Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher


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keinen Sinn, wenn sie jetzt in Panik geriet. Sie mußte Ruhe bewahren und darauf hoffen, daß man sich auf die Suche nach ihr machte, wenn sie nicht im Hotel auftauchte.

      Doch wie lange konnte es dauern, bis man ihr Verschwinden bemerkte. Und wie lange, bis sich ein Suchtrupp auf den Weg machte?

      Ganz abgesehen davon, daß niemand wußte, wohin sie gegangen war. Wenn sie wenigstens ihr Handy dabei gehabt hätte! Aber vor Antritt des Urlaubs hatte sie mit den Eltern verabredet, daß die Mobiltelefone zwar mitgenommen würden, aber ausgeschaltet bleiben sollten. Ihres lag jetzt auf dem Tisch des Hotelzimmers…

      Auch wenn der Regen immer stärker wurde, sie mußte versuchen, den Weg zurück ins Tal zu finden. Es hatte keinen Zweck, hier auszuharren, das Unwetter wurde immer stärker, und Angela hatte nicht den Eindruck, daß es bald weiterziehen würde.

      Langsam tastete sie sich vorwärts. Noch immer fegte der Wind heftig um sie herum und zerrte an der nassen Jacke und der Hose. Angela ließ sich auf den Boden sinken und rutschte ein gutes Stück talwärts. Als sie vorhin in aller Hast nach einem Unterschlupf suchte, war sie einer ersten Eingebung folgend auf den Fels zugelaufen. Vielleicht, so hatte sie gehofft, gab es dort eine Höhle, in der sie sich verkriechen konnte. Dem war allerdings nicht so. Eine Höhle hatte sie nicht gefunden, dafür wußte sie nicht mehr, wo sich der Weg befand, auf dem sie heraufgekommen war.

      Angela duckte sich unwillkürlich zusammen, als direkt vor ihr ein Blitz in den Fels schlug. Funken sprühten auf, und ein entsetzter Schrei entrang sich ihren Lippen.

      Ihre Bewegung war so heftig gewesen, daß sie ausrutschte und mit dem Kopf auf den Boden schlug. Sie fühlte den dumpfen Schmerz, und Tränen traten ihr in die Augen. Keuchend versuchte sie, sich aufzurichten, doch rote Nebelschleier und tanzende Sterne ließen sie wieder zusammensinken.

      Jetzt bloß net ohnmächtig werden, dachte sie verzweifelt. Bei diesem Wetter hier draußen liegen – das bedeutete den sicheren Tod, wenn sie nicht rechtzeitig gefunden wurde.

      Mit aller Kraft richtete sie sich endlich auf und schüttelte benommen den Kopf. Dann versuchte sie vorsichtig auf die Füße zu kommen. Der Untergrund, auf dem sie sich bewegte, bestand aus Fels und Gras. Von dem Regen war er naß und glitschig. Angela merkte, wie ihr rechter Fuß wegrutschte, und ruderte verzweifelt mit den Armen in der Luft umher und suchte nach einem Halt.

      Erneut krachte es vor ihr, als ein Blitz einschlug, und mit einem Schrei des Entsetzens stürzte sie wieder zu Boden und rutschte ein gutes Stück den Hang hinab. Dabei drehte sich Angela mehrmals um die eigene Achse und schlug gegen einen Felsbrocken, der ihren Absturz stoppte.

      Doch davon merkte sie schon nichts mehr. Um sie herum war es dunkel geworden, und der Regen prasselte unvermindert auf sie nieder.

      *

      »Himmel, was macht ihr aber auch bloß für Sachen!«

      Sebastian Trenker stand in der Hotelhalle und schaute die beiden Pfisters und Richters an. Hatte er schon für das abgekartete Spiel der Eltern kaum Verständnis aufbringen können, so war ihm das, was Ste-phan sich geleistet hatte, völlig unverständlich.

      »Was glaubt ihr denn, wie lang’ sie schon fort ist?«

      Der junge Mann zuckte die Schultern und meinte, daß es ungefähr vierzehn Uhr gewesen sein müsse, als Angela am See aufgebrochen war.

      Sebastian blickte auf seine Uhr.

      »Dann ist sie ja jetzt an die sechs Stunden verschwunden«, stellte er fest. »Also, da wurd’s aber auch höchste Zeit, daß ihr mich alarmiert habt. Gibt’s irgendeinen Anhaltspunkt, wohin sie sein könnte?«

      Angelas Eltern hatten sich den Schlüssel zum Zimmer ihrer Tochter geben lassen und hatten schnell festgestellt, daß sie ihre Wanderkleidung angezogen hatte. Sie vermuteten also, daß Angela eine Wanderung unternahm. Möglicherweise, um auf andere Gedanken zu kommen. Da sie allerdings trotz des einsetzenden Gewitters noch nicht wieder zurückgekehrt war, befürchteten sie alle nun das Schlimmste. Nach kurzem Ratschlag hatte man beschlossen, sich an Pfarrer Trenker um Hilfe zu wenden.

