Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher


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hoffte, daß es nur eine vor-übergehende Laune war, und sie sich bis zum Abend darüber ausgesprochen haben würden. Eigentlich konnte sie es sich immer noch nicht erklären, was in den letzten Tagen mit ihr geschehen war. Sie, das Arbeitstier, verschwendete nicht eine Sekunde lang einen Gedanken an die Firma, und daß sie sich so in Stephan verliebt hatte, das konnte sie immer noch nicht begreifen.

      Aber es war schön, unbeschreiblich schön. Endlich hatte sie einen Mann getroffen, der sie so faszinierte, daß es für sie keinen Zweifel geben konnte, die große Liebe ihres Lebens gefunden zu haben.

      Ihr Blick glitt suchend über die Köpfe der Gäste, und dann erstarrte sie.

      Stephan saß an einem Tisch, der ein gutes Stück von der Straße entfernt an der Seite des Hauses stand, und was sie noch sah, ließ ihr Herz schneller klopfen.

      Er beugte sich zu einer anderen Frau und küßte sie!

      Angela hielt den Atem an. Die Hand, in der sie die Tüte mit den Andenken hielt, zitterte, und ihr Gesicht brannte wie Feuer.

      In diesem Moment richtete sich Stephan auf und drehte sich zu ihr um.

      Sah er erschrocken aus? Fühlte er sich ertappt?

      Angela hatte nicht den Eindruck. Im Gegenteil, er schien sich sichtlich wohlzufühlen, und sein Arm lag immer noch um den Nacken der anderen Frau.

      Er winkte sie heran, und obwohl Angela am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht hätte, zwang sie sich, vorwärtszugehen. Ihr Mund war trocken geworden, und vor Aufregung schwindelte ihr.

      »Setz’ dich«, forderte Stephan sie auf und deutete auf die Frau. »Darf ich dir Marion vorstellen? Marion, das ist Angela.«

      Die beiden nickten sich zu.

      »Was möchtest denn trinken?« fragte er.

      Angela räusperte sich.

      »Ein Wasser«, antwortete sie und sah zu, wie er die Bedienung heranwinkte.

      Wie eine hölzerne Puppe saß sie auf ihrem Stuhl, den Rücken steif, bereit, jeden Moment aufzustehen und zu gehen.

      Überhaupt, was sollte sie hier? Was war das für ein Spiel, das Ste-phan mit ihr spielte?

      Vorhin noch behauptete er, sie zu lieben, und jetzt saß er vor ihr, eine andere Frau im Arm!

      »Ja, du, das ist eine merkwürdige Geschichte«, sagte er plötzlich. »Ich hab’ Marion ganz zufällig getroffen. Weißt du, wir sind alte Bekannte.«

      Die Bedienung hatte eine Flasche Mineralwasser gebracht. Angela trank in hastigen Zügen.

      Eine alte Bekannte also…

      Und ein Zufall soll’s auch noch gewesen sein.

      Wer sollte das glauben?

      Das konnte er seiner Großmutter erzählen, aber nicht ihr!

      Sie hatte zu seinen Worten nur stumm genickt.

      »Ich geh’ dann mal wieder an unseren Platz zurück«, sagte sie und stand auf.

      »Ist gut«, meinte Stephan und mehr nicht.

      Angela fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten.

      Reiß dich zusammen! befahl sie sich. Du wirst wegen so einem keine einz’ge Träne weinen!

      Dennoch konnte sie nicht verhindern, daß sie ihr über das Gesicht liefen und sie beinahe blind zur Liegewiese zurückstolperte.

      Dort angekommen, setzte sie sich auf die Decke und zwang sich zur Ruhe. Es hatte keinen Zweck, sich deswegen aufzuregen. Ihr erster Eindruck war richtig gewesen, Ste-phan Richter war ein eingebildeter Kerl, der glaubte, er bräuchte nur mit dem Finger zu schnippen, und jede Frau der Welt liege ihm zu Füßen.

      Er war es einfach nicht wert, daß sie seinetwegen auch nur eine einzige Träne vergoß!

