Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

Читать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


Скачать книгу
daß sie es zuerst einmal als so etwas wie eine Haustochter anstellen wollte. Das würde bedeuten, daß sie alles gemeinsam machen würden. Die Arbeit und die Freizeit würde Zilli mit dem Madl teilen. Cäcilia Draxel war davon überzeugt, daß sie im Laufe der Wochen und Monate das Madl dann schon kennenlernen würde.

      »Abends können wir zusammen vor dem Haus auf der Bank sitzen und stricken. Wir können zusammen Kuchen backen und Marmelade einkochen. Wir werden Sauerkraut stampfen und Gurken einlegen.«

      Während Zilli erzählte, strahlten ihre Augen.

      »Und die Sonntage werden nicht mehr so einsam sein«, fügte sie leise hinzu.

      »Ich verstehe! Dann will ich sehen, was ich für dich tun kann, Cäcilia. Eine Garantie, die kann ich natürlich nicht übernehmen. Es kann gutgehen. Es kann aber auch schiefgehen.«

      »Das weiß ich doch, Herr Pfarrer Zandler! Eine Garantie, daß im Leben alles so wird, wie man es sich wünscht, die hat man bei eigenen Kindern auch nicht. Es kann doch sein, daß die Kinder keinen Hof übernehmen wollen. Ich sehe das bei den Neffen und Nichten meines Mannes und bei meinen eigenen Verwandten. Als Eltern hätten wir da auch keinen Druck ausgeübt. Jeder Mensch hat das Recht auf sein eigenes Leben. Allerdings glaubte mein guter Mann – und ich glaube das auch, – daß es uns schon möglich gewesen wäre, unserem Kindl die Liebe zum Hof zu vermitteln. Was gibt es Schöneres als mit dem Vieh und der Natur zu leben? Vielleicht finde ich ein Madl, das auch so denkt.«

      »Der Himmel wird es schon richten, Cäcilia!«

      »Ja, das wird er! Es ist ein Versuch! Bitte denken Sie nicht, daß ich egoistisch bin. Es geht net nur darum, daß ich im Alter jemanden um mich habe. Ich würde schon gern jemanden glücklich machen.«

      Cäcilia seufzte.

      »Es ist schwer zu sagen, zu beschreiben, was da drinnen in meinem Herzen vor sich geht. Doch ich bin zuversichtlich, daß ich auf dem richtigen Weg bin. Ich habe heute nacht lange auf dem Balkon vor dem Schlafzimmer gestanden und in der Dunkelheit hinauf zum Gipfel des ›Engelssteigs‹ gesehen. Es war eine sternenklare Nacht. Der Vollmond stand direkt über dem Gipfel. Es kam mir so vor, als könne ich in der Dunkelheit das goldene Gipfelkreuz sehen. Lange habe ich mit den Engeln geredet, ihnen all meine Sorgen und Nöte, meine Hoffnungen und auch meine Ängste und Bedenken anvertraut. Dann wurde es ganz ruhig in meinem Herzen.«

      »Das hast du gut gemacht, Cäcilia! Seit Jahrhunderten vertrauen die Leut’ in Waldkogel den Engeln auf dem Gipfel des ›Engelssteigs‹. Ein jeder weiß, daß diese himmlischen Wesen von dort in den Himmel aufsteigen und die Gebete, Wünsche und Sehnsüchte der Menschen hinaufbringen.«

      Cäcilia nickte. Gleichzeitig dachte sie auch an den anderen Berg, an das ›Höllentor‹. Dieser andere Hausberg von Waldkogel war gefürchtet. Die Waldkogeler waren davon überzeugt, daß der Teufel dort ein Tor zur Hölle hatte. Wenn er herauskam, geschah ein Unglück. Außerdem war der Berg mit seinen ständig abrutschenden Hängen, tiefen Felsspalten und dem bröckelnden Gestein sehr gefährlich. Er war für Touristen gesperrt. Selbst die Einheimischen mieden ihn. Nur in Begleitung sehr erfahrener Bergführer wurden Erkundigungstouren zur Sicherung der Hänge gemacht. Die Hänge veränderten sich ständig.

      Pfarrer Zandler schenkte noch einmal die Gläser voll. Dann war die Kanne leer. Sie tranken. Cäcilia schaute auf die Uhr.

      »Oh, schon so spät! Wie schnell die Zeit vergeht! Vielen herzlichen Dank, daß Sie mir zugehört haben, Herr Pfarrer. Danke für Ihre Bereitschaft, mir zu helfen!«

      »Das ist meine Aufgabe, Cäcilia! Nun gehe schön heim. Sei unbesorgt. Ich werde mit der Mutter Oberin reden und dir dann Bescheid geben. Ich rufe dich an oder komme vorbei!«

      Sie standen auf. Pfarrer Zandler gab Cäcilia seinen Segen und brachte sie hinaus auf die Straße. Die Bäuerin ging nicht sofort heim. Sie besuchte erst noch die Kirche und stiftete der Mutter Gottes viele Kerzen. Anschließend stand noch ein Besuch beim Grab ihres Mannes an. Zuerst ordnete Cäcilia die Blumen. Dann setzte sie sich auf die steinerne Einfassung und erzählte ihrem Mann von ihrem Vorhaben und dem Gespräch mit Pfarrer Zandler. Zilli hörte in sich hinein und spürte eine Ruhe und Gewißheit, daß sie auf dem richtigen Weg war. Voller Ruhe und Zuversicht ging sie nach Hause.