      »Wir wissen nichts«, antwortete Stephan auf die Frage des Geistlichen.

      Er schlug die Augen nieder und war sich bewußt, daß er derjenige war, der sich Vorwürfe machen mußte.

      »Dafür ist jetzt aber keine Zeit«, sagte Sebastian. »Erst einmal müssen wir uns auf die Suche nach ihr machen, was aber natürlich net leicht ist, so ganz ohne Anhaltspunkt. Allerdings – vom Höllenbruch geht’s zur Hohen Riest hinauf, dem Ausgangspunkt für alle Bergwanderungen. Daß die Angela zum Kogler ist, glaub’ ich net. Der liegt auf der and’ren Seite des Dorfes, und das Auto hat sie ja stehenlassen. Also, versuchen wir da unser Glück.«

      In weiser Voraussicht hatte der Bergpfarrer, als er von dem Verschwinden der jungen Frau hörte, sich entsprechend angezogen. Jetzt griff er zum Telefon an der Rezeption und rief seinen Bruder und Dr. Wiesinger an. Beide versprachen, so schnell wie möglich zu kommen.

      »Ich werd’ auch mitgeh’n«, erklärte Stephan entschlossen. »Schließlich ist’s meine Schuld!«

      Sebastian nickte.

      »Gut, dann zieh’ dich schnell um.«

      Der junge Mann eilte die Treppe hinauf, während seine Mutter und Angelas Eltern sich angstvoll ansahen. Hannelore Pfister hatte sich wieder gesetzt und ein Taschentuch hervorgezogen, in das sie jetzt weinte.

      »Es wird alles gut«, sagte der Geistliche zuversichtlich und strich der Frau tröstend über den Kopf.

      Als Stephan die Treppe wieder herunterkam, trafen auch der Polizist und der Arzt ein. Der Geistliche erklärte schnell die Lage, und die beiden anderen nickten.

      »Ich denk’ auch, daß wir’s über die Hohe Riest versuchen sollten«, meinte Max.

      »Also, dann los!«

      Stephan gab seiner Mutter einen Kuß und drückte Angelas Eltern die Hand.

      »Wir finden sie«, sagte er. »Ganz bestimmt!«

      Mit dem Streifenwagen fuhren sie bis zum Höllenbruch und begannen dort ihrenAufstieg. Max hatte, ebenso wie sein Bruder, ein langes Seil dabei, außerdem starke Handscheinwerfer, denn inzwischen wurde es immer dunkler, was die Suche erschwerte. Toni Wiesinger trug seine Utensilien, die sonst in der Arzttasche steckten, in einem Rucksack auf dem Rücken. Alle vier hatten feste Schuhe und Regenzeug an.

      »Wie weit kann sie denn wohl gekommen sein?« fragte der Polizist seinen Bruder.

      Sebastian hob die Schultern.

      »Schwer zu sagen«, erwiderte er. »Wenn wir davon ausgeh’n, daß Angela Pfister das Hotel gegen drei Uhr verlassen hat, und wir auf der richtigen Fährte sind, dann könnt’ sie bis zum ›Keiler‹ gekommen sein.«

      Der so bezeichnete Punkt war ein bizarrgeformter Fels, der die Umrisse eines Keilerkopfes hatte. Von dort aus zweigten drei Wanderwege zu den jeweiligen Hütten, der Velber-, Kanderer-, und Jenneralm ab.

      »Dann können wir nur hoffen, daß sie dort irgendwo einen Unterschlupf gefunden hat«, meinte Max.

      Der Bergpfarrer nickte, aber groß war die Hoffnung nicht…

      *

      »Wenn nur der Regen nachlassen würd’«, schimpfte Stephan.

      Trotz der starken Suchscheinwerfer sahen sie kaum etwas, und Ste-phan, der sich ohnehin Vorwürfe ohne Ende machte, kam beinahe um vor Angst um die geliebte Frau. Immer wieder verfluchte er den Moment, in dem er auf diese Idee gekommen war. Marion hatte wohl recht behalten, jetzt rächte sich sein Verhalten gegenüber Angela.

      Sie hatten sich aufgeteilt und stiegen im Abstand von ein paar Metern weiter den Hang hinauf. Dabei riefen sie den Namen der Vermißten und blieben dann lauschend stehen, in der Hoffnung, eine Antwort zu erhalten.

      Doch vergebens. Außer den Geräuschen, die der Regen verursachte, hörten sie nichts. Schon gar keine menschliche Stimme.

      »Da


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