Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Ihre Eltern ausgeschlafen haben.«

      »Sie werden sich freuen«, nickte Angela und ging mit ihr die Treppe hinauf.

      Stephan Richter wußte indes immer noch nicht, was er von der ganzen Angelegenheit halten sollte. Aber wenn die Bekannten seiner Mutter tatsächlich ihren Urlaub ebenfalls in St. Johann verbrachten, dann konnte das ja nur bedeuten, daß man sich die ganzen Tage immer wieder über den Weg laufen wür-

      de.

      Ach, du lieber Gott, womöglich noch irgendwelche gemeinsamen Unternehmungen?

      So hatte er sich den Urlaub allerdings nicht vorgestellt, und schon gar nicht in Gesellschaft einer Frau, die ihn kaum beachtet hatte, während er ihr vorgestellt wurde.

      Stephan behauptete zwar von sich, nicht eitel zu sein, dennoch kränkte es ihn, daß Angela Pfister ihn gerade mal mit einem kurzen Blick gemustert hatte, während seine Mutter sie miteinander bekannt machte.

      Was bildete die sich eigentlich ein?

      So eine Schönheit war sie nun auch wieder nicht!

      Sie hatten den Flur erreicht, auf dem die Zimmer und Suiten lagen. Während er seine Tür aufschloß, sah Stephan mit Entsetzen, daß Angela sich von seiner Mutter verabschiedet hatte und nun auf ihn zukam.

      Wollte sie ihm etwa auch einen schönen Nachmittag wünschen?

      Na, das konnte sie sich ersparen!

      Allerdings hatte die junge Frau auch gar nicht die Absicht. Sie ging nur in seine Richtung, weil ihr Zimmer neben dem lag, das er bewohnte.

      Margot Richter war bereits in ihrer Suite verschwunden. So sah sie nicht mehr, wie Angela ihr Zimmer aufschloß, Stephan kurz zunickte und eintrat.

      Der hatte irgendwelche Schwierigkeiten mit seinem Schlüssel – oder machte die junge Frau ihn nervös? – und ärgerte sich noch mehr über Angela Pfister.

      Obwohl er eigentlich gar keinen Grund dazu hatte.

      Allerdings, wenn man sich ärgern will, findet man immer einen, und so saß Stephan Richter in seinem großen, gemütlich eingerichteten Hotelzimmer und starrte finster vor sich hin.

      Am liebsten hätte er seine Mutter dazu überredet, wieder abzureisen und woanders hinzufahren. Die Vorstellung, die gesamten Tage hier mit den Pfisters verbringen zu müssen, behagte ihm ganz und gar nicht.

      Auch wenn er das Ehepaar nicht kannte – die arrogante Tochter kennengelernt zu haben, reichte ihm schon!

      *

      In ihrer Suite angekommen, griff Margot Richter zum Telefon und wählte die Nummer der Franz-Joseph-Suite. Schon nach dem zweiten Klingeln wurde abgenommen.

      »Pfister.«

      »Hallo, ich bin’s«, sagte die Brauereibesitzerin.

      »Margot! Wie schön, dann seid ihr also schon angekommen.«

      »Ja, am späten Vormittag. Angela habe ich eben in der Halle getroffen, und ich habe die beiden einander vorgestellt.«

      »Glaubst’ denn, daß das gutgeh’n wird?« fragte der Kaufmann skeptisch. »Ich fürcht’, wenn herauskommt, was wir vorhaben, dann reden uns’re Kinder nie wieder ein Wort mit uns.«

      »Oder sie werden uns ewig dankbar sein«, erwiderte Margot. »Es ist ein gewagtes Spiel, ich weiß. Aber wohl auch die einzige Möglichkeit, etwas im Leben uns’rer Kinder zu bewegen.«

      »Ja, wahrscheinlich hast’ recht«, stimmte Ewald Pfister zu. »Wart’ eine Sekunde, meine Frau möcht’ dich auch schnell begrüßen.«

      Die beiden Mütter sprachen ein paar Sätze miteinander, dann legte Margot auf und schaute zufrieden aus dem Fenster.

      Das wird schon, sagte sie in Gedanken zu sich selbst.

      Natürlich – ein gewagtes Spiel war es, das sah sie richtig. Es konnte aber auch klappen, so wie sie es sich vorgestellt hatte.