      Nach einer Weile stand sie auf. Angela hatte den Entschluß gefaßt, daß sie nach St. Johann zurückfahren würde. Zum Glück hatten sie den Wagen ihres Vaters genommen, als sie hergefahren waren. Sollte Stephan doch sehen, wie er zurückkam!

      Vielleicht fuhr ihn ja seine alte Bekannte!

      Angela suchte ihre Sachen zusammen und ging zu den Umkleidekabinen. Als sie wenig später wieder heraustrat, war von Stephan Richter immer noch nichts zu sehen.

      Sie zuckte achtlos die Schultern und ging zum Parkplatz hinüber. Einen winzigen Moment überlegte sie, ob sie nicht doch auf ihn warten solle, doch dann schüttelte sie den Kopf und fuhr los.

      Dieses Kapitel war für sie abgeschlossen.

      *

      »Sag mal, war das net ein bissel hart?« fragte Marion Brockmann, nachdem Angela gegangen war.

      »Ach was.« Stephan Richter schüttelte den Kopf. »Das bieg’ ich schon wieder hin. Überhaupt muß ich mir noch überlegen, was ich mit meiner Mutter anfang’. Würd’ mich net wundern, wenn sie hinter allem steckte.«

      Er trank einen Schluck und wandte sich der jungen Frau wieder zu.

      »Wie kommt’s eigentlich, daß du mit jemandem verbandelt bist, der aus dieser Gegend stammt?« wollte er wissen.

      »Ach, das ist schnell erzählt«, antwortete sie. »Weißt’, ich hab’ den Frank auf einem Seminar kennengelernt und mich, was soll ich sagen, Knall auf Fall in ihn verliebt. Franks Eltern haben eine Firma für Computerprogramme, die auch Anwender in großen Unternehmen berät und schult. Ich wurde seinerzeit von meinem Chef zu diesem Seminar geschickt, das Frank leitete.«

      Marion machte eine Pause und schmunzelte.

      »Ich hab’ mich sofort in seine Augen und sein Lächeln verliebt«, gestand sie. »Und dann hab’ ich mich extra dumm angestellt, damit er mir Nachhilfe geben mußte. Tja, und dabei ist’s dann gescheh’n.«

      Stephan schmunzelte.

      »Tolle Geschichten«, meinte er. »Bei mir und Angela war’s anders. Im ersten Augenblick war sie mir sogar total unsympathisch. Das änderte sich erst, als wir uns dann näher kennenlernten. Inzwischen weiß ich, daß ich nach genau dieser Frau mein Leben lang gesucht hab’.

      Ich weiß auch, daß ich meiner Mutter keinen größeren Gefallen tun kann, als Angela zu heiraten. Sie will endlich ein bissel kürzertreten in der Firma, zögert aber bisher, wegen…«

      Der junge Mann zuckte die Schultern.

      »Ich geb’s zu, wegen meines Lebenswandels«, fuhr er fort. »Mutter war nie so recht glücklich über die Frauen, die ich ihr bisher vorgestellt hab’. Wahrscheinlich ist sie deshalb auf diese verrückte Idee gekommen.«

      Marion hatte ihm zugehört, jetzt lächelte sie.

      »Irgendwie kann ich sie sogar versteh’n«, sagte sie. »Ein paar von den Damen, denen du die Köpfe verdreht hast, kenn’ ich schließlich auch. Kathrin, Isabell, Anja, Cornelia, Tesja…«

      Stephan Richter riß die Hände hoch.

      »Hör auf«, bat er. »Ich geb’ ja zu, daß ich ein Hallodri bin. Aber das ist jetzt vorbei. Angela wird meine Frau, und ich werde ein braver Ehemann und treusorgender Familienvater – so Gott will.«

      »Na, dann kann ich dir ja nur noch viel Glück wünschen«, sagte Marion Brockmann. »Und hoffen, daß Angela dir den Scherz von vorhin net übel nimmt.«

      Sie deutete in Richtung des Seeufers.

      »Überhaupt – ich denk’, du hast sie jetzt lang’ genug schmoren lassen. So langsam solltest du zu ihr geh’n und die Sache richtigstellen.«

      Stephan nickte.

      »Na klar, du hast recht.«

      Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen dicken Abschiedskuß auf die Wange.

      »Also, laß es dir gutgeh’n.«

      »Du


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