      *

      Die Sonne stand groß und tiefgolden im Westen. Ein warmer Abend-wind trug den Salzduft der Nordsee bis in den noblen Hamburger Vorort. Dr. Ingo Hansen und seine Frau Frauke saßen auf der Westterrasse der großen, sehr gepflegten Gründerzeitvilla und nahmen einen Schlummertrunk zu sich. Sie schauten in den großen parkähnlichen Garten, den ein festangestellter Gärtner ständig pflegte. Es war still, nur das Rauschen des künstlichen Wasserfalls war zu hören.

      »Du bist stiller als sonst, Ingo. Bedrückt dich etwas? Hast du Ärger oder Sorgen im Betrieb?«

      Ingo lächelte seiner Frau zu. Sie ging auf die Sechzig zu und war immer noch eine Schönheit.

      »Nein! Alles in Ordnung! Entschuldige, wenn ich mit meinen Gedanken nicht bei dir war. Wie war dein Tag heute? Was hast du gemacht?«

      »Du bist nicht sehr geschickt, Ingo! Mir kannst du nichts vormachen. Dich bedrückt doch etwas – oder? Es beschäftigt dich etwas. Das spüre ich. Wenn man einen Menschen liebt, dann bekommt man seine Schwingungen mit. Ich fühle, daß dir etwas auf der Seele lastet. Haben wir nicht immer alles geteilt? Wir haben doch immer zusammengehalten, in guten wie in schlechten Tagen.«

      Ingo stellte sein Glas ab. Er legte seinen Arm um seine liebe Frau, die neben ihm saß, und drückte ihr einen Kuß auf die Wange.

      »Ach, liebste Frauke! Manchmal habe ich Zweifel, ob wir alles richtig gemacht haben. Wir gehen langsam auf den Abend des Lebens zu. Ich ziehe Bilanz für mich.«

      »Sicher haben wir alles richtig gemacht. Tüchtig bist du gewesen, als du den maroden Betrieb deines Vater übernommen hast. Das Unternehmen war verschuldet. Auf der Villa lasteten Hypotheken. Du hast modernisiert, die Firma zum Erfolg geführt. Heute geht es uns gut, sehr gut. Was ist es also, was dich bedrückt?«

      »Dirk! Dirk, unser Junge! Darüber denke ich viel nach. Sicher haben wir beide – da will ich dich bewußt mit einbeziehen – alles getan, daß heute alles so ist, wie es ist. Wir können stolz sein auf das Erreichte. Das Unternehmen exportiert Maschinen in alle Welt. Wir machen Gewinn, die Villa ist schuldenfrei und modernisiert. Wir können uns Hauspersonal leisten. Doch ich frage mich oft, ob es recht ist, dies alles unserem Dirk aufzubürden?«

      Frauke lehnte ihren Kopf an die Schulter ihres Mannes.

      »Liebster, wir bürden Dirk nichts auf. Er hat all die Aufgaben freiwillig übernommen.«

      Ingo seufzte.

      »Frauke, da bin ich mir nicht so sicher. Dirk ist nur in die Fußstapfen seines Bruders getreten, nach Knuts tragischem und tödlichem Autounfall. Er war einfach da und hat die Aufgaben seines älteren Bruders übernommen. Ich beobachte Dirk schon seit einigen Monaten. Er macht alles sehr – sehr gut, vielleicht noch besser, als es Knut gemacht hätte. Aber er ist so ernst. Er ist so verschlossen. Dabei ist er jung. Ihm fehlt die Jugendlichkeit, die Unbeschwertheit! Was sein Bruder zu viel hatte, hat Dirk zu wenig. Nie lächelt er!«

      »Ich weiß nicht, wie Dirk in der Firma ist. Das weißt du besser. Daß er sich mit viel Pflichtbewußtsein den gestellten Aufgaben widmet, das sehe ich auch von hier aus. Er bleibt immer länger im Büro. Er kommt während der Woche noch kaum zum gemeinsamen Abendessen heim. Jetzt ist er wohl auch noch im Büro.«

      Frauke lächelte.

      »Das war bei dir damals auch nicht anders. Da war es oft auch Mitternacht, bis du gekommen bist.«

      »Ich weiß, liebste Frauke! Du hast immer auf mich gewartet. Dann saßen wir in der Küche und redeten miteinander.«

      »O ja! Du hast mir alles erzählt. Du bist bei all den Sorgen aber immer voller Zuversicht und freudiger Schaffenskraft gewesen. Nie habe ich dich gebremst. Du hast das gebraucht.«

      »Richtig! Danke für dein Verständnis! Trotz


Скачать книгу