      Die Idee für das, was sie jetzt eingefädelt hatte, war ihr bereits im letzten Jahr gekommen, als sie in der Schweiz kurte. Dort hatte sie die Bekanntschaft des Ehepaares Pfister gemacht, das ihr auf Anhieb sympatisch war. Diese Sympathie beruhte wohl auf Gegenseitigkeit, denn es ergab sich, wie von selbst, daß man nach den Kuranwen-

      dungen die Tage gemeinsam verbrachte, Ausflüge in die Umge-

      bung unternahm, und am Abend zusammensaß und sich lange unterhielt.

      Bei diesen Gesprächen trat auch zutage, daß beide Familien ein ähnliches Problem hatten. Ihre Kinder waren aus den unterschiedlichsten Gründen immer noch nicht verheiratet und auch nicht bereit, den künftigen Großeltern, beziehungsweise der künftigen Großmutter, das ersehnte Enkelkind zu schenken.

      »Im nächsten Jahr werde ich sechzig«, hatte Margot gesagt. »Und so langsam denk’ ich daran, mich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Allerdings ist der Stephan von dem Gedanken, zu heiraten und Familienvater zu werden, weit entfernt. Statt dessen bringt er alle naselang irgendein Mädchen mit nach Hause, das er mir dann als die große Liebe seines Lebens vorstellt. Wenn ich nur wüßte, wie ich diesen lockeren Lebenswandel ändern könnt’. Natürlich, junge Menschen müssen ihre Erfahrungen sammeln, aber deswegen ja net ein halbes Leben in diesem Fach studieren.«

      Dieses Problem hatten Ewald und Hannelore Pfister mit ihrer Tochter nicht. Daß Angela zu viele Männerbekanntschaften hatte, konnte man nicht sagen. Ganz im Gegenteil. Ihren Eltern wäre es sehr viel lieber gewesen, wenn sie öfter ausginge und weniger hinter dem Schreibtisch hockte.

      Und dann kam das alles entscheidende Wochenende.

      Angela war nach Davos gefahren, um die Eltern über das Wochenende zu besuchen. Margot Richter lernte eine aparte, junge Frau kennen, die mit beiden Beinen fest im Leben stand und genau wußte, welchen Weg sie gehen wollte. Dabei schaute Angela auch noch ausnehmend gut aus.

      Nur, daß die Männer sich ständig nach ihr umdrehten, schien sie nicht zu bemerken – oder es berührte sie nicht.

      Margot Richter seufzte innerlich auf. Das war genau die Frau, die sie sich als Schwiegertochter vorstellte. Zu schade, daß Stephan jetzt nicht hier war, um Angela kennenzulernen.

      *

      Nach der Kur blieb man in Verbindung. Einige Male wurde miteinander telefoniert, oder man schrieb sich Grüße zu Weihnachten. Und in all der ganzen Zeit ging Margot die Tochter der Pfisters nicht aus dem Sinn. Immer wieder dachte sie daran, wie es wäre, wenn Angela Ste-phans Frau würde.

      Als es dann daran ging, die Gästeliste für die Geburtstagsfeier zu schreiben, da stand für Margot fest, daß sie Ewald Pfister und seine Familie ebenfalls einladen würde. Als sie anrief, mußte sie indes erfahren, daß es ihnen unmöglich war zu kommen. Vater und Tochter würden zu dem Zeitpunkt noch auf Geschäftsreise sein. Die Erweiterung der Europäischen Union versprach auch für den Pfisterkonzern die Erschließung neuer Märkte in den hinzukommenden Mitgliedsstaaten.

      Margot Richter bedauerte die Absage, wäre es doch eine gute Gelegenheit gewesen, Angela und Ste-phan zusammenzubringen. Sie überlegte, wie man es bewerkstelligen konnte, daß die beiden sich kennenlernten.

      Und so kam es zu einem Geheimtreffen, von dem weder Tochter noch Sohn etwas wußten.

      An einem Sonntag fuhr Margot Richter von Straubing nach Landshut. Dort hatte sie sich mit den Eheleuten Pfister verabredet. Sie spazierten durch die Altstadt, besichtigten das Rathaus mit seinen Renaissance-Erkern und bestaunten das große Gemälde, welches den Prunksaal schmückte. Es zeigte Szenen aus der berühmten Landshuter Hochzeit, die in eben diesem Saal gefeiert wurde.

      In einem Café ruhten sie sich dann aus, und Margot Richter kam auf ihre Anliegen zu sprechen.

      »Es ist doch so, daß ihr, genauso wie ich, unzufrieden seid mit dieser Situation.«

      Schon während des Kuraufenthaltes in der Schweiz hatte man sich darauf geeinigt, das umständliche ›Sie‹ fallenzulassen und sich


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