Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher


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breitete die Arme aus.

      »Wer kennt sie net, die großzügig Mäzenin zahlreicher junger Künstler, die großzügige Spendensammlerin? Sie hatten erst Geburtstag, wie in der Zeitung zu lesen war. Ich gratuliere Ihnen von ganzem Herzen und wünsche Ihnen Gottes Segen und weiterhin viel Kraft für Ihre Arbeit.«

      Margot Richter sah ihn verlegen an.

      Daß man sie in diesem abgelegenen Alpendorf kannte, fand sie schon bemerkenswert, sah sie doch ihre Rolle als Gönnerin als etwas Selbstverständliches an.

      Allerdings war dieser Priester nicht weniger bemerkenswert. Seine Erscheinung, sein ganzes Auftreten waren selbstsicher und hatten etwas Weltmännisches an sich. Sie fragte sich, warum er ausgerechnet hier, in diesem Dorf, sein Amt als einfacher Landpfarrer ausübte. Margot Richter war sicher, daß der Geistliche, wenn er denn gewollt hätte, sich einen Platz ganz oben in der kirchlichen Hierachie hätte sichern können.

      »Kommen Sie, ich führ’ Sie ein bissel herum«, bot Sebastian an. »Wie kommt’s eigentlich, daß Sie sich gerad’ Sankt Johann als Urlaubsziel ausgesucht haben?«

      »Meine Mutter wollte verhindern, daß ich die paar Tage, die wir zusammen haben, statt mit ihr, mit anderen jüngeren Damen verbring«, erwiderte Stephan augenzwinkernd.

      Was ihm einen strafenden Blick von Margot einbrachte.

      »Sie denkt, daß mir die Madln hier weniger gefallen werden«, fuhr er ungeachtet dessen fort.

      Sebastian lachte hell auf.

      »Hoffentlich täuschen S’ sich da net, gnädige Frau«, meinte er. »Uns’ re Madln können den Burschen ganz schön den Kopf verdreh’n.«

      »Na, dann bin ich ja beruhigt«, stimmte Stephan in das Lachen ein.

      Seine Mutter schüttelte indes den Kopf.

      »Glauben S’ ihm kein Wort, Hochwürden«, sagte sie. »Ich wollt’ ganz einfach dem Jungen zeigen, daß es auch in unserer Heimat schöne Flecken gibt.«

      »Da haben S’ auch vollkommen recht«, nickte Sebastian und deutete auf die Madonna. »Das hier ist unser wertvollstes Stück. Wer sie geschnitzt hat, weiß man net, wie aus dem Schild ersichtlich ist. Allerdings hat ein Experte sie einmal geschätzt und ihr einen net unerheblichen Wert bestätigt.«

      »Und dann steht sie einfach so da herum? Haben S’ keine Angst, daß sie mal gestohlen werden könnt’?« fragte Stephan.

      »Jetzt net mehr.« Der Geistliche schüttelte den Kopf und erzählte von dem dreisten Kirchenraub, der sich vor ein paar Jahren ereignet hatte. »Inzwischen ist die Fi-

      gur durch eine Alarmanlage gesichert.«

      Er führte die beiden Besucher weiter herum, und Margot und Stephan Richter kamen in den Genuß, Dinge zu sehen, die anderen meist verborgen blieben.

      »Vielen Dank, Hochwürden«, sagte Margot, als sie wieder draußen standen. »Das war sehr beeindruckend. Ihre Kirche ist wirklich eine der schönsten, die ich kenn’.«

      »Und ganz bestimmt waren wir net das letzte Mal hier«, bekräftigte Stephan.

      »Sagen S’, haben S’ net Lust, morgen abend zum Essen ins Pfarrhaus zu kommen?« lud Sebastian ein. »Meine Haushälterin kocht sehr gut und sie freut sich immer, wenn sie für viele Gäste auftischen kann.«

      »Sehr gern«, nickten Mutter und Sohn. »Herzlichen Dank für die Einladung.«

      Sie verabschiedeten sich und gingen den Kiesweg hinunter. Der Bergpfarrer blieb einen Moment stehen und schaute ihnen hinterher.

      Er war beeindruckt von Margot Richter. Anläßlich ihres sechzigsten Geburtstages hatte er einen Artikel über sie gelesen, der in einer großen Münchener Zeitung stand.

