. Das bin ich auch Urban schuldig. Er muß wissen, daß ich keine Einwände habe, wenn er sein Glück in Waldkogel findet. Sei es, daß er die Liebe seines Lebens findet oder auch nur einen Praktikumplatz.

      Lioba kaute den Mund leer und trank einen Schluck Kaffee. Sie nahm ihr Handy und wählte die Nummer ihres Sohnes. Das Handy war abgeschaltet, nur der Anrufbeantworter sprang an.

      Lioba sprach darauf:

      Hallo Urban! Ich habe mein Band abgehört und die beiden Neuigkeiten mit Freude vernommen. Ich hoffe, du hast ein schönes Wochenende mit deiner Petra. Ich wünsche dir alles Glück der Welt. Das gilt auch für deinen Praktikumplatz. Gib mir Bescheid, ob alles klappt. Am besten fängst du sofort an. Deine Sachen bringe ich dir. Es ist auch für mich an der Zeit, daß ich meinen Frieden mit Waldkogel mache.

      Ich hab’ dich lieb, mein Bub! Grüße mir unbekannterweise deine Petra.

      Bis bald!

      Lioba lächelte vor sich hin. Sie war ganz ruhig und froh, daß sie endlich die Kraft gefunden hatte, ihre Vergangenheit abzuschließen, wie immer es auch ausgehen würde.

      Nach dem Frühstück warf Lioba ihren Pullover um die Schultern und fuhr mit dem Fahrstuhl hinunter in die Tiefgarage. Sie stieg ins Auto und steuerte es direkt zum Pircher Hof.

      Edgar Pircher saß am Küchentisch und aß. Er hatte sich das Essen bei den Baumbergers geholt. Er wollte daheim essen, in Ruhe. Edgar schaute aus dem Fenster, als auf der Straße ein kleines Lieferauto anhielt. Er schenkte ihm wenig Beachtung und aß weiter.

      Lioba blieb erst einmal eine Weile hinter dem Steuer sitzen. Die Augen hinter der Sonnenbrille verborgen, betrachtete sie den Pircher Hof.

      »Es ist, als sei die Zeit stehengeblieben«, flüsterte sie vor sich hin.

      Ihr Herz klopfte. Ihr Puls raste. Ihr Atem ging stoßweise. Ihr Hände wurden feucht.

      »Ich muß jetzt da durch! Entweder er hört mir zu oder er wirft mich raus! Ganz gleich, was geschieht, ich muß es tun. Ich muß da hineingehen.«

      Mit zittrigen Knien stieg Lioba aus dem Auto. Sie betrat den Hof. In dem Augenblick, als sie vor der Haustür des Wohnhauses stand, ging die Tür auf. Edgar stand ihr gegenüber.

      Sie erkannten sich sofort. Dann schwanden Lioba die Sinne. Sie schwankte. Sie versuchte mit der Hand den Türrahmen zu fassen. Dann wurde es ihr schwarz vor den Augen.

      Als sie kurze Zeit später wieder langsam zu sich kam, lag sie auf der Bank vor dem Haus. Edgar Pircher kniete neben ihr. Sie schauten sich an. Lioba sah, daß er Tränen in den Augen hatte.

      »Lioba, geht es dir wieder besser? Ist alles in Ordnung? Soll ich unseren Doktor rufen? Wir haben hier einen tüchtigen jungen Arzt, den Doktor Martin Engler. Es ist sicher besser, wenn er nach dir schaut. Kann ich dich einen Augenblick allein lassen? Ich gehe nur kurz ins Haus, um ihn anzurufen.«

      Er wollte ihre Hand loslassen. Doch Lioba hielt sie fest. Sie richtete sich auf.

      »Danke, Edgar, für deine Besorgnis! Ich brauche keinen Doktor! Es geht schon wieder. Es war nur die Aufregung. Tut mir leid, daß ich dir solche Umstände mache.«

      »Mei, Lioba! Hauptsache, dir geht es wieder gut! Ich gebe zu, ich bin ganz schön erschrocken.«

      »Erschrocken, weil ich in Ohnmacht fiel oder plötzlich vor dir stand?«

      »Wohl beides! Daß dir die Beine versagt haben, des war schon noch ein weiterer Schreck! Mir haben auch die Knie gezittert. Willst mit reinkommen? Ich denke, das Beste wird sein, wir beide genehmigen uns jetzt einen Schnaps.«

      »Danke für die Einladung! Du bist sehr freundlich, Edgar!«

      Sie schauten sich an. Lioba wollte ihre Hand zurückziehen. Doch jetzt war es Edgar, der sie nicht mehr losließ. Er führte Lioba in die Küche und bot ihr einen Platz an. Dann holte er eine Flasche Obstler und schenkte ein. Sie tranken.

      »So, jetzt hast du wieder mehr Farbe im Gesicht«, bemerkte Edgar.

      Er schaute Lioba an und konnte die Augen nicht von ihr lassen. Sein Herz klopfte.

      »Mei, Lioba! Daß du da plötzlich vor meiner Tür gestanden bist, das war wirklich eine Überraschung! Was habe ich gerade in der letzten Zeit an dich gedacht! Des kannst mir glauben!«

      Edgar griff zur Bekräftigung seiner Worte in die Innentasche seiner leichten Lodenjacke, die er sonntags trug. Er holte seine Brieftasche heraus und legte das Foto auf den Tisch. Er strahlte Lioba an.

      »Schaust noch genauso aus wie damals!«

      »Jetzt tust du übertreiben, Edgar! Die Jahre sind net spurlos an mir vorbeigegangen. Es war net immer leicht.«

      »Des Leben ist net immer leicht. Vieles kann man sich aussuchen, anderes muß man einfach so annehmen, wie es kommt.«

      »Richtig!« sagte Lioba leise und schaute unter sich. »Wenn man sich falsch entscheidet, dann leidet man unter Umständen ein ganzes Leben.«

      »Ja, des ist so! Aber ist es net auch so, daß es Augenblicke gibt, da kann man nur wählen zwischen Pest und Cholera? So sagt es doch der Volksmund.«

      Lioba seufzte tief.

      »Ja, das ist wahr! Wie sich einer auch entscheidet – es ist immer falsch.«


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