      In den siebziger Jahren hatte sie ihren Mann kennengelernt und geheiratet. Damals war die Brauerei noch nicht das große Unternehmen, das es heute darstellte. Max Richter hatte sie von seinem Vater übernommen und erst nach seinem Tod gelang es der Witwe, sie zu einer der führenden Privatbrauereien Bayerns zu machen.

      Von vielen in der Branche belächelt, arbeitete sie mit Verbissenheit und Zielstrebigkeit. Richterbräu war eine der ersten Brauereien, die auf den Begriff ›Bio‹ setzte und nur Hopfen und Gerste aus biologischem Anbau kaufte und verbraute. Der Erfolg gab Margot Richter recht, und heute belächelte niemand sie mehr.

      Im Gegenteil, man begegnete ihr mit Respekt und Hochachtung.

      Sebastian freute sich auf einen schönen Abend in interessanter Gesellschaft.

      *

      Langsam spazierten sie zum Hotel zurück. Mutter und Sohn genossen die Ruhe, die in dem Alpendorf herrschte.

      »Ich könnt’ mich glatt hinlegen und einen Mittagsschlaf machen«, meinte Stephan.

      Seine Mutter sah ihn erstaunt an.

      »Das hast du seit deinem vierten Lebensjahr nicht mehr getan«, sagte sie.

      »Da kannst du mal seh’n«, schmunzelte er. »Das macht die gute Bergluft. Bist’ net auch ein bissel müd’? Immerhin war es doch eine recht lange Fahrt von Straubig hierher.«

      »Mal seh’n«, antwortete Margot Richter und schaute gespannt zum Hotel hinüber.

      Dabei hoffte sie inständig, daß Stephan ihre Aufregung nicht bemerkte, denn aufgeregt war sie. Eigentlich müßten sie nämlich schon da sein.

      Hoffentlich ging alles gut!

      Sie betraten die Hotelhalle, und Stephan ging an die Rezeption, um sich die Schlüssel geben zu lassen. Verwundert bemerkte er, wie eine junge Frau seine Mutter anlachte und auf sie zulief.

      »Frau Richter! Na, das ist aber ein Zufall«, hörte er die Unbekannte sagen, die für seine Mutter gar nicht so unbekannt schien.

      »Angela? Sind Sie’s wirklich?« rief die Brauereibesitzerin. »Nun sagen Sie bloß, Ihre Eltern sind auch hier?«

      »Ja«, nickte die junge Frau. »Eben angekommen.«

      »Also, das ist ja net zu glauben«, schüttelte Margot den Kopf. »Wo sind sie? Ich würd’ sie gern’ begrüßen.«

      »Sie haben sich hingelegt«, erklärte Angela Pfister. »Die Fahrt hat sie ein bissel angestrengt.«

      Stephan hatte sich derweil die Schlüssel geben lassen und war zu ihnen getreten. Stirnrunzelnd schaute er seine Mutter an.

      »Wie’s scheint, hast du eine Bekannte getroffen«, sagte er. »Willst du uns net bekannt machen?«

      »Ja, natürlich«, erwiderte sie. »Angela, das ist mein Sohn, Ste-phan. Und das hier, Stephan, ist Angela Pfister. Die Tochter von dem Ehepaar, dessen Bekanntschaft ich im letzten Jahr gemacht hab’, als ich zur Kur in Davos gewesen bin.«

      Stephan deutete eine knappe Verbeugung an. Er wußte nicht so recht, was er davon halten sollte. War es wirklich nur ein zufälliges Zusammentreffen oder steckte mehr dahinter?

      Er wußte nur zu gut, daß seine Mutter ihn unbedingt verheiratet sehen wollte. Und es wäre nicht das erste Mal gewesen, daß sie über Umwege versucht hätte, dem Schicksal ins Handwerk zu pfuschen.

      Allerdings erinnerte er sich an den Namen. Mutter hatte seinerzeit, als sie aus der Schweiz zurückkam, von dem Ehepaar erzählt. Pfister – der Mann hatte irgendwas mit Lebensmitteln zu tun. Auch die Tochter hatte die Mutter erwähnt. Die hatte ihre Eltern über ein verlängertes Wochenende besucht.

      Aber bis heute war der Name nie wieder gefallen. Also mußte es doch einer dieser merkwürdigen Zufälle sein, die das Leben immer wieder mit sich brachte.

      »Kommst du dann?« fragte er und wandte sich schon zur Treppe um.

      »Wo sind denn Ihre Zimmer?« fragte Margot die junge Frau.

      »Oben, die Eltern wohnen in der Franz-Joseph-Suite, und ich hab’ das Zimmer daneben.«


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